Göttin der Rosen
sie den Balkon und betrat das wunderschöne, rosenverzierte Schlafzimmer.
Wie ein kleiner Schwarm bunter, exotischer Fische drehten die jungen Frauen sich zu ihr um und knicksten erneut.
»Empousa!«, rief die Brünette, »Euer Zeremonialgewand wartet schon auf Euch.« Sie zeigte auf ein atemberaubendes Gewand aus lila Seide, das ausgebreitet auf Mikkis Bett lag.
»Danke sehr«, sagte sie ganz automatisch. »Aber bevor ich es anziehe, sollten wir uns miteinander bekannt machen. Ich heiße« – sie zögerte nur einen kurzen Augenblick – »Mikado. Wie ihr wahrscheinlich schon wisst, bin ich durch seltsame Umstände hierhergekommen, und all das hier ist neu und ziemlich überwältigend für mich.«
Die Brünette runzelte die Stirn. »Seid Ihr in Eurem eigenen Land keine Empousa?«
»Nein«, antwortete Mikki.
Die vier jungen Frauen sahen schockiert aus.
»Wenn Ihr keine Empousa wart, was habt Ihr dann gemacht?«, fragte die Brünette.
»Ich war …« Mikki wählte ihre Worte sorgfältig. »Ich war die Assistentin einer sehr wichtigen Frau. Sie hat kranke Menschen versorgt.«
Das schien die Brünette nur noch mehr zu verwirren. »Diese Frau kann unmöglich so wichtig gewesen sein wie Hekate.«
»Nein!«, stimmten die anderen lautstark zu.
Damit hatten sie wohl recht. »Vielleicht hat mich die Arbeit für eine nicht ganz so wichtige, äh, Göttin auf meinen Job hier vorbereitet.« Mikkis Lippen zuckten, als sie sich vorstellte, was ihre Chefin davon halten würde, dass sie sie als Göttin bezeichnete.
»Job?«, kicherte das Mädchen mit den flammend roten Haaren. »Hekates Empousa zu sein, das ist kein Job. Es ist Bestimmung.«
»Ein göttliches Privileg!«, fügte die Dienerin in dem butterblumengelben Kleid hinzu.
»Ja, das begreife ich langsam.« Mikki fühlte sich, als würde sie verzweifelt an den Zügeln eines davongaloppierenden Pferdes zerren. »Aber dort, wo ich lebe, ist alles ganz anders. Ich werde etwas Zeit brauchen, um mich an meine Bestimmung zu gewöhnen.«
Die tiefgrünen Augen der Brünetten wurden groß, als sie plötzlich verstand. »Ihr seid aus der gewöhnlichen Welt!«, rief sie entgeistert.
»Ja, ja, das bin ich.« Mikki nickte.
Alle vier Dienerinnen starrten sie entsetzt an, und das Mädchen mit den goldblonden Haaren presste sich eine Hand auf den Mund, als müsste sie ein Schluchzen unterdrücken.
»So schlimm ist es dort wirklich nicht«, versicherte Mikki ihnen schnell. Sie hatte das Gefühl, dass sie zumindest Tulsa verteidigen musste. »In meiner alten Welt gibt es viele interessante Leute und Dinge. Wie zum Beispiel das Internet und« – sie griff nach Strohhalmen – »und ein paar echt schöne Restaurants. Vor allem am Utica Square.« Alles andere als überzeugt, starrten die Dienerinnen sie nur weiter wortlos an. Zeit, das Thema zu wechseln, beschloss Mikki. »Wie wär’s, wenn ihr mir eure Namen sagt, dann ziehe ich mich an, und ihr könnt mir helfen, mich auf den Rest der Nacht vorzubereiten?«
»Wie unhöflich von uns, Empousa!«, rief die Brünette erschrocken aus und warf den anderen drei Mädchen einen strengen Blick zu. »Ich bin Gii.«
»Ich heiße Floga«, stellte die schöne Rothaarige sich vor.
»Mich könnt Ihr Nera nennen«, sagte die Blondine, die Mikki, zusammen mit Gii, willkommen geheißen hatte.
»Und ich bin Aeras«, schloss das letzte Mädchen.
»Ich freue mich sehr, euch kennenzulernen.« Mikki lächelte die vier jungen Frauen mit den ungewöhnlichen Namen an und hoffte inständig, dass sie mit der Zeit ihre Verbündeten werden würden.
»Sollen wir Euch beim Ankleiden helfen, Empousa?«, erkundigte sich Gii.
Mikki hätte gern mit einem entschiedenen »Nein, danke« geantwortet, aber als sie das Gewand auf ihrem Bett näher betrachtete, wurde ihr klar, dass sie keine Ahnung hatte, was sie damit machen sollte. Vielleicht um ihren Körper wickeln wie eine Toga? Aber wie wurde es zusammengehalten? Und wo war ihre Unterwäsche?
»Also gut. Kleidet mich an.«
»So kann ich nicht in die Öffentlichkeit. Wirklich nicht. Da fehlt doch bestimmt noch irgendwas.« Mikki starrte ungläubig in den Ganzkörperspiegel. Die tiefviolette Seide wurde über ihrer rechten Schulter von einem geflochtenen, silbernen Band zusammengehalten und wand sich von dort diagonal um ihren Körper, so dass ihre linke Brust und ihr rechtes Bein von der Hüfte bis zum Fußgelenk absolut und vollkommen nackt waren.
Wieder runzelte Gii die Stirn. »Aber Mikado, das ist
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