Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt
wie ein Stein, egal, wie salzhaltig das Meer angeblich war und wie sehr sie sich bemühte.
»Es ist endlich verkauft, an eine Großfamilie«, sagte Claire. »Oder zwei Familien. Ich weiß nicht genau, wie die zusammenhängen, aber anscheinend sind es zwei Väter, die Brüder sind. Sie haben beide Kinder, also sind die alle Cousins?« Claire runzeltedie Stirn. »Auf jeden Fall haben die Leute, die da eingezogen sind, einen Haufen Kinder, die alle ungefähr im selben Alter sind. Und sie haben zwei Jungs , die in unsere Klassenstufe kommen.«
»Lass mich raten«, erwiderte Helen, ohne eine Miene zu verziehen. »Du hast deine Tarotkarten befragt und festgestellt, dass sich beide Jungs unsterblich in dich verlieben und sich einen tragischen Kampf auf Leben und Tod liefern werden.«
Claire trat Helen gegen das Schienbein. »Nein, du doofe Nuss. Es ist für jede von uns einer da.«
Helen rieb sich das Bein und tat so, als würde es wehtun. Aber selbst wenn Claire mit aller Kraft zugetreten hätte, war sie nicht stark genug, um auch nur einen blauen Fleck zu verursachen.
»Einer für jede von uns? Das war’s? Sonst ist bei dir doch immer alles hochdramatisch«, ärgerte Helen sie. »Das ist viel zu einfach. Das klappt nie. Aber wie wäre es damit?«, stichelte sie weiter. »Wir verlieben uns beide in denselben Jungen oder den falschen – jedenfalls in den, der nichts von uns wissen will –, und dann kämpfen wir beide auf Leben und Tod.«
»Wovon redest du eigentlich?«, fragte Claire zuckersüß, betrachtete konzentriert ihre Fingernägel und heuchelte Unverständnis.
»Gott, Claire, das ist ja alles so vorhersehbar«, warf Helen ihr lachend an den Kopf. »Jedes Jahr staubst du diese alten Tarotkarten ab, die du damals auf dem Schulausflug nach Salem gekauft hast, und sagst jedes Mal etwas total Verblüffendes voraus. Aber das Einzige, was mich jedes Mal verblüfft, ist die Tatsache, dass du zu Beginn der Winterferien immer noch nicht ins Langeweile-Koma gefallen bist.«
»Warum wehrst du dich dagegen?«, protestierte Claire. »Duweißt, dass uns irgendwann etwas Aufregendes passieren wird. Du und ich, wir sind viel zu toll, um ganz normal zu sein.«
Helen zuckte mit den Schultern. »Ich bin sehr zufrieden damit, ganz normal zu sein. Ehrlich gesagt, wäre es für mich ein echter Schock, wenn du mit deinen verrückten Vorhersagen ausnahmsweise einmal richtigliegen würdest.«
Claire legte den Kopf zur Seite und starrte sie an. Helen strich sich das Haar hinter dem Ohr hervor, um ihr Gesicht zu verbergen. Sie hasste es, wenn man sie ansah.
»Das weiß ich. Ich glaube nur, dass du niemals ganz normal sein wirst«, sagte sie nachdenklich.
Helen wechselte das Thema. Sie plauderten über ihre Stundenpläne, das Lauftraining und ob sie sich einen Pony schneiden sollten oder nicht. Helen fand, dass ihr eine neue Frisur guttun würde, aber Claire war strikt dagegen, dass sie ihren langen blonden Haaren mit einer Schere zu Leibe rückte. Plötzlich fiel ihnen auf, dass sie, ohne es zu merken, zu dicht an den Teil der Fähre gekommen waren, den sie die »Perversen-Zone« nannten, und zogen sich eilig zurück.
Beide hassten diesen Bereich der Fähre, aber für Helen war es besonders schlimm. Er erinnerte sie an diesen ekligen Typen, der sie einen Sommer lang verfolgt hatte, bis er eines Tages von der Fähre verschwunden war. Aber anstatt erleichtert zu sein, dass er sie nicht mehr belästigte, hatte sie das Gefühl gehabt, selbst etwas falsch gemacht zu haben. Sie hatte nie mit Claire darüber gesprochen, aber da war dieser helle Blitz gewesen, und dann hatte es nach verbrannten Haaren gerochen. Und dann war der Kerl einfach weg gewesen. Helen wurde bei dem Gedanken daran immernoch ganz schlecht. Sie zwang sich zu einem Lächeln und ließ sich von Claire in einen anderen Bereich der Fähre ziehen.
Jerry tauchte beim Anlegen wieder auf und sie gingen von Bord. Claire winkte zum Abschied und versprach, Helen am nächsten Tag bei der Arbeit zu besuchen, aber da es der letzte Tag der Sommerferien sein würde, rechnete Helen nicht wirklich damit.
Helen arbeitete in den Ferien ein paar Tage in der Woche für ihren Vater, der Mitbesitzer des Inselladens war. Abgesehen von der Morgenzeitung und einer Tasse Kaffee, bekam man im News Store auch Karamellbonbons, Gummitierchen und Toffees, die in echten Kristallgläsern gelagert wurden, und Lakritzschnüre, die halbmeterweise verkauft wurden. Außerdem hatten sie immer frische
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