Götterschild
Denken einzutauchen, das trotz ihrer großen Zahl immer im Gleichklang blieb wie Tausende Musikinstrumente, die alle die gleiche Melodie spielten. In diesem Gedankenkonzert wurde auch Arton willkommen geheißen, denn er war schon längst kein Fremder mehr für sie, sondern ein Teil des Ganzen.
Trotzdem oder gerade deshalb vermied er noch jegliche Andeutung, was er in Kürze von ihnen verlangen würde. Es widerstrebte ihm, den klaren Gedankenstrom auf diese Weise einzutrüben. Denn auf die Frage, ob die Themuraia ihm aus freien Stücken folgten oder ob er mit Themuron doch eine Art Zwang auf sie ausübte, hatte er immer noch keine Antwort gefunden. Vielleicht war es auch unmöglich, dies zu ergründen, denn der einzige Weg, mit ihnen in Kontakt zu treten, war über die Geistsprache und sobald er das tat, wurde er praktisch zu einem Teil ihres Verstandes. Somit empfanden die Zarg jede seiner Anweisungen so, als wäre es ihr eigener Wunsch, denn, so glaubte Arton mittlerweile, sie konnten nicht zwischen einzelnen denkenden Einheiten ihres Volks unterscheiden. Für sie war er einer von ihnen. Daher kämen sie auch niemals auf den Gedanken, ihn für einen seiner Befehle zu verurteilen, denn sie glaubten ja, es wäre ihr eigener Entschluss gewesen.
Doch je länger er darüber nachdachte, desto weniger wollte er sich damit zufrieden geben. Es war schon schlimm genug, wie der Citarim mit Ardens Heer und den anderen menschlichen Truppen umzuspringen gedachte und dass Arton so etwas zuließ. Aber den unschuldigen Waldwesen wollte er auf keinen Fall das Gleiche antun. Es musste einen Weg geben, den Willen der Zarg zu ergründen, ohne dabei nur das Echo seiner durch Themuron verstärkten Geistsprache wahrzunehmen. Er hatte schon einmal versucht, sich einfach nur in ihrem Denken treiben zu lassen, als er auf die Suche nach ihren Erinnerungen gegangen war. Vielleicht konnte er auf dieselbe Art und Weise auch ihre Gefühle in Bezug auf den bevorstehenden Kampferspüren und was sie eigentlich davon hielten, als Werkzeuge der Götter zu fungieren. Er musste ihnen nur ein möglichst neutrales Bild liefern, das ihnen verriet, was ihnen bevorstand, und sich dann ohne eigene Einflussnahme auf die dadurch hervorgerufenen Empfindungen konzentrieren.
Aber wie um alles in der Welt sollte er Dinge wie die Götter, den Drachen und überhaupt die Zukunft im Allgemeinen in Bildern verdeutlichen? Er wusste selbst nicht, wie das alles aussah, es waren nur abstrakte Begriffe, von denen er keinerlei Vorstellung besaß.
Er beschloss daher, mit etwas Einfachem anzufangen. Er entwarf vor seinem geistigen Auge ein Schlachtfeld mit vielen Tausend toten Zarg und bettete es behutsam in das Geflecht ihrer Gedanken. Danach wartete er gespannt ab, was geschehen würde.
Die Reaktionen blieben eher verhalten. Mit einem solchen Kriegsschauplatz schien er noch nicht einmal Aufregung bei den Wurzelbälgern hervorzurufen, geschweige denn Angst. Einige Tote waren für sie offenbar belanglos, solange nicht der ganze Stamm in Gefahr geriet. Also ging er einen Schritt weiter. Er ließ einen langen Zug Themuraia in seinen Gedanken entstehen, der mit ihm als Anführer auf eine dunkle Höhle zumarschierte. Dann stellte er sich einen blutigen Kampf im Halbdunkel der Höhle vor, wobei er als Gegner die riesigen schwarzen Schatten verwendete, die er damals auf Andobras bei seinem ersten Erforschen der Themuraiagedanken in deren Erinnerung entdeckt und für ein undeutliches Abbild der Drachen gehalten hatte.
Augenblicklich nahm er eine deutliche Unruhe unter den Wurzelbälgern wahr, die ihm wie ein kühler Wind entgegenblies. Sie empfanden also zumindest so etwas wie Aufregung vor einem solchen Kampf, doch damit unterschieden sie sich nicht von jedem anderen Heer, das in die Schlacht zog. Die entscheidende Frage war, ob sie ihm dennoch folgen würden, auch wenn er ihnen die freie Wahl ließ.
Er malte sich noch einmal die gleiche Situation aus wie zuvor, nur dass er den Kampf diesmal zu Ende dachte mit vielen toten Themuraia, aber auch einem toten schwarzen Etwas, das einer Mischung aus den undeutlichen Schatten der Themuraia-Erinnerung und seinen eigenen Vorstellungen vom Aussehen des Drachen entsprach. Dann ließ er ein deutlich geschrumpftes Heer der Wurzelbälger im Geiste zurück in ihre Bauten marschieren und ergänzte dieses Szenario noch durch ein Bild der am Himmel strahlenden Sonne als Zeichen für das Wohlwollen des Herrn Cit. Ohne große Hoffnung, dass die
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