Goldfieber
erwischt wurde.
Warum sollten die Drachen das Opium zurücklassen? Es war wertvoll, selbst wenn es nicht beliebt war. Man kann es exportieren. In Venageta gibt es einen florierenden Markt dafür.
»Aber du hast doch alle Gestaltwandler erwischt, oder nicht?«, fragte mich Morpheus. Er klang so jammernd, wie ich ihn noch nie gehört hatte.
»Nein. Mindestens einer ist uns entkommen. Ich dachte eine Weile, es müsse Sankt Norden sein. Ich dachte, er wäre in der Nacht, in der er angegriffen worden war, wirklich gestorben.« Es hatte nur eine kleine Veränderung des Blickwinkels erfordert, um meinen Verdacht zu schüren. Zusammen mit Erinnerungen an sein merkwürdiges Verhalten in der Weider-Villa, als Adolph sich standhaft geweigert hatte, uns auf dem Tanzboden des Saals Gesellschaft zu leisten. Er hatte Angst gehabt, Singe und ihrer großartigen Nase zu begegnen. Es hatte noch andere Hinweise gegeben, doch nachdem ich meine Gedanken geordnet hatte, mich zurücklehnte und nichts anderes mehr im Sinn hatte, musste ich zugeben, dass der Adolph, der nach der abgebrochenen Säuberung zum »Dudelsack« zurückkehrte, unmöglich ein Gestaltwandler hatte sein können. So gern ich ihm das auch angehängt hätte. Aber ich war genauso sicher, dass er hatte getötet werden sollen und dass er nach dem Angriff hatte ausgetauscht werden sollen. Er sollte angeblich schwer verletzt nach Hause zurückkehren, was dann sein verändertes Verhalten nach der Übernahme erklärt und entschuldigt hätte. Mich beschlich das Gefühl, dass er sich vorläufig etwas zurückgezogen hatte, während Tama Montezuma seine Befehle überwachte, genauso wie sie es bei den Wölfen getan hatte. Und ich hatte den ganz starken Verdacht, dass Adolphs Haut tatsächlich von marodierenden Zwergen gerettet worden war. Was für eine Ironie, die dem Verrat angeblich wahrer Anhänger in nichts nachstand und die Sankt Nordens frisch gebackene Spiritualität erklärte. Aber das kaufte ich ihm nicht wirklich ab. Vielleicht, weil es meine Vorurteile nicht befriedigte. Oder weil es immer noch zu viele offene Fragen gab.
Ich sagte mir, dass immer offene Fragen bleiben. Wo Lebewesen verwickelt sind, werden nie alle Fragen geklärt. Die Wahrheit ist noch ausweichender als Kobolde. Zur Hölle, ich hatte so manches Bier mit Kobolden geleert. Die Wahrheit ist oft in eine täuschende Verkleidung gehüllt, jedenfalls wenn sie mir begegnet.
»Das hier ist neu«, sagte ich zu Tama, deutete auf ihren Opiumkram und schob ihn mit dem Fuß noch weiter weg, als sie wieder danach griff. »Sollte Adolph in der Nacht von einem Wandler ersetzt werden, als er angegriffen wurde? Sie wussten doch von den Gestaltwandlern, oder nicht? Da haben Sie doch schon für Glanz Großmond gearbeitet.«
Sie versuchte, meinen Fragen auszuweichen, indem sie sich auf ihre Sucht konzentrierte und weiter versuchte, ihre Pfeife zu erreichen. »Sie haben mich gezwungen«, jammerte sie. »Sie wussten, was ich vorhatte. Gerris muss es ihnen verraten haben.« Sie zeigte keinerlei Reue, als sie fortfuhr: »Gerris glaubte, dass er mit mir gehen würde, wenn ich fortging.« Damit bestätigte sie meinen Verdacht.
Es traf mich wie ein Blitzschlag. »Sie waren das draußen vor der Tür der Weider-Villa, als Gerris Mecki Lancelot getötet hat.« Natürlich.
Tama nickte. »Gerris hatte es herausgefunden. Er war vollkommen aufgeregt. Wir stritten. Dann tauchten der Krüppel und der andere Mann auf, und Gerris dachte sich eine alberne Geschichte aus, um sich zu retten. Aber der, der an die Tür kam, hat mich gesehen … Ich habe sie nicht ernst genug genommen. Sie haben mir das alles angetan. Um sich zu rächen.«
»Mit ›sie‹ meinen Sie Gerris' Freunde, richtig? Die Bruderschaft Des Wolfs?« Ich hatte vor, ihr ein Geständnis zu entreißen, und wenn ich ihr dafür ein Fuder Salz in die Wunden reiben musste. Diese Frau war eine professionelle Lügnerin und vermutlich in einem Zustand, in dem sie jedem die Schuld in die Schuhe schieben würde, der ihr gerade einigermaßen zupass kam.
»Adolph hat sich mit ihnen ausgesöhnt, nachdem sie ihn beinahe umgebracht haben. Sie waren ganz aufgeregt. Und sie waren bereit, alles zu tun …«
»Tama, sparen Sie sich die Mühe. Ihr Kopf ist nicht klar genug. Im Moment können Sie sich einfach keine besonders glaubhafte Geschichte mehr ausdenken. Adolph konnte sich gar nicht mit den Wölfen versöhnen. Er war viel zu wütend auf sie. Was sie getan hatten, konnte sein
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