Göttin der Rosen
sich eine weitere Tür befand. Zu Mikkis Überraschung sah man durch sie das Tageslicht.
»Weißt du, die Höhle ist eigentlich nicht sehr höhlentypisch. Ich meine, sie ist gemütlich und sehr hübsch. Ich finde, man könnte sie …« Sie hielt inne und dachte nach, während er mit ihr auf das Licht zuging. Dann trat er aus dem Tunnel in einen großen Raum mit einer nach oben geöffneten Decke, durch die der Morgenhimmel zu sehen war. Und durch die auch der Dampf von den sprudelnden heißen Quellen entweichen konnte. »Ich finde, man könnte sie als Paradies bezeichnen!«, hauchte Mikki überwältigt.
Asterius lachte, als er sie auf den Boden stellte. In Sekundenschnelle hatte sie die Reste ihres Chitons abgestreift, ging mit einem zufriedenen Seufzen die glatten Stufen hinunter und ließ sich in das wunderbar warme Wasser gleiten. Hinter sich hörte sie ihn kurze scharfe Befehle in der magischen Sprache ausstoßen, mit der er Dinge zu sich rief, und als sie den Kopf wandte, sah sie zwei Körbe erscheinen. Einer war gefüllt mit Seife, sauberen Handtüchern und weichem Chitonstoff. Der andere enthielt Essen, und sie seufzte glücklich.
Asterius hob eine Kristallflasche aus dem ersten Korb und lächelte Mikki zu. Sie erwiderte das Lächeln, wunderte sich aber, warum er plötzlich so schüchtern aussah.
»Was ist?«, fragte sie ihn.
»Deine Seife«, antwortete er und hielt die Flasche in die Höhe.
»Ich meinte nicht die Flasche. Ich meinte deinen Gesichtsausdruck.«
»Ich möchte dich gern etwas fragen.«
»Okay.« Dann fing sie an zu lachen. »Du siehst ein bisschen verschmitzt aus.« Das warme Mineralwasser weckte ihre Lebensgeister wieder, und sie lächelte ihn verführerisch an. »Hast du Lust, ein bisschen ungezogen zu sein?«
»Ich … ich würde dich gern baden«, stieß er hastig hervor. Und dann errötete er heftig unter seiner Bronzehaut, was Mikki zutiefst erstaunte.
»Das wäre wunderbar«, antwortete sie.
Er ging an den Rand des Pools und stellte die Kristallflasche ab. Dann entledigte er sich des ledernen Brustharnischs und der kurzen Tunika, die er darunter trug. Sie liebte es, seinen Körper zu betrachten, der sich ihr immer mehr offenbarte. Er war so kraftvoll, eine so umwerfende Mischung von Extremen – Mann und Tier –, genau wie auch sein Geist Extreme in sich vereinte: Er war wild und voller Mitgefühl, und in ihm verbanden sich kindliche Unschuld und uraltes Wissen zu einem Wesen, das wahrhaft anders und absolut einmalig war. Erst als er zu ihr in den Pool stieg, bemerkte sie, dass das Blut auf seinem Körper nicht nur von ihren Wunden stammte, sondern dass seine Arme über und über von Kratzern und Bissspuren bedeckt waren.
»Sie haben dich verletzt!« Sie zog ihn zu sich und begann, seine Verletzungen im warmen Wasser zu baden. »Ich bin so ein Idiot! Hast du Verbandsmaterial? Oh – ein paar Verletzungen sehen aus, als müssten sie genäht werden. Es gibt doch sicher eine Ärztin in meinem Reich. Lass uns die Wunden auswaschen, dann rufe ich sie zu uns und …«
Asterius hielt ihre Hände fest. »Ich brauche die Heilerin nicht.«
Stirnrunzelnd sah sie ihn an. »Hör mal, ich hab im Krankenhaus gearbeitet. Glaub mir, du brauchst einen Arzt.«
Aber er lächelte nur und küsste sie zärtlich. »Deine Fürsorge wärmt mir das Herz.«
»Schön, das freut mich. Aber es würde mir das Herz erwärmen, wenn wir eine Ärztin rufen.«
»Mikado, ich bin ein Unsterblicher. Ich brauche keine Heilerin. Meine Wunden heilen von selbst.«
Noch immer mit gerunzelter Stirn, hob Mikki seinen Arm und starrte ihn an. »Du hast recht! Sie verheilen!«
»Bist du jetzt zufrieden?«
»Ich bin total perplex«, sagte sie. »Aber definitiv erleichtert.« Sie spritzte Wasser über seine Arme, berührte die Bissspuren und beobachtete, wie die Wunden sich schlossen. »Gibt es irgendeine Verletzung, die du nicht selbst heilen kannst?«
»Wenn du sagen würdest, du liebst mich nicht mehr, wäre ich ein für alle Male zerstört.«
Sie sah ihm in die Augen. »Dann wirst du ewig leben.«
Asterius nahm die Kristallflasche vom Beckenrand. »Lass mich dir zeigen, wie sehr ich dich liebe, Mikado.«
Sie stand auf, so dass das Wasser ihr nur noch bis zum Bauch reichte, nahm ihm die Flasche ab, goss sich eine großzügige Menge der dicken Flüssigkeit über Nacken, Arme und Brüste, und stellte die Flasche wieder auf den Beckenrand. Der berauschende Duft des Salböls der Empousa vermischte sich mit der Hitze
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