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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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Silbermannische Fortepiano zu probiren. [Hier fügt Forkel die folgende Fußnote ein: „Die Pianoforte's des Freyberger Silbermann gefielen dem König so sehr, daß er sich vornahm, sie alle aufkaufen zu lassen. Er brachte ihrer 15 zusammen. Jetzt sollen sie alle als unbrauchbar in verschiedenen Winkeln des Königl. Schlosses umher stehen.“] Die Capellisten gingen von Zimmer zu Zimmer mit, und Bach mußte überall probiren und fantasiren. Nachdem er einige Zeit probirt und fantasirt hatte, bat er sich vom König ein Fugenthema aus, um es sogleich ohne alle Vorbereitung auszuführen. Der König bewunderte die gelehrte Art, mit welcher sein Thema so aus dem Stegreif durchgeführt wurde, und äußerte nun, vermuthlich um zu sehen, wie weit eine solche Kunst getrieben werden könne, den Wunsch, auch eine Fuge mit 6 obligaten Stimmen zu hören. Weil aber nicht jedes Thema zu einer solchen Vollstimmigkeit geeignet ist, so wählte sich Bach selbst eines dazu, und führte es sogleich zur größten Verwunderung aller Anwesenden auf eine eben so prachtvolle und gelehrte Art aus, wie er vorher mit dem Thema des Königs gethan hatte. Auch seine Orgelkunst wollte der König kennen lernen. Bach wurde daher an den folgenden Tagen

Abb. 2 . Flötenkonzert in Sanssouci , von Adolph von Menzel (1852).
    von ihm eben so zu allen in Potsdam befindlichen Orgeln geführt, wie er vorher zu allen Silbermannischen Fortepianos geführt worden war. Nach seiner Zurückkunft nach Leipzig arbeitete er das vom König erhaltene Thema 3 und 6stimmig aus, fügte verschiedene kanonische Kunststücke darüber hinzu, ließ es unter dem Titel: „Musikalisches Opfer“, in Kupfer stechen, und dedicirte es dem Erfinder desselben. 1

    Abb. 3 . Das Königliche Thema.
    Als Bach dem König ein Exemplar des Musikalischen Opfers schickte, fügte er einen Begleitbrief bei, der, wenn wegen nichts anderem, seines Stils wegen von Interesse ist — ziemlich unterwürfig und schmeichlerisch. In unseren Ohren klingt er eher komisch. Vielleicht läßt er auch etwas wie eine Entschuldigung Bachs für sein Aussehen durchscheinen: 2
    Allergnädigster König,
    Ew. Majestät weyhe hiermit in tiefster Unterthänigkeit ein Musicalisches Opfer, dessen edelster Theil von Deroselben hoher Hand selbst herrühret. Mit einem ehrfurchtsvollen Vergnügen erinnere ich mich annoch der ganz besondern Königlichen Gnade, da vor einiger Zeit, bey meiner Anwesenheit in Potsdam, Ew. Majestät selbst, ein Thema zu einer Fuge auf dem Clavier mir vorzuspielen geruheten, und zugleich allergnädigst auferlegten, solches alsbald in Deroselben höchsten Gegenwart auszuführen. Ew. Majestät Befehl zu gehorsamen, war meine unterthänigste Schuldigkeit. Ich bemerkte aber gar bald, daß wegen Mangels nöthiger Vorbereitung, die Ausführung nicht also gerathen wollte, als es ein so treffliches Thema erforderte. Ich fassete demnach den Entschluß, und machte mich sogleich anheischig, dieses recht Königliche Thema vollkommener auszuarbeiten, und sodann der Welt bekannt zu machen. Dieser Vorsatz ist nunmehro nach Vermögen bewerkstelliget worden, und er hat keine andere als nur diese untadelhafte Absicht, den Ruhm eines Monarchen, ob gleich nur in einem kleinen Puncte, zu verherrlichen, dessen Größe und Stärke, gleich wie in allen Kriegs- und Friedens-Wissenschaften, also auch besonders in der Musik, jedermann bewundern und verehren muß. Ich erkühne mich dieses unterthänigste Bitten hinzuzufügen:
    Ew. Majestät geruhen gegenwärtige wenige Arbeit mit einer gnädigen Aufnahme zu würdigen, und Deroselben allerhöchste Königliche Gnade noch fernerweit zu gönnen
    Ew. Majestät
Leipzig den 7. Julii 1747.
Ew. Majestät
allerunterthänigst gehorsamstem Knechte,
dem Verfasser.
    Etwa siebenundzwanzig Jahre später, d. h. vierundzwanzig Jahre nach Bachs Tod, führte der Baron Gottfried van Swieten — dem übrigens Forkel seine Bach-Biographie gewidmet hatte, und dem Beethoven seine Erste Symphonie widmete — ein Gespräch mit König Friedrich, über das er wie folgt berichtet:
    Er [Friedrich] sprach mit mir auch unter anderen Dingen über Musik und über einen großen Orgelspieler namens Bach, der eine zeitlang in Berlin geweilt hatte. Dieser Künstler [Wilhelm Friedemann Bach] besitzt ein außerordentliches Talent, eine tiefgreifende Kenntnis der Harmonik und eine Kraft in der Ausführung, wie ich sie nie gehört oder mir vorgestellt hatte, während diejenigen, die seinen Vater kannten, sagen, daß

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