Gold
fragte Mum. »Was machst du denn da?«
»Gar nichts.«
Die Adern in ihren Armen waren dunkelblau und dünn und führten nirgendwohin, so als hätte jemand mit einem Kugelschreiber den Schaltplan eines nutzlosen Droiden auf ihren Körper gemalt und dann die menschliche Haut darübergespannt. Die Adern ihres Vaters traten wie Kabel unter der Haut hervor und transportierten das Blut zielstrebig zum Herzen. Vermutlich war Dad der stärkste Mann der Welt. Sie begriff nicht, wie er sie – ihen zerbrechlichen, kranken Körper – anschauen konnte, ohne Angst zu bekommen. Sie musste versuchen, stark und tapfer zu wirken.
»Du kannst ruhig einen Schlenker fahren. Das macht mir nichts aus.«
Dad schaute sie im Rückspiegel an. »Warum sollte ich?«
»Weil uns ein TIE-Fighter verfolgt.«
Zoe machte eine ernste Miene. »Stimmt. Maximale Kraft auf die hinteren Deflektorschilde, Sophie.«
Sophie grinste und drückte den Befehlsknopf neben ihrem Sitz, um Zoes Anweisung auszuführen.
»Turbolaser abfeuern!«, kommandierte Zoe, und Sophie gehorchte.
»Du musst auf ihre Koordinaten zielen!«
Sophie war verblüfft, wie gut Zoe sich auskannte. Als der TIE-Fighter zerstört war und sie alle wieder in Sicherheit waren, entspannte sie sich in ihrem Sitz. »Danke, Han!«
Zoe drehte sich nach hinten um. Sie hatte Tränen in den Augen, das verstand Sophie nicht ganz. Sie hatte nicht gejammert und sich wirklich Mühe gegeben, nicht krank auszusehen, und es machte sie ein bisschen wütend und traurig, wenn Leute Mitleid mit ihr hatten.
Sie musste unbedingt weiterlächeln.
»Schon gut«, sagte sie. »Ich fühl mich super!«
Beetham Tower, 301 Deansgate, Manchester
Zoe stieg aus dem Wagen und winkte den Argalls nach. Sophies Neumondgesicht schaute sie durch die Heckscheibe unbefangen an, so wie es früher Zoes Bruder Adam getan hatte, und die Tatsache, dass in Sophies Augen kein Vorwurf zu lesen war, machte die Situation nur noch schlimmer.
Zoe merkte, dass sie zitterte. Sie hatte kaum geschlafen, und die Episode auf dem Todesstern hatte sie aufgewühlt. Die Rückfahrt war noch schlimmer gewesen. Sophie sah wirklich aus, als würde sie sich bald verabschieden, und Kate wollte es nicht wahrhaben, und Jack … was Jack dachte, wusste sie nicht genau.
Ein einziger Tag mit dieser Familie kam ihr vor wie ihr ganzes Leben. Sie wusste nicht, wie sie es aushielten. Es gab so wahnsinnig viele Emotionen, aber nichts ausreichend Konkretes, über das man hätte weinen können. Es war unmöglich.
In ihrer Wohnung beschloss sie, einen Kaffee zu trinken. Das kam ihr vernünftig vor. Sie konnte sich ohne weiteres vorstellen, dass eine Frau, die mit weniger komplizierten Gefühlen zu kämpfen hatte, sich in diesem Moment einfach sagen würde: Also, ich mache mir jetzt einen Espresso. Das war das Beste, was sie sich von diesem Tag noch erhoffen konnte: etwas zu tun, was normale Leute auch taten, und darauf zu setzen, dass sich deren ganz normales Wohlbefinden wie durch einen Zauber auf sie übertrug.
Ein Aprilregen ging herab. Der Gehweg vor der Eingangshalle des Beetham Tower war mit orangefarbenen Kegeln und rot-weißem Sicherheitsband abgesperrt. Ein gelber Kran hievte Olivenbäume in den Himmel. Zoe blieb stehen und sah zu. Dutzende Bäume warteten darauf, nacheinander in die Höhe gehoben zu werden. Die Stämme waren in Blasenfolie gehüllt, die Wurzelballen in orangefarbene Säcke. Der Wind, der um das Hochhaus pfiff, ließ die Unterseiten der Olivenblätter gleich einem Schwarm silberner Fische aufblitzen.
Zoe kniff die Augen ein wenig zusammen, um sie vor dem Regen zu schützen, und beobachtete, wie ein Baum kreiselnd in den schiefergrauen Himmel stieg und sich in den Fenstern des Hochhauses spiegelte. Das ging schon seit zwei Tagen so. Die Bäume waren für das Penthouse einen Stock über ihrer Wohnung bestimmt. Die Hausverwaltung wollte ein »grünes Paradies« mit Vögeln, Pflanzen und Wasserspielen – als Andenken an die Erde.
Zoe sah den Bäumen nach, aber sie konnte nicht lange auf der Straße bleiben, sonst würden die Leute sie erkennen. Auf der anderen Straßenseite befand sich eine von hinten beleuchtete Reklametafel, auf der in riesigen Ausmaßen ihr eigenes Gesicht zu sehen war. Sie trug grünen Lippenstift, die großen grünen Augen wurden von grünem Haar umrahmt. In der Hand mit den grün lackierten Nägeln hielt sie eine Flasche Perrier, an der sich winzige Wassertröpfchen niedergeschlagen hatten. Am besten kalt ,
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