Götterdämmerung (German Edition)
mehrere Teile zerborsten. Kleinere Bruchstücke hatten sich kreisförmig um den Hauptteil mit dem Motor verteilt. Der Lichtstrahl war erloschen. Zwischen den Trümmern stand der Fremde und sah böse zu ihm hoch.
Tom seufzte. „Gut, fangen wir an.“
Franco überlegte, ob er nicht einfach verschwinden sollte. Er traute Tom noch weniger als diesem Roboter, der sich als Mensch ausgab. Bei dem wusste er immerhin, woran er war. Der Androide wirkte äußerlich auch nicht besonders Furcht einflößend auf ihn. Darauf sollte man nichts geben, klar, es spielte aber trotzdem eine Rolle.
Dieser große, kräftige Typ mit dem düsteren Blick dagegen, der ihm ständig sein Sturmgewehr unter die Nase hielt, schüchterte ihn ein. Es war offensichtlich, dass er ihm überlegen war, trotz der Verletzung am Arm. Tom wirkte irgendwie …abgestumpft. Als würden ihn diese mechanischen Bestien nicht besonders erschrecken. Falls überhaupt so etwas wie Unsicherheit in ihm steckte, drang davon nicht viel nach außen. Franco dagegen hätte sich am liebsten bereits beim Auftauchen der Drohne unter seinem Sitz verkrochen, obwohl ihm diese schwebenden Überwachungsmaschinen früher nicht das Geringste ausgemacht hatten .
Er beobachtete die Greifarme, die das Sportcoupé hielten und Tom, der das Metallgitter zu dem Androiden hinauf geklettert war und ihm Anweisungen gab. Jeden Moment konnte das Kran-Monstrum aus seinem Schlaf erwachen.
Wenn Franco weg wollte, dann musste er jetzt gehen. Allerdings würde er den Androiden damit aufgeben. In Bezug auf den Roboter hatte er ohnehin schlechte Karten, seit Tom an seiner Seite war. Und angesichts der letzten Ereignisse spielte es wahrscheinlich auch keine große Rolle mehr, ob er den Roboter in die Hände bekam oder nicht. Oliver, Spirit, sie alle hatten genug andere Probleme.
Trotzdem. Er hasste diese Kreatur. Und wohin sollte er gehen? Zurück in die Stadt in seine Wohnung? Nie und nimmer. Er hatte Tom aufmerksam genug zugehört, um zu wissen, dass das Wahnsinn war.
Ich bin ein Feigling , dachte Franco. Er biss sich auf die Lippe. Nein, ich bin bloß nicht blöd. Außerdem will ich mein Versprechen erfüllen. Ich will es.
So einfach würde er den Androiden nicht entkommen lassen.
•
Simon konnte nicht sehen, wohin Isabelle steuerte, er spürte nur, dass das Fahrzeug noch in Bewegung war und dass es rückwärts fuhr. Dann wurde er gegen den Mittelsitz gedrückt. Wahrscheinlich war Isabelle abgebogen. Simon hoffte, dass sie endlich eine ruhigere Seitenstraße erreicht hatten.
Draußen wurde immer noch geschossen, aber die Geschosse schlugen nicht mehr in den Wagen ein. Dann war es plötzlich düster ringsum.
Simon richtete sich vorsichtig auf. Durch das Beifahrerfenster sah er, dass sie sich in einer Garage befanden. Das Tor vor ihnen stand noch offen. Abgesehen davon gab es noch ein kleines Fenster, durch das spärliches Licht fiel. Daneben befand sich eine Tür. Vermutlich führte sie in das dazugehörige Haus.
„Ihr müsst raus!“, sagte Isabelle. „Beeilt euch! Schnell! Sie werden jeden Moment da sein.“
Simon erhob sich ächzend vom Boden. „Die Tür dort –“, meinte er und verstummte, als sein Blick auf Isabelle fiel. Seine Hand, die schon am Türgriff gelegen hatte, rutschte herunter und blieb auf dem Sitz liegen wie ein lebloses Stück Fleisch. Den anderen Arm legte er instinktiv um Yasmin.
„Das kann nicht sein“, stammelte er ungläubig. „Das ist unmöglich.“ Er schüttelte den Kopf, unfähig, seinen Blick von der Frau zu lösen, die er noch vor wenigen Minuten zu kennen geglaubt hatte.
Isabelles linke Gesichtshälfte war beinahe komplett zerstört. Große und kleine Splitter lagen überall verstreut, die meisten auf ihrem Schoß. Der gesamte Bereich, der einmal ihre Wange gewesen war, glich einer surrealen Landschaft aus Schläuchen, Kabeln, Drähten und mikroskopisch kleinen Bauteilen. Eine trübe rote Flüssigkeit tropfte aus einem Schlauch in ihrem Gesicht. Eines ihrer Augen war halb herausgerissen und wurde nur noch von ein paar dünnen Kunststofffäden gehalten. Auch ihr Körper war zerstört. Simon bemerkte mehrere Einschusslöcher, aus denen die gleiche milchig-rote Flüssigkeit rann, wie aus dem Schlauch im Gesicht. Der Brustkorb war eingedrückt, der rechte Arm wies eine so große Öffnung auf, dass man durch sie hindurch auf die andere Seite sehen konnte.
„Geht endlich!“, wiederholte Isabelle. Sie fasste sich an die zerstörte
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