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Gold. Pirate Latitudes

Gold. Pirate Latitudes

Titel: Gold. Pirate Latitudes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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wurde, hielt er die Augen starr auf das feindliche Schiff gerichtet, das näher und näher kam.
    Er hatte schwere Verluste erlitten. Sieben Männer waren tot und zwölf verletzt; zwei Geschützstände waren zerstört. Er hatte den Bugspriet mit allem Segel verloren; er hatte das Besantoppsegel und die Großsegeltakelung auf der Leeseite verloren; er hatte zwei Treffer unter die Wasserlinie bekommen, und die El Trinidad nahm rasch Wasser auf. Schon jetzt spürte er, wie sie tiefer im Wasser lag und nicht mehr so schnell war, sondern irgendwie schleppend und tranig vorankam.
    Er konnte nicht versuchen, die Lecks abdichten zu lassen. Seine Leute hatten schon alle Hände voll damit zu tun, das Schiff einigermaßen auf Kurs zu halten. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis es unmöglich zu steuern war oder glattweg sank.
    Er blinzelte durch den Qualm auf das spanische Schiff. Es war nur noch schwer zu sehen. Trotz des starken Windes waren die beiden Schiffe von beißendem Rauch umhüllt.
    Das Kriegsschiff schloss rasch auf.
    »Siebenhundert Yards«, sagte Lazue tonlos. Sie war verletzt. Ein scharfkantiges Holzstück hatte ihr schon bei der fünften Salve den Unterarm aufgerissen. Sie hatte sich rasch eine Aderpresse unterhalb der Schulter angelegt und widmete sich weiter ihrer Aufgabe, ohne auf das Blut zu achten, das zu ihren Füßen aufs Deck tropfte.
    Eine weitere Salve kam kreischend angeflogen und brachte die Galeone mit mehreren Treffern ins Schaukeln.
    »Sechshundert Yards.«
    »Klar zum Feuern!«, rief Hunter und beugte sich vor, um das Ziel ins Fadenkreuz zu nehmen. Er visierte die Mitte des spanischen Kriegsschiffs an, das jedoch unvermutet ein wenig vorrückte. Jetzt hatte er das Heckkastell im Visier.
    Auch gut, dachte er, während er das Schwanken der El Trinidad durch das Fadenkreuz abschätzte. Langsam bekam er ein Gefühl für den Rhythmus, auf und ab, auf und ab, sah mal den grauen Himmel, dann nur Wasser, dann wieder das Kriegsschiff. Dann grauen Himmel, als die El Trinidad weiter nach oben schaukelte.
    Er zählte vor sich hin, wieder und wieder, bewegte dabei lautlos die Lippen.
    »Fünfhundert Yards«, sagte Lazue.
    Hunter wartete noch einen Augenblick länger. Dann zählte er.
    »Eins«, rief er, als das Fadenkreuz gen Himmel zeigte. Dann sank die Galeone nach unten, und die Umrisse des Kriegsschiffs glitten rasch vorbei.
    »Zwei«, rief er, als das Fadenkreuz in die schäumende See zeigte.
    Es folgte ein kurzes Zögern in der Bewegung. Er wartete.
    »Drei!« Er rief, als die Aufwärtsbewegung begann.
    »Feuer!«
    Die Galeone erbebte und bockte ruckartig nach oben, als alle dreißig Kanonen gleichzeitig feuerten. Hunter wurde so heftig nach hinten gegen den Hauptmast gerissen, dass ihm die Luft wegblieb. Er merkte es kaum – er wartete auf die Abwärtsbewegung, um zu sehen, was mit dem Feind passiert war.
    »Du hast getroffen«, sagte Lazue.
    Und tatsächlich. Die Wucht des Einschlags hatte das spanische Schiff zur Seite geschleudert, sodass das Heck nach außen schwenkte. Die Umrisse des Heckkastells waren jetzt eine gezackte Linie, und der gesamte Besanmast stürzte in einer seltsam langsamen Bewegung mit Segeln und allem ins Wasser.
    Doch im selben Augenblick sah Hunter, dass er zu weit vorne getroffen hatte, um das Ruder zu beschädigen, aber nicht weit genug vorne, um den Steuermann zu erwischen. Das Kriegsschiff war noch immer manövrierfähig.
    »Nachladen und ausfahren!«, rief er.
    Auf dem spanischen Schiff herrschte ein gehöriges Durcheinander. Er wusste, dass er Zeit gewonnen hatte. Ob er allerdings die zehn Minuten gewonnen hatte, die er für die Vorbereitung der zweiten Salve brauchte, das blieb abzuwarten.
    Am Heck des Kriegsschiffs waren Seeleute hektisch damit beschäftigt, die Taue des gestürzten Besanmastes zu kappen, um ihn vom Schiff wegzubekommen. Einen Augenblick lang sah es so aus, als würden die im Wasser treibenden Trümmer mit dem Ruderblatt zusammenstoßen. Doch dazu kam es nicht.
    Hunter hörte das Rumpeln unter seinen Füßen, als die Kanonen ein Deck tiefer eine nach der andern neu geladen und zurück in die Schießscharten geschoben wurden.
    Das spanische Kriegsschiff war jetzt näher, keine vierhundert Yards auf backbord, doch für den Abschuss einer weiteren Breitseite fuhr es noch in einem zu schlechten Winkel.
    Eine Minute verging, dann noch eine.
    Die Spanier hatten ihr Schiff wieder fest im Griff, als der Besanmast mitsamt Segeln und Takelung im Kielwasser

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