Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
Wenn Sie A und B und C akzeptieren, MÜSSEN Sie Z akzeptieren.“
„Und warum muß ich das?“
„Weil es LOGISCH daraus folgt. Wenn A und B und C wahr sind, muss Z wahr sein. D AS können Sie wohl nicht bestreiten?“
„Wenn A und B und C wahr sind, muss Z wahr sein“, wiederholte die Schildkröte nachdenklich. „Das ist WIEDER eine Behauptung, nicht wahr? Und wenn ich ihre Wahrheit nicht einsähe, könnte ich A und B und C annehmen, und Z IMMER noch nicht akzeptieren, nicht wahr?“
„Ja gewiß“, gab der aufrichtige Held zu, „wenn auch solche Dickköpfigkeit gewiß phänomenal wäre. Immerhin ist es MÖGLICH . Ich muß Sie also bitten, mir EINE weitere Behauptung zu gewähren.“
„Schön, ich gewähre sie Ihnen, sobald Sie sie notiert haben. Wir wollen sie D nennen.
D)
Wenn A und B und C wahr sind, muß Z wahr sein.
Haben Sie das notiert?“
„G EWISS “, rief Achilles freudig aus, während er den Bleistift wegsteckte. „Endlich sind wir am Ende dieser gedanklichen Rennbahn. Da Sie nun A und B und C und D akzeptiert haben, akzeptieren Sie NATÜRLICH auch Z.“
„So?“, fragte die Schildkröte unschuldig. „Machen wir uns das ganz klar. Ich akzeptiere A und B und C und D. Und wenn ich mich NOCH IMMER weigere, Z zu akzeptieren?“
„Dann würde die Logik Sie an der Gurgel packen und Sie ZWINGEN , das zu tun“, antwortete Achilles triumphierend. „Die Logik würde Ihnen sagen: ,Sie können gar nicht anders. Da Sie A und B und C und D akzeptiert haben, MÜSSEN Sie Z akzeptieren!' Sie haben gar keine andere Wahl.“
„Was immer die L OGIK mir freundlicherweise sagt, verdient es, AUFGESCHRIEBEN zu werden“, sagte die Schildkröte. „Tragen Sie es also bitte in Ihr Buch ein. Wir nennen es:
E)
Wenn A und B und C und D wahr sind, muß Z wahr sein.
Bis ich DAS zugegeben habe, brauche ich Z natürlich nicht zuzugeben. Es ist also ein durchaus NOTWENDIGER Schritt, nicht wahr?“
„Ich verstehe“, sagte Achilles, und in seiner Stimme lag ein bißchen Traurigkeit.
Hier mußte der Erzähler, der dringende Geschäfte auf der Bank zu erledigen hatte, das glückliche Paar verlassen, und erst nach einigen Wochen kam er wieder an diesen Ort. Achilles saß immer noch auf dem Rücken der geduldigen Schildkröte und schrieb in sein Notizbuch, das fast voll zu sein schien. Die Schildkröte sagte: „Haben Sie diesen letzten Schritt notiert? Wenn ich nicht den Faden verloren habe, macht das eintausendundeins. Es kommen noch einige Millionen dazu. Und WÜRDEN Sie bitte, als persönlichen Gefallen, sich überlegen, wieviel Lehrreiches dieses unser Gespräch den Logikern des 19. Jahrhunderts liefern wird? W ÜRDEN Sie bitte einen Kalauer sich zu eigen machen, den meine Base, die Falsche Schildkröte, dann machen wird, und gestatten, daß Sie in „Griech-Tier“ umbenannt werden?“
„Wie Sie wollen“, antwortete der müde Krieger in den hohlen Tönen der Verzweiflung und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. „Vorausgesetzt daß S IE I HRERSEITS einen Kalauer akzeptieren, den die Falsche Schildkröte nie gemacht hat, und gestatten, daß Sie von jetzt an die „Schnellzüngigste aller Nervensägen“ heißen!“
KAPITEL II
Bedeutung und Form in der
Mathematik
D IESER Zweistimmigen Invention verdanken meine beiden Protagonisten ihre Existenz. So wie Lewis Carroll sich mit Zenos Schildkröte und Achilles gewisse Freiheiten herausnahm, so habe ich mir mit Lewis Carrolls Schildkröte und Achilles gewisse Freiheiten erlaubt. In Carrolls Dialog finden die gleichen Ereignisse immer und immer wieder statt, nur jedes Mal auf einer höheren Ebene. Er bildet eine wunderbare Analogie zu Bachs Endlos Redupliziertem Kanon. Wenn man aus dem Dialog Carrolls den Witz herausnimmt, bleibt noch immer ein tiefes philosophisches Problem: Richten sich Wörter und Gedanken nach formalen Regeln oder nicht? Dies ist das zentrale Problem unseres Buches.
In diesem und im nächsten Kapitel werden wir verschiedene neue formale Systeme betrachten. Das wird uns einen viel weiteren Ausblick auf den Begriff des „formalen Systems“ geben. Am Ende dieser beiden Kapitel sollten Sie eine gute Vorstellung von der Leistungsfähigkeit formaler Systeme haben, und auch davon, warum sie für Mathematiker und Logiker von Interesse sind.
Das pg-System
Das in diesem Kapitel behandelte System heißt pg-System. Es ist für Mathematiker und Logiker nicht wichtig — es handelt sich bloß um eine einfache, von mir selbst erfundene Sache.
Weitere Kostenlose Bücher