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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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bemerkte. »Wir sind gleich wieder da.«
    Sie gingen zu einer kleinen Anhöhe, die einen besseren Überblick über das Testgelände gestattete – eine endlose steinige Ebene, aus der die Flutlichtmasten und Trägereinheiten wie Relikte einer versunkenen Stadt in den rostroten Himmel ragten.
    Es war ein Glücksspiel, denn es gab keine Möglichkeit, den Startplatz von allen Seiten zu überwachen. Sie wussten weder, aus welcher Richtung der Angreifer kommen würde, noch kannten sie seine Pläne. Er musste schließlich damit rechnen, dass das Schiff bewacht wurde.
    Es gab zu viele Unbekannte für eine sachlich begründete Entscheidung, und genau deshalb hatte Farr sie bis zu diesem Zeitpunkt hinausgezögert. Er hatte keineswegs vor, Ortega zu übergehen, aber im Grunde setzte er auf Laylas Intuition.
    »Keine Anweisungen für heute Abend? So zurückhaltend kenne ich Sie gar nicht, Commander«, bemerkte Roberta mit leisem Spott. Natürlich hatte sie sein Spiel durchschaut.
    »Reine Höflichkeit: Ladies first.« Farr zuckte mit den Schultern. »Immerhin müssen Sie sich hier draußen die Nacht um die Ohren schlagen, nicht ich.«
    »Sind die alle nachts an?«, erkundigte sich Layla in diesem Moment und deutete auf die Flutlichtmasten.
    »Ich denke schon«, erwidert Farr, »obwohl ich nicht wirklich darauf geachtet habe.«
    »Dann wär’s bestimmt besser, wir halten Abstand«, erklärte die junge Frau, ohne sich zu ihm umzudrehen. »Das Ding da drüben könnte uns vielleicht Deckung geben.«
    Das »Ding« war eine leer stehende Trägereinheit, etwa 400 Yards von ihrem Standort entfernt. Als Farr genauer hinsah, bemerkte er, dass sie zum Teil mit Planen abgedeckt war. Vielleicht waren dort Bauarbeiten im Gang, oder man hatte sie mangels Bedarfs eingemottet. In jedem Fall würde sie den Jeep im Schatten halten.
    »Einverstanden, Mrs. Ortega?«
    »Natürlich, Commander, warum nicht?« Ein leicht sarkastischer Unterton war unüberhörbar.
    »Gut, dann informiere ich die Wachmannschaft«, erklärte Farr betont sachlich. »Und nun sollten wir zurück und an Bord gehen.«
    Und so geschah es auch.
      
    Er war lange unterwegs gewesen, und jetzt lag das Ziel fast zum Greifen nah vor ihm. Die Unterseite des Schiffsrumpfes glänzte matt im orangefarbenen Schein der Flutlichtstrahler, während der obere Teil in der Dunkelheit nur zu erahnen war. Dass Einzige, woran sich die Höhe des Schiffes abschätzen ließ, waren die Sterne, die es verdeckte.
    Morgen, hatte ihm die Stimme anvertraut, würde das Raumschiff starten. Und er, den die Menschen Malik genannt hatten, würde an Bord sein. Vielleicht würde ihm die Stimme eines Tages seinen richtigen Namen verraten, aber noch war es nicht so weit.
    Die Dinge brauchten Zeit, und die Nähe des Zieles durfte ihn nicht zur Ungeduld verleiten. Auch das Schiff war nur Mittel zum Zweck, obwohl es ihn seiner Bestimmung ein großes Stück näher bringen würde. Doch zuerst musste er unbemerkt an Bord gelangen. Das Schiff wurde von Soldaten bewacht, aber das beunruhigte ihn nicht. Menschen konnten ihn nicht aufhalten, zumindest nicht auf Dauer. Auch das hatte ihm die Stimme verraten, ihm aber gleichzeitig geraten, seine Kräfte nicht unbedacht einzusetzen. Woher sie überhaupt von diesen Kräften wusste, die er vorher nur instinktiv benutzt hatte, wusste Malik nicht. Im Grunde wusste er gar nichts von ihr.
    Als sie ihn das erste Mal angesprochen hatte, war er erschrocken zusammengefahren, denn vorher war er allein gewesen mit seinen Gedanken. Aber die Stimme hatte nicht versucht, sein eigenes Ich zu verdrängen; sie sprach nur zu ihm, wie es ein Freund tun würde, wenn es denn einen gäbe. Doch anders als ein Freund war die Stimme gestaltlos. Sie war in ihm und gleichzeitig unendlich weit entfernt. Er hatte nicht die geringste Vorstellung, wie das Wesen, zu dem sie gehörte, aussehen könnte. Im Grund konnte er sich nicht einmal vorstellen, dass sie überhaupt einen Körper besaß. Dennoch war sie kein Teil seiner selbst, denn sie wusste Dinge, die ihm verborgen waren, Dinge, die an anderen Orten geschahen, weit außerhalb der Reichweite seiner Sinne. Manchmal, in schwachen Stunden, bildete er sich ein, dass sie über ihn wachte wie ein Vater, der sein Kind nicht aus den Augen lässt.
    Er hatte einen weiten Weg hinter sich, denn die letzten beiden Tage hatte er draußen im Niemandsland verbracht, jenseits der Warnschilder, die vor Kälte, Sauerstoffmangel und kosmischer Strahlung warnten. Er hatte

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