Verführerische Unschuld
1. KAPITEL
“Was ist das denn jetzt?”, fragte sich Grant und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
Hinter ihm ragte der Copper Mountain empor, der sich wie ein riesiger dunkler Wal vor dem Himmel abzeichnete. Vor ihm erstreckte sich graue Wüste bis in weite Ferne, wo eine Staubwolke die Ankunft eines unerwarteten Besuchers ankündigte. Der Anblick war Grant äußerst unwillkommen.
Es war ein unerträglich heißer Tag hier auf dem Bohrfeld. Grant war müde und schlecht gelaunt, und das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war eine weitere Unterbrechung. Er folgte einem sehr knapp bemessenen Zeitplan, und vor einer Stunde war der Bohrungsleiter mit einer Alkoholfahne aus der Schlafbaracke gestolpert. Der Besitzer der Bohrgesellschaft hatte sich anerboten, als Bohrungsleiter einzuspringen, aber mit seinen achtundfünfzig Jahren war Paddy Flynn kein junger Mann mehr, und die schwere Arbeit auf dem Bohrfeld, ebenso wie die unvernünftigen Anforderungen, die er immer an seinen Körper gestellt hatte, hatten ihn so ausgelaugt, dass er jetzt nicht mehr zu einer so anstrengender Arbeit fähig war.
Grant weigerte sich, das Leben der Angestellten in die Hände eines verantwortungslosen Trunkenbolds zu legen, und so blieb ihm keine andere Wahl, als den Bohrungsleiter auf der Stelle zu feuern und den Job selbst zu übernehmen. Er war eine Art Feuerwehrmann, der auf allen Bohrstellen der “L.L. Drilling Operations” nach dem Rechten sah.
Viele gab es nicht mehr davon. Alle wussten, dass dieses Projekt die letzte Hoffnung des Unternehmens war, finanziell wieder auf die Füße zu kommen. Um es mit Paddys Worten zu sagen: wenn sie nicht bald auf eine besonders ergiebige Quelle stießen, würde das Loch in ihren Taschen größer sein als das Bohrloch.
Mit jedem Jahr sah Grant seinen Traum von einer eigenen Ranch immer weiter in die Ferne rücken. Er hatte sich das Land schon ausgesucht, ein herrliches Fleckchen Erde in der unberührten Wildnis von Wyoming, das am Fuß eines Berges lag. Wenn Grant die Augen schloss, konnte er es fast sehen und das Rauschen des Flusses hören, der sich in Schlangenlinien durch eine Weidefläche wand, die das Herz jedes Ranchers höherschlagen ließ.
Das Geräusch eines bremsenden Fahrzeugs zwang ihn, die Augen wieder zu öffnen. Irgendwie schien er Ärger anzuziehen. Er stöhnte leise auf, als die Fahrertür des brandneuen Jeeps geöffnet wurde und der Besucher aus dem Wagen stieg. Eine aufregende Frau in engen Jeans und T-Shirt, die eine sowieso schon widerspenstige Mannschaft ablenkte, das hatte ihm gerade noch gefehlt. Die Männer waren gereizt, seit sie erfahren hatten, dass ihr Kumpel Harry abserviert worden war und der härteste Vorgesetzte seine Stelle übernommen hatte.
“He, Baby!”, brüllte jemand, als die junge Frau die Tür öffnete und in die Sonne hinaustrat.
Grant verstand nicht, wie sich jemand auf den Weg zu dieser abgelegenen Bohrstelle machen konnte. Die Frau hatte sich entweder verirrt oder war so reich, dass es ihr nichts ausmachte, ihren neuen Wagen den Schotterpisten dieser rauen Gegend auszusetzen. Sie war Grant auf Anhieb ziemlich unsympathisch.
Aber selbst aus der Entfernung konnte er sehen, dass sie umwerfend aussah. Ihr glänzendes dunkelbraunes Haar reichte ihr bis zu den Schultern, und da Grant schon immer ein Faible für Dunkelhaarige gehabt hatte, regte sich in ihm gegen seinen Willen doch ein gewisses Interesse. Die Männer pfiffen bewundernd.
Grant schob seinen Schutzhelm aus der Stirn und fluchte leise. Obwohl er das machohafte Benehmen seiner Leute nicht guthieß, hoffte er insgeheim, dass das Gejohle der Männer dieses kleine verirrte Lamm verscheuchte, bevor es sich mitten unter die Wölfe begab. Die meisten von ihnen hatten seit mehr als einem Monat keine Frau mehr gesehen, geschweige denn eine, die ausschaute, als ob sie den Seiten eines Kinomagazins entsprungen wäre. Und dort hatte er sie wahrscheinlich auch gesehen, denn irgendwie kam sie ihm bekannt vor.
Leider entschloss sich die Frau nicht für das Klügste und stieg wieder in ihren Jeep, sondern ging selbstsicher auf die Stufen zu, die zum Bohrturm führten, als ob man sie hier erwarten würde. Ihr Gang war genauso elegant wie die Art, wie sie das Kinn hob und die Pfiffe und Spötteleien der Männer einfach ignorierte. Grant nahm an, dass sie entweder sehr mutig oder sehr dumm sein musste. Er vermutete Letzteres.
Seufzend unterbrach er seine Arbeit und ging
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