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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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bringe?«
    Die junge Frau kniff misstrauisch die Augen zusammen und überlegte einen Moment. »Du wirst mich persönlich auf schnellstem Weg dorthin bringen?«, wollte sie wissen.
    Rai stutzte. »Äh, nein, nein«, versuchte er richtig zu stellen, »ich sagte, ich gebe dir mein persönliches Ehrenwort, dass du schnell und sicher dorthin gelangst. Ich wollte eigentlich nicht selbst …«
    »Dann vergiss es«, schmetterte sie ab. »Wenn du mich nur wieder auf irgendein anderes Schiff setzen willst, dann kann ich es auch gleich mit diesem hier versuchen. Ich bin so oder so auf mich allein gestellt.«
    Rai verspürte große Lust, frustriert in eines der Taue zu beißen. Aber was blieb ihm schon für eine Wahl? Wenn er Belena nicht davon überzeugen konnte, das Schiff zu verlassen, würde sie vermutlich beim Versuch, zu Fuß von Skardoskoin aus Fendland zu erreichen, ums Leben kommen. Nach allem, was Rai gehört hatte, war Skardoskoin trotz der citheonischen Besatzung noch immer ein raues Land mit Räuberbanden, Wolfsrudeln, hohen Bergen, Schneestürmen und dergleichen mehr. Jedenfalls lud diese Gegend keinesfalls dazu ein, dort auf eigene Faust herumzuwandern.
    »Also schön«, seufzte er, nachdem er eine Weile mit sich gerungen hatte, »ich werde dich begleiten, sobald ich einen sicheren Weg dorthin gefunden habe.«
    »Und«, ergänzte Belena unerbittlich, »ab heute keine Ausflüchte mehr. Ich will so rasch wie möglich heim zu meinem Kind.«
    »Ist ja gut«, kapitulierte Rai. »Kommst du jetzt runter?«
    »Ich will dein Ehrenwort«, forderte Belena.
    »Ich gebe dir mein Ehrenwort«, antwortete Rai matt, »dass ich möglichst rasch einen sicheren Weg für dich nach Hause finde und dich auch noch auf deiner Heimreise begleiten werde. Zufrieden?«
    Belena zögerte noch ein wenig, so als überlege sie, ob es sich nicht doch um einen Trick handeln könnte. Aber dann schwang sie ein Bein über den Mastkorb und begann, mit ihrer Enterstange aufs Deck hinunterzuklettern.
    Die Schaulustigen spendeten Rai anerkennenden Applaus, als er mit der streitbaren blinden Passagierin endlich das Schiff verließ, und der Kapitän des Seglers verpasste ihm einen wohlgemeinten, aber deshalb nicht weniger schmerzhaften Schlag auf die Schulter.
    »Hätte nicht gedacht, dass du das hinkriegst, Kleiner … Anführer!« Er lächelte und machte sich dann daran, seine Besatzung wieder aufs Schiff zu scheuchen.
    Die Menge begann sich zu zerstreuen, während Rai mit grimmiger Miene und Belena im Schlepptau der Festung entgegenstapfte. Da hatte er sich ja wieder etwas Schönes eingebrockt. Warum musste er sich auch immer überall einmischen? Aber das waren eben die Schattenseiten seines neuen Lebens auf der Insel. Rai fühlte sich für das, was auf Andobras geschah, verantwortlich und konnte nicht einfach vorbeigehen, wenn es irgendwo Probleme gab.
    Die beiden passierten die neu errichtete steinerne Gedenktafel in der Mitte des Marktplatzes, auf der die Namen aller Andobrasier eingemeißelt waren, die bei der Schlacht um die Insel ihr Leben gelassen hatten. Ganz oben standen etwas abgesetzt die Namen Eringar Warrud und Deran Soldarin. Jedes Mal, wenn Rai hier vorbeikam, drohte ihn die Trauer beinahe zu ersticken, denn die Gräuel des Kampfes und der übermäßig hohe Blutzoll, den sie für ihre Freiheit bezahlt hatten, hafteten allem, was sie bisher erreicht hatten, als Makel an.
    Dennoch konnten sie stolz sein auf ihre freie Insel. Nicht nur, weil sämtliche zerstörten Häuser der Stadt in den beinahe anderthalb Jahren seit ihrem Sieg wieder aufgebaut worden waren, sondern weil es jetzt sogar noch mehr Häuser und Stadtbewohner als früher gab. Zum Teil waren die alten Gebäude mit einem zusätzlichen Stockwerk versehen worden oder man hatte an einigen Stellen einfach noch ein paar Häuser hineingequetscht, wo sich vorher ungenutzte Leerräume zwischen den Häuserzeilen befunden hatten. Dadurch stand nun vielen ehemaligen Minenflüchtlingen eine eigene Unterkunft zur Verfügung. Außerdem hatten sie auch damit begonnen, die Schmiedesiedlung nahe des Mineneingangs im Landesinneren zu einem größeren Dorf auszubauen. Die umliegenden Flächen waren nach und nach in fruchtbares Ackerland verwandelt worden, sodass Andobras nun bald in der Lage wäre, seinen Bedarf an landwirtschaftlichen Produkten selbst zu decken. Dann waren sie nämlich endlich nicht mehr gezwungen, das Schmuggelgut vom Festland zu völlig überteuerten Preisen zu erstehen. Sogar

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