Göttin der Rosen
ob Ihr – na ja, ob Ihr vielleicht …« Die kleine Wasser-Frau hielt inne und schaute die anderen Dienerinnen nervös an, die ihr aufmunternd zunickten. Nera versank noch ein wenig tiefer im Wasser, als versuchte sie, in ihrem Element Kraft zu tanken, und brachte ihr Anliegen dann hastig zu Ende: »Ich hab mich gefragt, ob Ihr vielleicht bereit wärt, einen Einladungszauber für mich und, na ja, für ein paar andere zu wirken.«
Mikki bemerkte die erhitzten rosafarbenen Wangen der Dienerin des Wassers, die höchstwahrscheinlich nicht vom warmen Bad stammten.
»Ich würde gern einen Einladungszauber für dich und – und deine Freundinnen wirken. Aber was wollen wir einladen und wohin?«
»Das Was sind Männer«, antwortete Nera schüchtern, und jetzt waren ihre Wangen nicht mehr rosa, sondern knallrot.
»Und das Wo ist hier«, ergänzte Floga.
»Hm«, machte Mikki. »Ich wollte euch schon fragen, wie das so ist ohne Männer.«
»Es gibt keine Männer im Reich der Rose«, erklärte Gii.
»Du meinst, abgesehen vom Wächter«, entgegnete Mikki.
Gii runzelte die Stirn. »Der Wächter ist kein Mann. Er ist ein Biest.«
Mikki machte den Mund auf, um zu protestieren, aber Floga kam ihr zuvor. »Es gibt keine Männer im Reich, weil die Männer nur herkommen dürfen, wenn die Empousa einen Einladungszauber an die Alte Welt schickt. Da es im Reich lange Zeit keine Empousa gegeben hat, sind auch lange Zeit keine Männer eingeladen worden.«
Mikki starrte Floga an. »Willst du damit sagen, dass kein Mann bei euch gewesen ist, seit der Wächter verbannt worden und die letzte Empousa weggegangen ist?«
»Ja«, antworteten die vier Element-Frauen wie aus einem Mund.
»Wie lange ist das her?«
Einen Moment antwortete niemand. Dann flüsterte Gii: »Sehr lange, Empousa.«
Und da hatte Mikki geglaubt, ihr Liebesleben wäre verbesserungswürdig. Im Vergleich zu diesen Mädchen hier war sie die Königin der Romanzen.
»Dann werde ich einen Einladungszauber wirken. Einen großen – und zwar sofort.«
Gii lachte. »Morgen ist früh genug, Empousa. Heute Abend sind wir zu müde, da hätten wir nicht mehr viel von der Einladung.«
»Gut, dann eben morgen. Wie wäre es, wenn wir nur bis Mittag arbeiten, dann beschwöre ich den Kreis, und wir versuchen uns mit ein bisschen Zauberarbeit?«
»Solange der Mann, den Ihr für mich einladet, nicht zu klein ausfällt«, scherzte Floga. » Kleine Männer interessieren mich nicht, nicht mal nach all der langen Zeit.«
Nera kicherte und bespritzte ihre Freundin Floga mit Wasser. Gii beschimpfte sie im Spaß und meinte, sie wäre viel zu heißblütig und anspruchsvoll, und Aeras witzelte, dass sie durchaus bereit war, Floga mit einem kühlen Nordwind zu versorgen, wenn diese es wünschte. Mikki lächelte und beobachtete das Spiel der Dienerinnen, aber in Gedanken war sie nicht bei ihnen. Nein, sie dachte an bronzefarbene Haut, an eine tiefe, kraftvolle Stimme und daran, wie das Kerzenlicht auf ebenholzschwarzen Hörnern schimmerte.
Ob sie wohl immer nervös sein würde, wenn sie ihn rief? Zum hunderttausendsten Mal schaute sie sich auf dem Balkon um, ob sie auch wirklich allein war. Der Tisch war vorbereitet, gedeckt mit einem Krug Wein und zwei Kelchen. Hoffentlich hatte er nicht gewartet, weil er dachte, er würde mit ihr essen. Zum Essen hatte sie ihn nicht eingeladen. Oder doch? Nein – nein, sie erinnerte sich genau daran, dass sie ihn nur gebeten hatte, sie zu besuchen – und nicht, sie zu besuchen und wieder mit ihr zu essen. Sie strich mit der Hand über den weichen Stoff ihres Chitons. Heute Abend trug sie einen aus einem sensationellen, anliegenden Material, das sich wie Seide an ihren Körper schmiegte, und zwar genau im Grünton ihrer Augen. Sie wusste, dass die Farbe ihr ausnehmend gut stand, und auch, dass Daphne ihn ihr nach dem Bad gebracht hatte, weil sie sich etwas besonders Schönes zum Anziehen gewünscht hatte. Sie wollte schön sein für ihn. Für Asterius …
»Komm zu mir«, flüsterte sie in die Nacht hinaus.
Sie fühlte, wie er sich näherte, erkannte es an der Steigerung von Energie und Kraft in der Atmosphäre – ganz ähnlich wie vor einem Gewitter.
»Guten Abend, Mikado.«
»Hallo, Asterius.« Sie deutete auf den Tisch. »Möchtest du ein Glas Wein? Ich hoffe, du hast schon gegessen, die Dienerinnen wollten das Abendessen nämlich mit mir im Bad einnehmen, und sie haben heute so hart gearbeitet, dass ich nicht ablehnen wollte.«
»So soll es
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