Goldmond
Feuer, das ihr fremd war, nicht ihr eigenes, und sie vernichtete.
Sie kannte diesen Zauber. Im Kloster des Abends hatte man ihr davon berichtet, dass er nur von Magiern gewirkt werden konnte, die sowohl über die Kräfte des Feuers geboten als auch Macht über die Pflanzen besaßen. Er war nur in den Anfängen heilbar, denn er entzog dem Wesen, das er befallen hatte, die Magie und damit alle Kraft des Lebens, die ein Heiler hätte beeinflussen können.
Sie betrachtete wieder ihren Körper und sah, dass der Feuerdorn bereits über ihren ganzen Oberkörper gewuchert war. Ein noch dünner, junger Trieb hatte seine dornige Spitze in ihr Hauszeichen gebohrt, und es schien Sanara, als winde die Sonnenechse, die sonst still auf dem Diamanten der Amadians ruhte, sich entsetzt, um dem Gift auszuweichen.
Es war vergeblich. Der Dorn stach zu, geradezu gierig. Die Echse schien aufzuschreien, und in diesem Augenblick fühlte auch Sanaras Seele einen Stich.
Für einen Augenblick überwältigten die Unausweichlichkeit ihrer Lage und die Trauer darüber Sanara. Sie ging in die Knie und schluchzte auf. Erst nach einem Augenblick, der in seiner Qual einer Ewigkeit glich, ebbten die reale Agonie und der Schmerz um das, was hätte sein können, ab.
Doch noch war ein Teil von Sanaras Seele sich ihrer selbst bewusst. Es kostete Kraft, aber sie schaffte es, den Schmerz beiseitezudrängen. Sie wusste nicht, woher sie die Energie nahm, doch sie erhob sich und löste ihren Blick von ihrem sterbenden Körper.
Sanara wandte sich dem Altar zu und ging in die Knie. Obwohl es nur ihr Seelenbild war, das sich bewegte, biss sie die Zähne zusammen, um nicht vor Qual aufzuschreien, die auch die kleinste Bewegung in ihr verursachte.
Sie erkannte den Ball aus Amethyst, der in den Flammen lag, und sah die silbrigen Funken, die aus ihr selbst in den Ball hineintanzten. Sie bildeten ein glänzendes Band, das beide Siegelmiteinander verknüpfte und über das ihr Leben, vertrieben vom Feuerdorn, ihren Körper und ihre Seele verließ.
Wieder drohte der Kummer Sanara zu überwältigen.
Ys hatte ihr, Sanara, das Siegel gegeben, sodass es mit ihr verbunden war. Die Macht des Siegels war Teil ihres Leibes und ihrer Seele geworden und hätte hier im Heiligtum des Südens durch den Segen des Syth und mit Telarions Hilfe von ihr getrennt werden sollen. Die Kraft, die dadurch freigeworden wäre, hätte dem Schöpfergeist der Veränderung das Tor in diese Welt geöffnet.
Doch Ireti Landarias hatte die Macht, die Ys gehörte und den Syth hätte befreien sollen, für sich und ihre eigenen Zwecke haben wollen.
So hatte sie ein Gefäß geschaffen, das die Kraft der Ys und die ihres Geliebten in sich bergen sollte – den Ball, der nun in heiligem Feuer brannte und der ihr, Sanara die Kraft entzog, die Ys ihr verliehen hatte.
Sanara sog scharf den Atem ein, als ihr klar wurde, wie die Königin versucht hatte, die Schöpfergeister zu überlisten und ihre Kraft für sich zu nehmen, und fragte sich, wie jemand so anmaßend sein konnte. Zorn flackerte in ihr auf, sie griff unwillkürlich nach dem glitzernden Band, das von ihr zu der Kugel im Feuer reichte, und wollte es zerreißen.
Doch ihre Hand fuhr hindurch. Es war, als habe sie keine Macht über ihre eigene Energie.
Entsetzt hielt sie inne, als sie erkannte, was ihr Herz bereits wusste: dass sie nichts gegen den Energiefluss tun konnte, der ihr mehr und mehr die Kraft entzog.
Vielleicht kann ich dir helfen. Es bleibt nicht viel Zeit.
Die Stimme klang warm und dunkel. Sie schien ihren Ursprung hinter den Flammen zu haben, hinter dem Feuer auf dem Altar, in dem das neugeschaffene Siegel brannte und ihr unerbittlich die Lebenskraft nahm.
Sanara sah genauer hin, aber die Flammen flackerten so stark, dass sie die Gestalt dahinter kaum sehen konnte. Dennoch kanntesie den, der gesprochen hatte und dessen Stimme nun eine unbekannte Melodie sang.
Es war Ronans Seelenbild, das bei ihr war, und sein Gesang brachte Trost.
Langsam kam der Musikant hinter dem Altar hervor und blieb neben ihr stehen. Seine Gestalt leuchtete in einem tiefen, beinahe blutigen Rot, in dem silbrige und purpurne Linien Spiralen und Muster bildeten, die sich unendlich fortzusetzen schienen.
Es war Sanara, als wäre die Farbe von Ronans Seelengestalt dunkler als je zuvor, die violetten und silbrigen Linien darin schwächer als sonst. Seine Gestalt flackerte und zerfaserte an den Rändern, als fehle ihm die Kraft.
Du bist schwach , sagte
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