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Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Titel: Götterdämmerung in El Paso (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis
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erklären. Es ist nicht das, was du denkst.« Das Gespräch war kurz, doch es genügte offenbar, um Luther zu beruhigen.
    »Geh jetzt«, sagte sie zu mir. »Ich kann dir gar nicht beschreiben, wie prekär unsere Situation ist. Aber du und der Typ da, ihr versaut Hector und mir alles.«
    »Hector und Dir«, sagte ich.
    »Verdammt noch mal, du bist auf dem Holzweg. Hier geht es um Leben und Tod, J.P., und deine Anwesenheit macht alles nur noch schlimmer.«
    »Von welcher Operation hat unser Knabe hier gesprochen?«, fragte ich.
    »Scher dich endlich zum Teufel«, sagte sie.

10
    Bluto war mit seinem Telefon beschäftigt — Instruktionen vom Boss. Ich rief Luther an. »Ich glaube nicht, dass die Beziehung sexueller Natur ist«, sagte ich. »Da geht es um etwas anderes.«
    Luthers Antwort ließ auf sich warten. Vermutlich zog er gerade an einem Joint. »Das sieht Ham Scales anders«, sagte er endlich, leicht außer Atem. »Er will die Observation fortsetzen.«
    »Natürlich will er das. Schließlich soll der Rubel rollen. Vertrau mir einfach, für Leute, die sich in Vegas irgendwelchen Vergnügungen hingeben, wirken Carla und Hector reichlich gestresst.«
    »Aber Genaues weißt du nicht. Überhaupt, selbst wenn es jetzt keine Affäre sein sollte, könnte sich eine daraus entwickeln.«
    »Sagt Scales?!«
    Luther schwieg; sein Atem — diktiert von seinen Gefühlen — ging stoßweise. »Ham zieht diese Möglichkeit in Betracht. Er meint, die Lage könnte sich ständig ändern, alles wäre denkbar. Seiner Meinung nach reicht ein geringfügiger Anlass und die beiden landen im Bett. Ein freundschaftlicher Kuss, zum Beispiel, der in eine wilde Knutscherei ausartet. Nein, ich werde Ham den Auftrag nicht entziehen.«
    »Er hat eine schmutzige Phantasie, Luther. Du solltest darauf drängen, dass er diskreter vorgeht. Wenn Carla sich umdreht und dabei jedes Mal Bluto sieht, wird ihr Ärger ein dauerhafter.«
    »Wer ist Bluto, verdammt noch mal?«
    Ich schaltete mein Telefon aus und ging ins Café.
    Der Taxifahrer saß dort und starrte in seinen Kaffeebecher. Er nahm seine Rechnung, bezahlte mit dem Zwanziger, den ich ihm gegeben hatte, und wir machten uns auf den Weg zum Riviera.
    Es waren noch ein paar Stunden totzuschlagen, bevor es zurückging nach El Paso. Also duschte ich, zog andere Sachen an und fuhr hinunter ins Kasino, wo ich mich an einen leeren Blackjack-Tisch setzte. Erst verlor ich fünfzig, dann gewann ich hundert, nachdem ich zwei Asse gesplittet und eine Zehn und eine Acht dazubekommen hatte. Idiotenglück.
    Ich ging ins Restaurant, bestellte ein Roastbeef-Sandwich zum Mitnehmen, dazu ein Bier und nahm beides mit hinaus an den Swimmingpool. Neben meinem Tisch durchforstete ein geschröpfter Spieler den Abfalleimer nach leeren Martini-Bechern. Er trug Bermudashorts und ein Polohemd und hatte es offensichtlich auf die unangetasteten Oliven abgesehen, die er ohne Scheu in sich hineinstopfte. Ab und an lachte ihm das Glück und er stieß auf Ananasstücke in den Piña-Colada-Bechern. Ich hielt ihn für jemanden, der am Roulettetisch zockte — der konsequenteste Weg, das Geld für die Hypothekenzahlungen aus dem Fenster zu werfen.
    »Knapp bei Kasse?«, fragte ich.
    »Ich befinde mich momentan in einer pekuniären Kalamität«, antwortete er. »Meine Aktien haben letzten Monat eine Talfahrt hingelegt. Sie wissen ja, wie das ist.«
    »Die Bank liebt das Rad«, sagte ich.
    Er musterte mich, unsicher, was meine Äußerung zu bedeuten hatte. Boshaftigkeit und Verachtung jedenfalls nicht, und er schien das zu erkennen.
    »Vom Rad halte ich Abstand«, sagte er. »Das Rad ist eine Erfindung für Masochisten.«
    Ich nickte zustimmend. Der ganze Laden war eine Erfindung für Masochisten, aber ich sah keine Notwendigkeit, das auszusprechen.
    »Gestern habe ich beim Craps mit fünf Riesen vorne gelegen«, erzählte er. »Hab immer nur das Pass-Line-Feld gespielt. Dann hat sie mir den Rücken gekehrt, die zickige Schlampe.«
    Ich fragte nicht, was er gemeint hatte. Fortuna, die zickige Schlampe, hatte seine Glückssträhne beendet. Ich gab ihm mein halbes Sandwich und zehn Dollar. Er bedankte sich und ging zurück ins Kasino, wo besagte Lady geduldig auf seine Rückkehr wartete. Schamgefühl war kein Thema für ihn. Von dergleichen Gefühlsregungen der Mittelklasse hatte er sich längst verabschiedet.
    Eine Stunde vor Abflug lieferte ich den Chevy bei McCarran ab. Anschließend fütterte ich die Automaten außerhalb der

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