Goldfieber
konzentriert.
Wir folgten der Rättin ins Innere des Hauses. Aber nicht durch die Vordertür. Wir zwängten uns auf dem Rattenweg durch einen gewaltigen Riss im Fundament und landeten in einem stinkenden, voll gemüllten Kellergewölbe, in dem es so dunkel war, dass selbst Morpheus nichts sehen konnte. Er musste sich von Singe zu einer wackligen Treppe führen lassen. »Haltet Euch dicht an der Wand«, murmelte sie. »Vor allem Ihr, Garrett. Sonst hält sie möglicherweise Euer Gewicht nicht aus.« Das klang fast so, als wollte sie vorlaut werden. Sie brauchte Übung. Vielleicht konnte ich ihr Den Gottverdammten Papagei als Dauerleihgabe andrehen.
Die Treppe knarrte bedenklich. Ich musste niesen, obwohl ich mich bemühte, es zu vermeiden. Morpheus hatte ebenfalls Probleme mit der staubigen Luft. Warum waren wir denn nicht den Weg gegangen, den die Menschen nahmen? Ich stellte diese Frage erst mal zurück. Möglicherweise war Singe gar nicht auf diese Idee gekommen. Wir sind alle Gewohnheitstiere.
Tama Montezuma war eine Frau mit vielen Talenten, aber ein leichter Schlaf gehörte offenbar nicht dazu. Im Gegenteil. Sie schnarchte wie ein betrunkener Maat. Das passte so gar nicht zu ihr.
Ein süßlicher Duft hing noch in der Luft. Als Singe eine Lampe anzündete, damit ich sehen konnte, erkannte ich den Geruch. Verbranntes Opium. Opium zu rauchen ist ein eher seltenes Laster in TunFaire. Es ist eine teure und gefährliche Leidenschaft in einer Gegend, in der billigere und sicherere Ersatzstoffe einem genauso gut das Hirn wegblasen und einen dazu bringen, zu sabbern und sich noch blöder anzustellen.
Mir war zwar nichts aufgefallen, was darauf hindeutete, dass sie süchtig wäre, aber viele Junkies funktionieren die meiste Zeit sehr gut, vorausgesetzt, sie verfügen über das nötige Kleingeld.
Das Licht der Lampe fiel auf eine Frau, die vollkommen heruntergekommen war und keine Ähnlichkeit mit meiner Tama Montezuma aus dem »Dudelsack« mehr hatte. Diese Tama war zu ihren Wurzeln zurückgekehrt und noch ein Stück darüber hinaus, und das beinahe im Handumdrehen. Das war nicht die Tama, die alle zu finden hofften. Das war eine Tama, die vollkommen verzweifelt war, eine Tama, die keinen Grund mehr hatte weiterzuleben. Das war eine Tama, die bestimmt nicht irgendwo ein Vermögen versteckt hatte.
»Du hättest sie selbst ergreifen können«, murmelte Morpheus Singe zu. »Unsere Hilfe hättest du nicht gebraucht.« Er sah mich an, und ich erkannte an seinem Blick, dass wir beide gerade dasselbe dachten.
»Das stimmt. Aber es sah nicht so aus, als gäbe es hier etwas zu holen.«
Unser Gespräch weckte Tama. Sie rappelte sich mühsam auf. Sie hatte weder gegessen noch sich sonderlich gepflegt. Aber es gelang ihr, mich anzusehen. »Also hast du mich endlich gefunden.«
»Ich war ein bisschen langsam. Singe musste mich unterstützen.« Ich sagte Tama nicht, dass ich nicht nach ihr gesucht hatte.
Sie griff nach ihrer Pfeife. Morpheus schob sie mit dem Fuß zur Seite, außerhalb ihrer Reichweite. Wenn sie süchtig war, dann würde sie besser kooperieren, wenn man diese Möhre vor ihrer Nase baumeln ließ.
»Sieh zu, dass du Singe unter die Haube kriegst, bevor sie noch älter oder schlauer wird, Garrett. Sie hat diesmal nicht nur dir, sondern auch dem Toten Mann etwas vorgespielt.«
»Du hast nicht zufällig eine Silbermünze dabei?«
»Sie trägt ein silbernes Armband. Genauso wie die Frau.«
Genauso wie die Frau. Sie waren beide keine Gestaltwandler. »Tama«, sagte ich. »Willst du mir etwas erzählen?«
»Das Vermögen, von dem alle glauben, dass ich es gestohlen habe … Ich hab's nicht. Und sie wussten es. Sie haben es gefunden. Es war nicht da, wo es hätte sein sollen, als ich es holen wollte.« Tama bekam zwar ihren Blick nicht unter Kontrolle, aber ihr Verstand funktionierte einwandfrei. »Sie haben nur das Silber zurückgelassen, das ich genommen hatte, und das Opium, das ich als Investition gekauft hatte. Sie erwarteten wohl, dass ich mich selbst zerstören würde.«
Ich hatte heute Abend einen Verstand wie ein Rasiermesser. Ich begriff die Antwort, die sie mir gegeben hatte, noch bevor ich fragte, aber ich stellte die Frage trotzdem. »Und wer sind ›sie‹?«
»Die Gestaltwandler. Die Drachen.«
Vielleicht. Aber glauben mochte ich das noch nicht so ganz. Ich tippte eher auf die Wölfe, die hofften, dass Tama glaubte, die Drachen wären es gewesen, und mit dem Finger auf sie zeigten, wenn sie
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