Götterschild
da eine außergewöhnlich mächtige Waffe im Besitz seiner Familie befand, die in den falschen Händen ungeheuren Schaden anrichten konnte. Doch welcher Besitzer war falsch und welcher richtig? Vielleicht waren ja gerade seine Hände die falschen, denn eine größere Katastrophe als die, die er ausgelöst hatte, hätte wohl niemand sonst zustande gebracht. Möglicherweise war das Schwert beim Citarim wirklich besser aufgehoben.
»Was wird dann geschehen?«, erkundigte sich Arden. »Was wollt Ihr tun, wenn ich mich bereit erkläre, Eure Forderungen zu erfüllen?«
»Wir werden den göttlichen Auftrag zu Ende bringen«, versetzte der Citarim, als wäre das eine Selbstverständlichkeit.
Arden kniff die Augen zusammen. »Ihr wollt wieder gegen den Drachen ziehen?«, fragte er verblüfft. »Ich habe kaum noch fünfzehnhundert Soldaten, die aufrecht laufen können, und Ihr verfügt über vielleicht zehntausend. Der Drache hat ein Heer von fast zweihunderttausend Mann in nicht einmal einem Tag ausgelöscht. Und trotzdem wollt Ihr abermals gegen ihn antreten? Selbst mit Ecorims Schwert in Euren Händen halte ich das für blanken Wahnsinn.«
Das erste Mal umspielte so etwas wie ein Lächeln die harten Lippen des Citarim. Es war, als glitte eine Maske von seinem Gesicht, unter der die wahren Empfindungen des Kirchenoberhaupts verborgen gelegen hatten. Nichts blieb mehr übrig von der mahnenden Strenge, mit der der Citarim bisher Ardens Verfehlungen gemaßregelt hatte. Nun, da es keine Zeugen mehr für das gab, was gesprochen wurde, erweckte der Glaubensführer eher den befremdlichen Eindruck, ganz und gar nicht unglücklich über die jüngsten Entwicklungen zu sein.
Stolz reckte er den Kopf. »Ihr scheint die fliegenden Wölfe aus Kersilon zu vergessen, deren Schlagkraft Eure Vorstellung bei Weitem übersteigen dürfte. Zudem verbergen sich weitere Truppenteile in den angrenzenden Bergen, deren Zahl und Wesensart Euch in tiefes Erstaunen versetzen wird. Doch den eigentlichen Kern meiner Armee seht Ihr hinter mir. Für diese zehntausend Gotteskrieger braucht es nicht die Macht einer heiligen Klinge, um ihren Geist mit bedingungslosem Gehorsam und begeisterter Selbstaufgabe zu erfüllen. Ihre Göttertreue ist unerschütterlich, sie sind frei von Eigennutz und stellen ihr persönliches Geschick stets in den Dienst des größeren Ganzen. Unser Denken ist stets miteinander verbunden und gemeinsam sind wir in der Lage, dem Gedankenfeuer des Drachen zu widerstehen.« Genüsslich beobachtete der Citarim, wie seine Worte Arden zunehmend in Verwirrung stürzten.
»Wir alle«, verkündete der Kirchenfürst selbstgefällig, »gehören dem Geheimbund der Fardjan-Torion an, der am heutigen Tage aus dem Schatten tritt und nicht länger im Verborgenen agieren muss. Wir sind die Nachkommen des Torion Ikarion, jenem treuen Fardjani, der den tapferen, aber vergeblichen Kampfan der Seite der Naurain bis zum Ende ausgefochten hat. Er unterlag gegen das unheilige Bündnis zwischen Menschen und Drachen und wurde mit seinem Gefolge nach Süden vertrieben. Die Fardjan-Torion schufen dort ein neues Reich, ein Reich der Götter, das Land des Cit: Citheon. Doch stets mussten wir uns vor den Verfolgungen durch die frevlerischen Drachenbündler im Norden verbergen und so konnten die Fardjan-Torion jenes neue Reich nicht selbst führen, sondern überließen es den Menschen. Das wird sich jetzt endlich ändern.« Seine Augen glänzten wie im Rausch.
»Fardjan?« Arden war verwirrt. »Ich glaube, das habe ich schon einmal irgendwo gelesen.«
»Wie unwissend Ihr doch seid, Arden Erenor«, spottete der Citarim. »Die Fardjani sind die letzte Schöpfung der göttlichen Naurain. Wir sind die Vollendung ihres Schaffens, die Krone ihres Tuns. Die Fardjani besitzen alle Stärken der älteren Völker, der Themuraia und Menschen, aber keine ihrer Schwächen. Wir sind nach dem Willen der Götter geboren worden, um über die anderen Völker zu herrschen, und genau so soll es wieder sein.« Er wies auf Arden. »Auch Ihr tragt das Blut der Fardjani in Euch, aber es ist nicht rein, beschmutzt durch Euren Großvater Taron Erenor, der ein Mensch war. Aus diesem Grund habt Ihr auch versagt. Euer Blut ist getrübt von den Schwächen der Menschen. Selbstsucht, Gier, Gottlosigkeit, das alles macht Euch anfällig. Wahre Fardjani sind frei von solchen Fehlern.«
»Beschmutzt?«, wiederholte Arden fassungslos. »Taron war einer der größten Helden seiner Zeit, vermählt
Weitere Kostenlose Bücher