Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)
Wachmannschaften, die Ortega sofort informiert hatte, waren sie deutlich vor den Soldaten vor Ort.
Dennoch kamen sie zu spät.
Zuerst hatte Ortega an eine Sinnestäuschung geglaubt, als sie den rötlichen Lichtschein bemerkt hatte. Aber Laylas fassungsloser Gesichtsausdruck belehrte sie eines Besseren.
Einen Augenblick später loderten die Flammen auch schon hoch auf, als hätte jemand Benzin in die Glut gegossen. Das unheimliche Schauspiel dauerte nur Sekunden. Als die beiden Läufer die Brandstelle erreichten, war der Körper des Eindringlings bereits zu Asche verbrannt.
»Du hast nicht zufällig Brandpatronen erwischt?«, fragte Ortega, nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte.
Wortlos reichte ihr das Mädchen die Patronenschachtel. Es war Standardmunition Kaliber .338, natürlich. Zwei Patronen fehlten – diejenige, die den Eindringling getötet hatte, und eine, die noch im Magazin steckte. Mehr hatte Layla nicht geladen.
»Hast du so was schon mal erlebt?«, fragte Roberta, nur um überhaupt etwas zu sagen.
Die junge Frau schüttelte energisch den Kopf: »Bestimmt nich, Chefin. Sowas schafft nichma ’n Plasmawerfer in der Zeit.« Die Verunsicherung in ihrer Stimme war unüberhörbar. »Ich geh jetzt nachsehen«, fügte sie hinzu und wollte aussteigen.
»Niemand geht allein irgendwohin«, wies Ortega sie zurecht. »Du weißt, warum.«
»Shit«, murrte das Mädchen und ließ sich auf den Sitz zurücksinken. »War eigentlich ’n ganz normaler Schuss.«
»Niemand macht dir einen Vorwurf, Layla. Im Gegenteil, du warst großartig. Als du geschossen hast, hatte ich den Kerl noch nicht mal bemerkt.«
»Na ja, eins geht auch nur, Chefin.« Ein amüsiertes Lächeln huschte über Laylas Gesicht.
Ortega spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Sollte Layla tatsächlich etwas bemerkt haben? Dabei war Mario doch überaus vorsichtig gewesen …
Ihr Compad piepste und ersparte ihr weitere Peinlichkeiten. Es war Farr, der natürlich wissen wollte, was passiert war. Ortega gab einen kurzen Bericht und sah selbst auf dem winzigen Monitor, wie sich seine Miene verfinsterte.
Er zögerte mit der Antwort, als müsse er das Gehörte erst verarbeiten, dann aber waren seine Anweisungen knapp und präzise:
»Du holst deine Leute zurück, dann fahrt ihr umgehend hierher. Kein Kontakt zu den Wachmannschaften. Am besten, ihr bleibt bis auf Weiteres im Wagen. Ich muss mich jetzt erst einmal um das Schiff kümmern. Bis später.«
»Bis später, Commander.« Ortega klappte das Gerät zu und vergewisserte sich, dass Mario und Erik tatsächlich auf dem Rückweg waren.
»Der Boss scheint sich Sorgen zu machen«, bemerkte Layla, während sie ihr Gewehr demontierte und die Teile im Koffer verstaute. »War’n Se mal zusamm’?«
Roberta hatte schon eine Zurechtweisung auf der Zunge, beherrschte sich dann aber. Die Frage war zwar indiskret, aber nicht böse gemeint.
»Nein, unser Kommandant ist erstens vergeben und zweitens ein Romantiker«, erwiderte sie melancholisch.
»Sowas gibt’s?« Das Mädchen lächelte fast ein wenig ungläubig. »Mein Beileid.«
»Danke, aber nun räum deinen Krempel weg. Die Jungs sind gleich da.«
»Okay, Chefin.«
Sie mussten nicht lange warten. Kaum zwei Minuten später kehrten die Männer zurück und stiegen wortlos ein. Sie wirkten niedergeschlagen wie Spieler nach einem verlorenen Match. Die Bilder, die sie aufgenommen hatten, waren wenig ergiebig. Die verglimmenden Aschereste ließen nicht einmal mehr die Umrisse eines Körpers erkennen.
»Nicht zu ändern«, konstatierte Ortega schulterzuckend. »Na, kommt schon, es ist doch nicht eure Schuld.«
Die Geparden nickten erleichtert. Laylas Mundwinkel zuckten, aber sie behielt ihren Kommentar für sich.
»Wir fahren zurück zum Parkplatz«, verkündete Ortega und ließ den Motor an. »Es kann sein, dass es mit dem Einchecken noch etwas dauert.«
Sie behielt recht.
Raymond Farrs Vermutung hatte sich bestätigt, aber das war im Moment ein schwacher Trost. Natürlich war es möglich, dass Layla das Malik-Wesen tatsächlich zur Strecke gebracht hatte. Schließlich war es allein gewesen, als ihr Schuss seinen Wirtskörper getötet hatte. Vielleicht war es ja tatsächlich mit ihm zusammen verbrannt.
Doch der Kommandant glaubte nicht daran. Er war im Gegenteil überzeugt davon, dass dieses Geschöpf noch lebte und irgendwo da draußen auf seine Chance wartete.
Nach seinem Gespräch mit Ortega hatte er zunächst erwogen, das
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