Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Titel: Götterdämmerung in El Paso (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis
Vom Netzwerk:
Zehennägel.
    Ich hatte sie in hundert verschiedenen Trailerparks gesehen. Sie passte perfekt in die Umgebung, genau wie der Wagen neben ihrem Trailer — ein Chevrolet Chevelle aus den späten Sechzigern mit einer gesprungenen Windschutzscheibe, einem Platten und einem Vinyldach, das sich an den Rändern löste. Hätte ich hineingesehen, wäre mein Blick über aufgerissene, mit Plastik bezogene Sitze und ein gesplittertes Armaturenbrett gewandert. Ich konnte mir knapp ein Grinsen verkneifen. Die Frau taxierte mich mit schnellem Blick, ob ich nicht eine Gelegenheit wäre, die sie sich nicht entgehen lassen dürfe.
    »Sind Sie hinter Jared her?«, fragte sie und kniff die Augen zusammen. »Sie sehen aus wie ’n Eintreiber. Wollt ihr seinen Dodge zurück? Das Kleinhirn hat zweitausend hingeblättert für einen chiliroten Ram Quad Cab mit allen Schikanen, obwohl klar war, dass er die sechshundert für die monatlichen Raten nie und nimmer auftreiben kann. Die zweitausend waren aus der Versicherung, nachdem er den Unfall bei der Arbeit hatte. Es war unser gesamtes Geld. Kennen Sie ’n besseres Beispiel für so viel Hirnrissigkeit?«
    »Nein, Ma’am«, sagte ich. »Jared kriegt den ersten Preis.«
    Ohne Frage kannte ich ein Dutzend besserer Beispiele für so viel Hirnrissigkeit. Sie wahrscheinlich auch. Sie lachte zynisch. Ich lachte zynisch. Wir waren uns einig, dass Jared das Kleinhirn des Jahres und sie ohne ihn viel besser dran war.
    »Wie gesagt, zu den Kindern war er immer anständig, aber nach seinem Truck kam erst mal gar nichts und dann irgendwann ich.«
    »Der Mann ist ein Idiot«, erwiderte ich.
    »Jeder Eintreiber sieht diese Chilischote von Dodge aus einem Kilometer Entfernung … auffällig wie ein Pickel auf der Nase vom Papst, das Ding. Keine Ahnung, warum ich mich so lange mit diesem blöden Hurensohn abgegeben habe«, sagte sie. »Das Einzige, was er im Griff hat, ist sein Schwanz, und selbst dann lässt er’s noch auf die Badematte tropfen.«
    »Die Welt ist voller Jareds.«
    »Erzählen Sie mir mal was Neues«, meinte sie. Sie sah mich an, als wäre ich eine Ausnahme.
    Ich tippte gegen den Schirm meiner Kappe und wollte weiter.
    »Hey, Sir? Wie wär’s mit ’nem Kaffee?«, fragte sie. »War grad im Begriff, einen anzusetzen. Verbleit oder unverbleit? Oder vielleicht lieber ’n kaltes Bier?«
    »Danke, Ma’am, aber ich habe da hinten noch was zu erledigen.«
    »Der Eintreiber. Dachte ich’s mir doch. Komisch, ihr Muckitypen seht alle gleich aus. Gibt’s bei den Eintreibern so ’ne Vorher-Nachher-Geschichte, wenn sie euch eingestellt haben?«
    Ich hätte mit einer entsprechenden Gegenfrage antworten können, ließ es aber. Sie hatte Trailerpark-Gene. Und Jared würde sich immer wieder in Pick-up-Trucks verlieben, die er sich nicht leisten konnte. Ich denke, jeder hat so seinen eigenen Stempel aufgedrückt bekommen. Sie ging wieder hinein. Ich schlenderte die Straße der fälligen Rechnungen und zerstörten Träume hinunter und fühlte mich wie ein Eintreiber auf seiner Mission — was ich in gewisser Hinsicht auch war.
    Blutos Taxi stand vor einem Trailer der gehobenen Klasse. Es gab sogar eine Rasenfläche mit Flamingos. Der Dicke lümmelte sich auf der Rückbank des Taxis und sprach in sein Mobiltelefon. Bat um weitere Instruktionen, keine Frage. Ich blieb stehen und klopfte gegen die Scheibe. Er ließ sie herunter.
    »Was?«, fragte er.
    Seine traurigen Basedow-Augen musterten mich. Er sah aus wie ein zur Übergröße mutierter Frosch, den man in einen schlechten Anzug gestopft hatte. »Arbeiten Sie für Luther?«, fragte ich.
    »Wer ist Luther?«
    »Luther ist der Typ, der Ihr Gehalt bezahlt.«
    »Scheiß auf ihn. Ham Scales bezahlt mich.«
    Er wedelte mit einer Visitenkarte.
    »Haben Sie gerade Ham am anderen Ende der Leitung?«
    »Wer will das wissen?« Er entblößte zwei Reihen kleiner, grünlich schimmernder Zähne. Hätten Frösche Zähne, sie würden genau so aussehen.
    »J.P. Morgan, ein Freund der Penroses.«
    Er ließ sein Fenster hoch und sprach ins Telefon. Er ließ das Fenster wieder herunter. »Mr. Scales sagt, Sie hätten hier nichts verloren. Er sagt, wenn Sie versuchen, Kontakt mit der Möse aufzunehmen, wird er eine einstweilige Verfügung erwirken und dafür sorgen, dass man Ihnen die Lizenz entzieht.«
    »Sagen Sie Mr. Scales, er soll sich in seiner Wortwahl mäßigen. Und richten Sie ihm aus, er möge sich einen Schirm hinten reinschieben und auf Wind warten.«
    Bluto

Weitere Kostenlose Bücher