Götterschild
Gelegenheiten, bei denen es Arden vorzog, unerkannt zu bleiben. Aus diesem Grund verhüllte er sich, was es ihm ermöglichte, sich unbehelligt in der Stadt zu bewegen – eine der wenigen Freiheiten, die er sich nehmen konnte.
Als er am Fuß des Wachturms aus der Tür trat, sah er zu seiner Bestürzung unmittelbar vor sich Malun, der gerade behäbig aus seiner von nicht weniger als acht Männern getragenen Sänfte kletterte. Nicht einmal hier konnte ihn dieser feiste Priester in Frieden lassen.
»Ah, Eure Majestät«, rief ihm Malun entgegen, der ihn trotz seiner ins Gesicht gezogenen Kapuze sofort erkannte, »gut, dass ich Euch hier unten antreffe. Ich hätte mich nur ungern der Strapaze unterzogen, mich von meinen Trägern bis zur Spitze dieses Turmes befördern zu lassen.«
»Woher wusstet Ihr denn, dass Ihr mich hier finden könnt?«, verlangte Arden missmutig zu erfahren.
»Ach, diese Stadt ist wie ein Dorf«, entgegnete Malun leichthin. »Niemand bleibt unbemerkt, so sehr er sich das auch wünschen mag.«
Diese Antwort gefiel Arden gar nicht, ließ der beleibte Citdiener damit doch ziemlich dreist durchblicken, dass er bespitzelt wurde. Es hatte eine Zeit gegeben, da war ihm Malun als ein vertrauenswürdiger und kompetenter Berater erschienen, auf dessen Meinung er große Stücke gegeben hatte. Aber das ständige Agieren des Kirchenmannes hinter seinem Rücken hatte dieses zunächst fast freundschaftliche Verhältnis zerstört. Geblieben war nur noch Misstrauen.
»Ihr hättet mich doch auch im Palast aufsuchen können«, bemerkte Arden kühl. »Warum macht Ihr Euch die Mühe, bis ans Stadttor zu kommen?«
»Ich bin gerade zurückgekehrt von einer Truppeninspektion im Auftrag des Citarim und da ich wusste, dass Ihr um diese Tageszeit häufig den Torturm aufsucht, um Euch an dem Aufmarsch unserer Heerscharen zu ergötzen, habe ich die Gelegenheit ergriffen, um Euch ebenfalls über die Truppenstärken in Kenntnis zu setzen.«
Arden entspannte sich ein wenig, denn offensichtlich wollte Malun ihn diesmal ausnahmsweise nicht aushorchen oder mit irgendwelchen Nichtigkeiten beschäftigen. Tatsächlich interessierte es Arden brennend, wie viele Köpfe sein Heer nun genau zählte und woher die einzelnen Verbände kamen. »Das ist ein guter Vorschlag«, meinte er daher. »Warum nehmen wir nicht drinnen im Turm Platz und Ihr berichtet mir, was Ihr gesehen habt?«
»Ich würde es vorziehen, unsere Unterhaltung an einem gediegeneren Ort zu führen«, wehrte der Priester den Vorschlag ab. »Ich möchte Euch in meine Sänfte einladen, dort ist genug Platz für zwei. Außerdem ist es ohnehin Zeit für eine kleine Stärkung nach diesem anstrengenden Morgen und in Gesellschaft speist es sich erheblich besser.« Er machte eine auffordernde Geste, der Arden nach kurzem Zögern nachkam.
Das Innere der Sänfte erwies sich als erstaunlich geräumig. Auf zwei gegenüberliegenden gepolsterten Sitzbänken wäre im Grunde sogar Platz für vier Personen gewesen, jedoch benötigte Malun bereits eine Bank für sich allein, während der Sitzplatz auf der anderen Seite, wo sich Arden niederließ, durch eine reich verzierte Truhe eingeschränkt wurde. Dieses Behältnis öffnete Malun, kaum dass er seinen ausladenden Körper in die Sänfte gewuchtet hatte, und zauberte diverse Schälchen, Körbe und Tiegel daraus hervor, die allesamt mit unterschiedlichen, höchst ausgefallenen Speisen gefüllt waren.
»Ein kleiner Reiseproviant«, erklärte er mit einem wonnigen Grinsen. »Probiert die kandierten Etillnüsse, das ist eine Spezialität, die ich aus Etecrar mitgebracht habe. Ein Gedicht, sage ich Euch.«
Nachdem Arden dankend abgelehnt hatte, zuckte Malun bedauernd die Schultern. Während sich die Sänfte schaukelnd in Bewegung setzte, kam er schließlich zur Sache:
»Es wird euch freuen zu hören«, berichtete er kauend, »dass die Heerschau beinahe abgeschlossen ist. Jedes der citheonischen Stammländer hat inzwischen seine Armee hierher entsandt, das sind fünfzehn Tausendschaften aus Warrun, einundzwanzig aus Tiletien, siebzehn aus Ghalwed und Neriwa sowie zwölf aus Tibennar. Dazu kommen noch Eure eigenen Truppen mit einer Stärke von beinahe vierzigtausend Mann. Wir erwarten des Weiteren Kontingente aus Etecrar, das werden noch einmal gut zwanzigtausend Streiter sein. Auf unserem Zug nach Norden werden sich uns dann die Heere Süd- und Nordantheons anschließen, jeweils etwa fünfundzwanzig Tausendschaften, und es steht zu
Weitere Kostenlose Bücher