Götterschild
mit ernster Miene weiter, »wo ich wie jeden Tag seit eurem Verschwinden nach euch Ausschau gehalten habe. Und jetzt seid ihr auf einmal wieder da, einfach so. Dabei kann man sich schon etwas dumm vorkommen, milde ausgedrückt.«
»Es tut mir leid«, sagte Rai zerknirscht. »Ich habe ja versucht, euch zu benachrichtigen, aber es ging nicht. Es waren einfach unglückliche Umstände. Aber ich bin euch unglaublich dankbar, dass ihr trotzdem gewartet habt.«
»Das hast du hauptsächlich Belena zu verdanken«, meinte Meatril mürrisch. »Sie war der festen Überzeugung, dass du dein Versprechen an sie nicht brechen und bald wieder auftauchen würdest.« Er warf Targ einen missbilligenden Blick zu. »Inzwischen haben gewisse Leute sich anderweitig vergnügt und beinahe unser Schiff verwettet.«
»Das war keine Wette«, protestierte Targ, »sondern eine hier gebräuchliche und durchaus gepflegte Form der körperlichen Auseinandersetzung, die uns ja wohl nicht gerade zum Nachteil gereichte.« Er wies nicht ohne Stolz auf die gestapelten Waren rings um sie herum.
»Hat sich Belena wirklich so für mich eingesetzt?«, forschte Rai nach. Wieder einmal versetzte ihn die willensstarke Seewaitherin in Erstaunen.
»Ja, das hat sie«, bestätigte Targ, »aber du musst nicht glauben, dass unser alter Meatril dich hier einfach so zurückgelassen hätte. Er ist nur ein wenig verstimmt, weil er tagelang umsonst in der Stadt herumgelaufen ist. Er freut sich aber genauso wie ich, dass ihr wieder hier seid, auch wenn man ihm das nicht ansieht.« Targ streifte seinen Schwertbruder mit einem nachsichtigen Blick.
»Was uns zu der Frage bringt, wo ihr die ganze Zeit über gesteckt habt!« Meatrils Laune hatte sich nicht gebessert. »Ich meine, wir wussten ja, dass Selira ihr Heimatdorf sucht, aber ich hatte nicht vermutet, dass du, Rai, gleich auch noch verschwindest. Ich war der festen Überzeugung, dass euch etwas zugestoßen sein musste.«
»Na ja, wie soll ich das erklären«, versuchte sich Rai herauszuwinden. »Im Grunde ist uns ja auch etwas zugestoßen, wobei wir daran nicht ganz unschuldig waren, muss ich zugeben. Man könnte sagen, wir haben uns ein wenig leichtfertig auf ein Geschäft eingelassen. Allerdings hat sich das am Ende als glückliche Fügung erwiesen, aber um euch das alles zu erzählen, brauche ich ein wenig mehr Zeit als jetzt. Davon wird uns ja in den nächsten Tagen unserer Fahrt genügend zur Verfügung stehen, daher schiebe ich meinen kompletten Bericht noch bis dahin auf, wenn es recht ist. Was euch aber schon einmal vorab interessieren dürfte ist, dass ich Artons Bruder, Arden Erenor, den neuen König von Citheon getroffen habe.«
Die Ecorimkämpfer starrten den kleinen Tileter mit einem Ausdruck von so ungläubiger Verwunderung an, dass es schon beinahe komisch wirkte.
»Du hast was?«, fragte Meatril fassungslos. »Wo … wie … Sag mal, nimmst du uns auf den Arm?«
»Keineswegs«, meinte Rai, vergnügt über die Verwirrung, die er gestiftet hatte, und berichtete kurz von seinem Zusammentreffen mit Arden vor den Toren des belagerten Tanduco. »Ich muss aber sagen, dass ich ihn eigentlich sehr nett fand. Eure Erzählungen klangen ja immer so, als wäre er recht eingebildet und ein Spielball der Kirchenführer, aber er machte eher den Eindruck, als sei er ein durchweg aufrechter Herrscher, der sich nur seinem Gewissen verpflichtet fühlt. Er sprach von Ehre und Freundschaft, bevor er mich gehen ließ.«
Sichtlich mitgenommen von diesen Neuigkeiten, setzte sich Meatril auf eine nahe Kiste, während Targ anfing, erregt auf seiner Unterlippe herumzubeißen.
»Sollte Arden doch noch aufgewacht sein?«, murmelte Meatril vor sich hin.
»Aber warum widersetzt er sich dann nicht den Eroberungsplänen dieses machtlüsternen Citarim?«, wandte Targ aufgebracht ein. »Stattdessen hilft er ihnen, indem er ihre Belagerungsarmee anführt. Ich bin bloß froh, dass Eringar das nicht mehr erleben muss. Wenn er gehört hätte, dass Arden die Streitmacht kommandiert, die seine Heimatstadt einnehmen soll, hätte er ihn wahrscheinlich auf immer verflucht.«
»Du kannst nicht wissen, welche Rolle Arden bei dieser Belagerung spielt«, gab Meatril zu bedenken. »Möglicherweise ist er auch nur mitgekommen, um Schlimmeres zu verhindern. Vielleicht fehlt ihm inzwischen schon die Macht, um einen Angriff gänzlich abzuwenden.«
»Ach, komm schon«, widersprach Targ, »du weißt doch selbst, wie Arden ist. Er will
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