Götterschild
würden. Aber da der Seeweg dorthin blockiert ist und es daher zu gefährlich ist, Fendland über das Meer zu erreichen, müssen auch sie abwarten, bis Megas die Passage endlich wieder freigibt. Aber wenn wir gleich alle gemeinsam darüber nachdenken, wie wir euch wieder nach Hause bringen, dann wird uns bestimmt etwas einfallen.«
»Meatril und Targ machen auf mich nicht den Eindruck, als hätten sie es sonderlich eilig, in die Heimat zurückzukehren«, wandte Belena ein. »Seit der Schlacht gegen Megas’ Truppen wirken sie eher so, als würden sie sich hier verkriechen. Ich will aber nicht darauf warten, bis sich die Ecorimkämpfer endlich aufraffen, die Heimreise anzutreten. Ich muss meine Tochter finden, alles andere zählt nicht.«
Rai musste der jungen Mutter insgeheim recht geben, denn tatsächlich waren Meatril und Targ seit dem Tod von Eringar und Deran nicht mehr dieselben. Sie hatten sich zwar am Wiederaufbau der Stadt beteiligt, aber es fehlte ihnen dabei jegliche Begeisterung und es schien, als sei dies für sie nur eine Möglichkeit gewesen, um sich von ihrem Schmerz abzulenken. Dieses Verhalten schien zwar noch verständlich, was Rai indes nicht wirklich begreifen konnte, war die Gleichgültigkeit, die die beiden bezüglich ihrer Rückkehr nach Seewaith an den Tag legten. Meatril hatte dieses Thema bisher noch nicht einmal angesprochen, geschweige denn etwas in dieser Richtung unternommen. Und Targ redete ohnehin kaum noch etwas, seit er vom Tod seines Bruders Deran erfahren hatte. Targ war zwei Tage nach der Schlacht um Andobras bewusstlos auf der Straße zur Schmiedesiedlung gefunden worden und man hatte ihn zur Pflege in eines der Krankenlager geschafft. Als Meatril ihm dann nach seinem Erwachen die schreckliche Kunde von Derans Tod überbrachte, schienen bei Targ sämtliche Dämme der Vernunft zu brechen. Es war einfach zu viel für ihn gewesen, dass er, in der Absicht, Megas zu stellen, seinen Bruder Deran sterbend zurückgelassen hatte, nur um dadurch unabsichtlich dazu beizutragen, dass der Mörder seines Bruders entkommen konnte. Wie von Sinnen quälte sich Targ damals trotz seines angeschlagenen Zustandes von seinem Wundlager hoch und bestand verbissen darauf, augenblicklich ein Schiff zu besteigen, mit dem er auf die Jagd nach Megas gehen könnte. Als ihn Meatril aufhalten wollte, schlug er seinen Waffenbruder mit der Kraft der Verzweiflung zu Boden und bedrohte anschließend sogar noch Barat und Rai, die hinzugeeilt waren, mit einem Messer. Hätten ihn nicht die Nachwirkungen seiner entbehrungsreichen Sumpfdurchquerung doch noch niedergezwungen, so wäre Targs Raserei wohl nur mit Gewalt zu stoppen gewesen. Nachdem er sich schließlich von Schwäche übermannt nicht mehr dagegen hatte wehren können, von seinen Freunden wieder zurück auf sein Lager gebettet zu werden, sank er für ganze zwei Wochen in eine tiefe, fiebrige Ohnmacht und es sah lange Zeit so aus, als wolle er seinem Bruder in Xelos’ Hallen nachfolgen. Aber, den Göttern sei Dank, kam es anders, und als er sein Bewusstsein zurückerlangt hatte, blieben auch weitere Ausbrüche zur Erleichterung aller aus. Allerdings schien es Rai seither so, als ob sich Targ in der Welt der Lebenden nicht mehr richtig zu Hause fühlte.
»Aber du musst doch einsehen«, versuchte Rai weiter Belena zu überzeugen, »dass es nichts bringt, auf diesem Schiff nach Skardoskoin zu reisen.« Er versuchte abermals ein wenig höher zu klettern, doch verharrte sofort, als Belena erneut zum Schlag ausholte.
»Jetzt lass den Unsinn«, beschwor er sie, »ich will dir doch nichts tun. Komm runter, dann gehen wir zurück zur Festung und reden noch mal über alles. Ich habe nämlich keine Lust, mir hier den Hals zu brechen.« Er schielte besorgt nach unten auf das Schiffsdeck, auf dem er bei einem Sturz aus dieser Höhe sicherlich alles andere als sanft landen würde.
»Dann solltest du mich einfach in Ruhe lassen«, antwortete Belena. »Kümmere dich nicht um mich, schließlich hast du das bisher auch nicht getan. Ich komme hier schon zurecht.«
Der kleine Tileter stöhnte. »Was könnte dich denn dazu bewegen, von dort oben runterzukommen?«, fragte er mühsam beherrscht. Seine Geduld erreichte langsam ihre Grenzen.
»Wie schon gesagt: nichts!«, erwiderte sie unversöhnlich.
»Wie wäre es denn«, schlug Rai vor, »wenn ich dir mein persönliches Ehrenwort dafür gebe, dass ich dich, so schnell es geht, auf einem sicheren Weg nach Seewaith
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