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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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Leonhard Euler lebte dort fünfundzwanzig Jahre lang, und viele andere Mathematiker, Naturwissenschaftler und Philosophen kamen nach Potsdam — so Voltaire und Lamettrie —, die hier einige ihrer einflußreichsten Werke verfaßten.
    Doch die eigentliche Liebe Friedrichs galt der Musik. Er war ein leidenschaftlicher Flötenspieler und Komponist. Noch heute werden einige seiner Stücke gelegentlich gespielt. Friedrich war einer der ersten Förderer der Künste, der die Vorzüge des vor kurzem aufgekommenen „piano-forte“ („Leise-Laut“) erkannte. Das Piano war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als eine Weiterentwicklung des Cembalos entstanden. Das Problem des Cembalos war, daß man es nur mit ziemlich gleichmäßiger Lautstärke spielen konnte — es war nicht möglich, eine Note lauter als die andere anzuschlagen. Das „Leise-Laut“ löste, wie schon der Name sagt, dieses Problem. Von Italien aus, wo Bartolommeo Cristofori das erste „Leise-Laut“ gebaut hatte, fand es große Verbreitung. Gottfried Silbermann, der bedeutendste Orgelbauer seiner Zeit, bemühte sich, ein „vollkommenes“ Pianoforte zu bauen. Friedrich der Große war ohne Zweifel sein bedeutendster Förderer — es wird berichtet, daß er nicht weniger als fünfzehn Silbermann-Pianos besaß.
Bach
    Friedrich bewunderte nicht nur Klaviere, sondern auch einen Organisten und Komponisten namens J. S. Bach. Die Kompositionen dieses Bach waren einigermaßen berüchtigt. Die einen nannten sie „schwülstig und verworren“, die anderen sahen in ihnen unvergleichliche Meisterwerke. Niemand jedoch bestritt Bachs Fähigkeit, auf der Orgel zu improvisieren. Damals mußte ein Organist nicht nur vom Blatt spielen, sondern auch extemporieren können, und Bach war für seine außergewöhnliche Kunst der Improvisation berühmt. (Einige köstliche Anekdoten darüber finden sich in H. T. David und A. Mendel, The Bach Reader.)
    Im Jahre 1747 war Bach zweiundsechzig Jahre alt und sein Ruhm wie auch einer seiner Söhne, waren bis nach Potsdam gedrungen; Carl Philipp Emanuel Bach war Kapellmeister an Friedrichs Hof. Seit Jahren hatte der König durch zarte Winke Philipp Emanuel zu verstehen gegeben, wie sehr es ihn freuen würde, wenn der alte Bach ihnbesuchte; doch dieser Wunsch war nie in Erfüllung gegangen. Friedrich war besonders daran gelegen, daß Bach seine neuen Silbermann-Klaviere ausprobierte, die, wie Friedrich richtig voraussah, die große Neuentwicklung in der Musik darstellten.
    Friedrich pflegte an seinem Hof Abendkonzerte mit Kammermusik zu veranstalten, wobei er den Flöten-Solopart oft selbst übernahm. Wir geben hier ein Gemälde Adolph von Menzels wieder, der im 19. Jahrhundert eine Reihe von Gemälden aus dem Leben Friedrichs schuf. Am Cembalo sitzt C. P. E. Bach, und die Figur ganz rechts ist Joachim Quantz, des Königs Flötenlehrer, der einzige, der das Spiel des Königs tadeln durfte. An einem Mai-Abend des Jahres 1747 stellte sich ein unerwarteter Gast ein. Johann Nikolaus Forkel, einer der frühesten Biographen Bachs, berichtet das folgende:
    Eines Abends wurde ihm, als er eben seine Flöte zurecht machte, und seine Musiker schon versammelt waren, durch einen Offizier der geschriebene Rapport von angekommenen Fremden gebracht. Mit der Flöte in der Hand übersah er das Papier, drehte sich aber sogleich gegen die versammelten Capellisten und sagte mit einer Art von Unruhe: Meine Herren, der alte Bach ist gekommen! Die Flöte wurde hierauf weggelegt, und der alte Bach, der in der Wohnung seines Sohnes abgetreten war, sogleich auf das Schloß beordert. Wilh. Friedemann, der seinen Vater begleitete, hat mir diese Geschichte erzählt, und ich muß sagen, daß ich noch heute mit Vergnügen an die Art denke, wie er sie mir erzählt hat. Es wurden in jener Zeit noch etwas weitläufige Complimente gemacht. Die erste Erscheinung Joh. Seb. Bachs vor einem so großen Könige, der ihm nicht einmahl Zeit ließ, sein Reisekleid mit einem schwarzen Cantor-Rock zu verwechseln, mußte also nothwendig mit vielen Entschuldigungen verknüpft seyn. Ich will die Art dieser Entschuldigungen hier nicht anführen, sondern bloß bemerken, daß sie in Wilh. Friedemanns Munde ein förmlicher Dialog zwischen dem König und dem Entschuldiger waren.
    Aber was wichtiger als dieß alles ist, der König gab für diesen Abend sein Flötenkonzert auf, nöthigte aber den damahls schon sogenannten alten Bach, seine in mehrern Zimmern des Schlosses herumstehende

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