Götterschild
hinter den Mauern von Arch Themur oder in ihren Zelten inmitten des kirchlichen Heerlagers aufhielten, in wenigen Tagen durch das Feuer des Drachen den Tod finden würden, dann war das so, als hätte sie Arton persönlich umgebracht. Denn am heutigen Tag hatte Arton die Macht buchstäblich in Händen gehalten, mit der es ihm möglich gewesen wäre, sie zu retten. Doch durch seine Entscheidung war Fendralin dem Citarim zugefallen. Und an dessen Seite würde Arton den Weg bis zum Ende gehen müssen, auf Gedeih und Verderb.
AM SCHEIDEWEG
S ie sammelten sich um ihn wie die grauen Fluten eines flachen Meeres. Arton hatte sie gerufen und die Themuraia kamen. Schon den ganzen Vormittag strömten sie aus den Bergen herab, kleine Bäche aus flinken Kreaturen, die Arton mittlerweile von allen Seiten umgaben. Er konnte nicht genau sagen, wie viele es wirklich waren. An die zwanzigtausend der speziell für sie angefertigten Kurzschwerter hatte er vor einiger Zeit vor ihren Bauten verteilt. Dazu kamen mehrere Wagenladungen der dreizackigen Wurfgeschosse, welche zahllose Schmiede den steinernen Waffen der Zarg in Metall nachgebildet hatten. Die Eisenklingen waren den Steinwaffen der Wurzelbälger deutlich überlegen. Doch obwohl er auf diese Weise Vorkehrung für die optimale Ausrüstung der Themuraia getroffen hatte, sah Arton auch viele, die ihre herkömmlichen steinernen Wurfzacken oder Beile trugen. Da er sich ziemlich sicher war, dass keiner der Zarg seine Anweisungen bezüglich ihrer Bewaffnung absichtlich missachten würde, ging er davon aus, dass die bereitgestellten Metallwaffen einfach nicht ausgereicht hatten. Das konnte eigentlich nur bedeuten, dass er die Zahl der Kreaturen pro Bau bei seiner ersten Kontaktaufnahme erheblich unterschätzt hatte. In jedem Fall aber waren weit mehr als zwanzigtausend Themuraia seinem Ruf gefolgt – ein wahrhaft berauschendes Gefühl.
Und dabei kostete es ihn noch nicht einmal große Kraft, die Kontrolle über all diese Wesen zu behalten. Es war ganz ähnlich wie in einem Schwertkampf. Umklammerte man das Heft seines Schwertes zu verkrampft, so wurde es einem aus der Hand geprellt. Genauso verhielt es sich mit den Themuraia. Er durfte nicht versuchen, sie zwanghaft in irgendeine Richtung zu stoßen, er musste sie behutsam leiten, dann folgten sie seinem Willen völlig ohne Gegenwehr. Er fühlte sich sogar sehr wohl in ihrer Gegenwart, obgleich er sich durchaus vorstellen konnte, was für ein eigentümliches, möglicherweise gar beängstigendes Bild dies für die vielen Beobachter abgeben musste. Wie bei seinem gestrigen Zweikampf mit Arden wurde das Spektakel sowohl von den kirchlichen Heerscharen als auch von Ardens Truppen auf den Zinnen der ehernen Feste beobachtet. Der Citarim hatte sich überraschend dazu entschlossen, mit dem Zusammenziehen der Zargarmee bereits am heutigen Tag zu beginnen, und Arton fügte sich, obwohl er es für klüger gehalten hätte, zunächst Ardens verbliebene Truppen mithilfe Fendralins zu unterwerfen. Doch wie immer war sich der oberste Citpriester seiner Sache absolut sicher. Der Citarim hatte darauf verwiesen, dass es einen großen Teil seiner gerade anderweitig benötigten Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen würde, die menschlichen Truppen gegen deren Willen zu führen, und dass er diese Anstrengung daher erst zum letztmöglichen Zeitpunkt, nämlich unmittelbar vor ihrem Abmarsch zum Drachenhort, auf sich nehmen wolle. Bis dahin sollten sich die Menschen hinter den hohen Mauern Arch Themurs ruhig sicher fühlen. Das Kirchenheer würde unterdessen weiter vor den Toren kampieren und die letzten Vorbereitungen für die finale Schlacht treffen. Was die Bedrohung durch den Drachen betraf, so verwies der Glaubensführer mehrfach darauf, dass die Echse sich während ihres gesamten dreißigtägigen Aufenthalts außerhalb der schützenden Festung still verhalten hatte und daher keinerlei Veranlassung bestand, jetzt noch einen plötzlichen Überfall auf ihr Heerlager zu fürchten. Trotz dieser Aussage schien es der Citarim sehr eilig mit dem Aufbruch zu haben, was ihn auch früher als erwartet dazu veranlasst hatte, Arton das Herbeirufen der Themuraia zu befehlen.
Doch Arton war diese Beschleunigung der Schlachtvorbereitungen im Grunde ganz recht. Für ihn stellte es keine Mühsal dar, die Themuraia zu rufen, sondern er hatte es vielmehr kaum noch erwarten können. Jetzt, da er sie alle in seiner Nähe versammelt hatte, vermochte er noch tiefer in ihr
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