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Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Titel: Götterdämmerung in El Paso (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis
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Ich stieg in das nächste Taxi und sagte dem Fahrer, er solle dem ersten Wagen folgen.
    Alle drei Taxis fuhren den Las Vegas Boulevard hinunter, dann auf die Auffahrt zur Interstate 515 Richtung Süden. Alle rasten wir die Interstate hinunter, nach Henderson oder Boulder City oder noch weiter. Blutos Taxi fiel zurück. Ich nahm an, dass er einer von Scales Handlangern war, der verhindern wollte, dass Carla und Hector die Observierung bemerkten. Aus genau diesem Grund sagte ich meinem Fahrer, er solle langsamer fahren, bis sich die Lücke zwischen uns und Blutos Taxi mit ein paar Autos gefüllt habe.
    Kaum hatten wir die City hinter uns gelassen, begann die Umgebung sich zu verändern. Wie sagenhafte Pilze aus Terrakotta ragten teure Anwesen rechts und links der Interstate vom Boden empor. Ich konnte das kollektive Summen von Klimaanlagen und Verdampfungskühlern förmlich hören. Die Straßen dieses Gebiets waren menschenleer, als hätte man die Gebäude einer drohenden Katastrophe wegen evakuiert. Dann lagen auch diese Anwesen hinter uns und wir gelangten in den Teil von Las Vegas, der lange vor den Kasinos existiert hatte. Am Rande von Henderson, direkt neben der Interstate, tauchte ein unübersichtliches Gelände auf: Schuppen aus verrostetem Stahlblech, Lagerhäuser, ein Café, das aussah wie ein Airstream-Trailer aus dem Jahre 1940, ein Lagerplatz voller Röhren mit großem Durchmesser und der obligatorische heruntergekommene Trailerpark, wo sich jede Menge abgewrackte, gut vierzig Jahre alte Wohntrailer drängten.
    Carlas Taxi nahm die Ausfahrt und fuhr in den Trailerpark. »Shamrock Meadows«, ein Name, derart unpassend, dass er nur dem entsprungen sein konnte, was der Eigentümer unter Fröhlichkeit verstand.
    Blutos Taxi bog ebenfalls in den Trailerpark ein. Ich sagte meinem Fahrer, er möge mich am Café aussteigen lassen. Er machte einen sanftmütigen Eindruck. Sein Nacken war voller Knitterfalten und seine kleinen Hände bewegten sich fahrig. Er erinnerte mich an meinen Vater.
    »Und wie kommen Sie zurück?«, fragte er. »Kein Taxi fährt den ganzen Weg von der City hierher.«
    »Ich denke, darum kümmer ich mich später.«
    »Nach Boulder City ist es nicht weit. Das können Sie auch zu Fuß erreichen.«
    »Werd ich mir merken«, sagte ich. »Vielleicht könnte ich einen Taxifahrer aus Boulder City mit einem angemessenen Trinkgeld überzeugen, mich hier abzuholen.«
    »Um Sie wohin zu bringen? Keiner wird Sie nach Vegas bringen, um leer wieder zurückzufahren, todsicher.«
    »Für kein Geld der Welt?«
    Er musterte mich. »Hab Sie gar nicht für so zahlungskräftig gehalten«, sagte er, »eher für jemanden, der jeden Cent am Würfeltisch lässt.«
    »So jemand bin ich nicht«, sagte ich.
    »Nun, was soll’s. Wenn ich meine Uhr laufen lassen kann, warte ich den ganzen Tag auf Sie.«
    Ich gab ihm einen Zwanziger. »Hier, kaufen Sie sich ein Sandwich«, sagte ich. »Ich dürfte in einer guten halben Stunde wieder da sein.«

9
    Ein leeres Taxi kam aus der Hauptstraße des Trailerparks. Es war eine unbefestigte Straße und das Taxi wirbelte eine ganze Fuhre hellbraunen Staub auf. Am Straßenrand hockten zwei schmuddelige Knirpse und ließen ihre Spielzeug-LKWs in einer Wasserpfütze hin und her fahren. Neben ihnen stand ein Eimer mit Wasser, womit sie die Pfütze immer wieder auffüllen konnten. Einer der beiden sah hoch zu mir, als ich vorbeiging.
    »Wollen Sie mitspielen?«, fragte er. »Kommen Sie, Mister, spielen Sie doch mit.«
    »Heute nicht, Kleiner«, sagte ich.
    »Sie können auch meinen Truck haben«, sagte der andere. »Ich mach den Wassermann.«
    »Hört auf den Mann zu belästigen, Jungs«, sagte eine Frauenstimme.
    Die Stimme ertönte hinter dem mit einem Fliegengitter versehenen Fensterschlitz eines Wohntrailers.
    »Kümmern Sie sich nicht um die, Mister«, sagte sie. »Die vermissen Jared. Mir fehlt dieses Arschgesicht nicht, aber zu den Kindern war er immer anständig.«
    Die Fliegengittertür ging auf und die Frau trat hinaus auf den schmalen Absatz der Metalltreppe. Sie machte einen harten, ausgemergelten, Eindruck so wie die Wüste rund um ihren Trailer. In der einen Hand hielt sie eine Zigarette, in der anderen eine Dose Bier. Sie schnippte die Zigarette in die Schlammpfütze ihrer Kinder und schob ihr Becken vor. Ihr dünnes, durchscheinendes Kleid war mit Vergissmeinnicht bedruckt. Die Form ihrer Beine war gut, bis obenhin. Flip-Flops an staubigen Füßen. Rotlackierte

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