Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
erreicht. Hassad schnitt ihnen die Kehle durch, nachdem er sie ausgeplündert hatte, und Geier, Hyänen, Schakale und Insekten übernahmen dann die Beseitigung der Leichname für ihn. Bisher hatte noch nie jemand nach seinen Opfern gefragt.
Diesmal aber übertraf die Beute seine kühnsten Erwartungen. Schon bald würde er einen ganzen Harem voller wunderschöner Frauen haben, die ihm zu Füßen lagen und jeden Wunsch von den Augen ablesen mussten. Wenn ihn eine zu langweilen anfing, gab er sie einfach an einen seiner Hausdiener weiter.
Eine Kleinigkeit störte ihn allerdings: der Bogen, den er aus den Satteltaschen des Esels geholt hatte und der seinen Gefangenen gehörte – eine schöne große Waffe aus wertvollem Akazienholz.
Als er sich daran zu schaffen machte, hatte sein Vetter plötzlich vor Schmerzen geschrien, und seine Hände waren auf einmal voller Brandblasen. Und seinem Bruder war es gerade eben nicht anders ergangen!
Jetzt lag der Bogen in der Nähe des Feuers, auf dem Fladenbrote gebacken wurden.
»Der Bogen hat einen bösen Zauber«, meinte sein Bruder zu ihm. »Er wird uns kein Glück bringen. Lass die beiden frei, und wir ziehen ohne sie weiter.«
»Bist du von Sinnen? Wegen ihnen werden wir endlich reich!«
»Vor lauter Gier kannst du nicht mehr klar denken, Hassad. Der Bogen beweist, dass die Gefangenen über gefährliche magische Kräfte verfügen.«
»Das ist doch lächerlich!«
»Wer sich über die magischen Kräfte der Götter lustig macht, zieht ihren Zorn auf sich.«
»Schwachsinniges Geschwätz.«
»Wie du meinst, dann nimm doch den Bogen.«
Hassad zögerte. Eigentlich hatte er jetzt große Lust, die schöne junge Frau zu vergewaltigen, befürchtete aber, sie dabei so zu verletzen, dass sie einen Teil ihres Handelswerts für ihn einbüßte. Weiber lagen ihm bald dutzendweise zu Füßen! Außerdem wollte er sein Gesicht nicht verlieren.
Also entschloss er sich, die Waffe in die Hand zu nehmen.
Sofort war die Haut von seinen Händen verkohlt, und ein grauenhafter Gestank zog durch das Lager.
Hassad schrie vor Schmerz und ließ den Bogen der Göttin Neith fallen.
»Sieh doch«, rief jetzt sein Bruder, »die Esel bedrohen uns!«
Bestürzt musste der Karawanenführer mit ansehen, wie sich die Vierbeiner im Kreis um sie versammelten und bedrohlich mit den Hufen scharrten.
»Elende Viecher! Die kriegen gleich die Peitsche zu spüren.«
Sein Vetter versuchte, einen der Esel zu schlagen. Da löste sich Nordwind aus der Gruppe und trat dem Mann in den Rücken.
Mit gebrochenen Knochen wand sich der Syrer am Boden.
Die anderen Eseltreiber scharten sich erschrocken um ihren Herrn.
Da erschien Nitis und sagte ruhig und bestimmt: »Rührt euch nicht vom Fleck, sonst gehorchen die Esel ihrem Anführer und machen euch nieder.«
Nordwind sah so wild entschlossen aus, dass die wenigen Mutigen die Drohung doch lieber ernst nahmen.
Nitis ging jetzt zu Hassad, der sich vor Schmerzen wand. Die Innenflächen seiner Hände bluteten stark.
Nitis nahm den Bogen in die Hand.
»Wie ihr seht, erlaubt mir die Göttin Neith, ihr Wahrzeichen zu gebrauchen. Wer es aber schändet und nicht weiß, wie man das Feuer besänftigt, wird gerechterweise bestraft. Euer Herr hat euch getäuscht, er ist nichts weiter als ein gemeiner Dieb und Mörder. Befreit auf der Stelle den Mann, den ihr foltert, und bringt ihn zu mir.«
Zwei Eseltreiber beeilten sich, den Befehl auszuführen.
Obwohl sich Kel elend fühlte, gelang es ihm doch zu gehen. Und Nitis wiederzusehen, verlieh ihm ungeahnte Kräfte.
Bebon tauchte hinter Hassad auf und hielt ihm die Klinge seines griechischen Messers an den Hals.
»Sammel die Steine ein und gib sie wieder in den Sack.«
»Ich habe solche Schmerzen und …«
»Beeil dich.«
Obwohl ihm jede Bewegung wehtat, gehorchte der Syrer.
»Meine Freunde und ich werden euch jetzt verlassen. Bindet unserem Esel Körbe mit Wasser und Lebensmitteln auf. Und zwar schnell!«
Vorsichtig befeuchtete Nitis Kels Lippen mit Wasser. In ihrem Blick war so viel Liebe, dass er seine Qualen vergaß.
»Du kommst mit«, sagte Bebon zu Hassad.
»Ich … Du musst mich laufen lassen. Ich bin doch der Führer von dieser Karawane, meine Familie braucht mich!«
»Die siehst du später wieder, sie warten bestimmt auf dich. Also los.«
Nordwind setzte sich als Erster in Bewegung, gefolgt von Nitis, Kel und Bebon, der den Syrer mit der Spitze seines Messers vor sich hertrieb.
Die anderen Esel standen
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