Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
Vom Netzwerk:
waren. Manche hatten sich auch, als sie von den entfesselten Wassermassen herumgewirbelt worden waren, an ihren eigenen Waffen verletzt oder an denen ihrer Kameraden. Alle litten an Unterkühlung, weshalb es in den ersten Tagen zu einer der wichtigsten Aufgaben wurde, genügend Brennholz heranzuschaffen, um die Verletzten durch das Entzünden zahlreicher Lagerfeuer vor dem Kältetod zu bewahren. Es wurden Bahren und Vorräte aus Arch Themur herangeschafft und gleichzeitig fanden in regelmäßigen Abständen Verwundetentransporte in die Ebene statt, wo sich Wundärzte der Versehrten annehmen konnten.
    Der Teil der Männer, der sich in der Klamm aufgehalten hatte, als die Flutwelle über sie hereinbrach, war größtenteils über die Steilwand in das schmale Tal hinabgerissen worden, das an die Hochebene grenzte. Selbst dorthin ließ Arden einige Freiwillige abseilen, die zwischen den zahllosen zerschmetterten Körpern, welche dort unten überall wie Kieselsteine die Flussufer säumten, nach Überlebenden Ausschau halten sollten. Tatsächlich wurden auch diese fündig. Als der erste Soldat mit zwei gebrochenen Armen und einer schweren Schädelwunde, aber immerhin noch am Leben, auf das Hochplateau emporgehievt wurde, ließen sich sogar vereinzelte Jubelrufe vernehmen. Mit solchen kleinen Erfolgen vermochte Arden die am Boden liegende Moral der Truppe selbst in dieser dunklen Stunde wieder aufzurichten. Er hatte den Männern ein Ziel gegeben, auch wenn dieses nur darin bestand, den entstandenen Schaden ein wenig zu mildern.
    Das wäre jedoch niemals zu erreichen gewesen, wenn der Drache sie nicht die ganze Zeit über in Frieden gelassen hätte. Offenbar befand er es nicht der Mühe wert, für den kläglichen Rest von Ardens Armee noch einmal seinen Hort zu verlassen. Er wusste genau, dass sie ihm nicht mehr gefährlich werden konnten, was sie im Grunde auch zuvor nicht gewesen waren. Nachdem er ihnen seine grenzenlose Überlegenheit demonstriert hatte, konnte er sich wieder in seine Höhle zurückziehen und brauchte nur noch abzuwarten, bis alle aus seinem Herrschaftsgebiet verschwunden waren.
    Zumindest gelang es Arden und seinen Getreuen dadurch, mehr als tausend Verwundete zu bergen und nach und nach in die Festung von Arch Themur zu schaffen. Dort lagerten noch die gut zweitausend Männer und Frauen, die zum Versorgungstross des Heeres gehörten und die zum größten Teil nicht mit in die Berge gezogen waren. Als Besatzung gab es nur noch einige Reservetruppen, die unter dem Befehl des Kommandanten Fadwen standen – alles in allem drei Kompanien, insgesamt zwölfhundert Mann. Auch diese beteiligten sich nach Kräften an der Rettungsmission, sobald sie vom katastrophalen Ausgang der Schlacht gehört hatten. Das Innere der ehernen Feste verwandelte sich alsbald in ein riesiges Krankenlager. Arden selbst fasste überall mit an, wo er gebraucht wurde, und wenn er sonst nichts tun konnte, dann ging er zwischen den aufgebahrten Verletzten umher und versuchte, ihnen Mut zuzusprechen.
    Er schlief nur wenige Stunden jede Nacht, denn in seinen Träumen wartete stets der Drache auf ihn, jene Unheil verkündenden, glutroten Augen und die Hitze des echsischen Geistes. Mehr als einmal kamen die Wachen besorgt in sein Zelt gelaufen, weil er wieder mit dem Ruf »Feuerzwinger!« aus dem Schlaf hochgeschreckt war. Dann wagte er sich meist nicht zurück in die Schrecken seiner Träume und begann oft schon weit vor Sonnenaufgang damit, im Lager herumzulaufen und überall nach dem Rechten zu sehen. Doch all diese Strapazen gingen nicht spurlos an ihm vorüber. Das einst so strahlende, makellose Gesicht wirkte zunehmend eingefallen. Was Arden noch vor nicht allzu langer Zeit zu viel auf den Rippen gehabt hatte, das fehlte ihm nun an Gewicht. Ein struppiger Vollbart dominierte die untere Gesichtshälfte und auch seine blauen Augen hatten viel von ihrer einstigen Ausdrucksstärke verloren. Arden war nur noch ein Schatten seiner selbst.
    Am Morgen des sechzehnten Tages nach der Schlacht im Eis meldeten die Torwachen einen großen Heereszug, der sich der Festung näherte. Arden konnte sich zunächst nicht erklären, woher diese stattliche Anzahl von Streitern stammte, aber als sie die annähernd hundert sichelförmigen Silhouetten entdeckten, die hoch über den marschierenden Truppen schwebten, gab es keinen Zweifel mehr: Die fliegenden Wölfe und deren Führer aus Etecrar waren endlich gekommen. Allerdings bestand das Heer aus mindestens

Weitere Kostenlose Bücher