Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall
Herr Hauptkommissar …, aber ich wusste ja nicht …, dass Sie den Mann kennen«, stammelte der junge Uniformierte.
»Kennen ist vielleicht zu viel gesagt«, zischte Tannenberg.
Blitzschnell durchforsteten seine Augen die weitläufige Eingangshalle. Als er den Leichnam nicht gleich entdeckte, drehte er sich mit einer geschwinden Bewegung in Richtung des Beamten um.
»Wo liegt er denn?«, rief er dem eingeschüchterten Polizisten zu.
»Im Bad!«
»Und wo ist das Bad? Mann, los sagen Sie schon!«
»Oben … Ich glaub … zweite Tür rechts!«, stotterte der junge Streifenbeamte.
Tannenberg war schon auf dem Weg dorthin. Mit kurzen, schnellen Schritten trippelte er die halbkreisförmige Terrakotta-Treppe hinauf ins erste Obergeschoss. Um möglicherweise vorhandene Spuren nicht zu verwischen, mahnte er sich trotz der unbändigen Spannung, die von ihm Besitz ergriffen hatte, selbst energisch zur Vorsicht und betrat das mit weißem Marmor geflieste und mit großen Spiegelflächen bestückte, edle Badezimmer auf Zehenspitzen.
Dann sah er etwas, das er für lange Zeit nicht mehr vergessen sollte – ein skurriles Bild, das sich tief in ihn eingrub: Christian Berger lag auf dem Rücken in einem großen dreieckigen Luxuswhirlpool. Der Kopf war auf einem Schaumstoffkissen gebettet; der Körper lag nach vorne zur Raummitte hin ausgestreckt, die Knie allerdings waren stark angewinkelt und ragten mit ihren Spitzen ein wenig aus dem Wasser hervor.
Eigentlich nichts Ungewöhnliches, sollte man meinen, schließlich handelte es sich bei dieser Beschreibung doch lediglich um eine Wiedergabe der Zustände, die um diese Uhrzeit wahrscheinlich millionenfach in Deutschland in dieser oder ähnlicher Form hinter verschlossenen Badezimmertüren herrschten.
Was allerdings nicht so recht in diese traditionelle Vorstellung von einem sonntäglichen Körperpflegeszenario hineinpassen wollte, war, dass der nackte Mann in der weißen Luxuswanne drei Kugeleinschläge in seiner Brust aufwies. Untrügliche Anzeichen für eine massive äußerliche Gewaltanwendung, wie es so treffend im Polizeijargon hieß – und die ursächlich dafür verantwortlich war, dass Christian Berger wohl nie mehr aus eigener Kraft seinen exklusiven Entspannungstempel verlassen konnte.
Denn an der Tatsache, dass der Mann tot war, bestand für Tannenberg auch ohne die fachwissenschaftliche Analyse des Gerichtsmediziners nicht der geringste Zweifel. Zu offensichtlich waren die direkt in die Herzgegend abgegebenen Schüsse.
»Wolf, wo bist du denn?«, rief plötzlich eine wohlbekannte Stimme aus dem Eingangsbereich der Villa.
»Hier oben!«, antwortete Tannenberg mit lauter Stimme und ergänzte: »Karl, hast du den Leichenknipser dabei? Den brauch ich nämlich jetzt unbedingt!«
»Nein, aber ich kann genauso gute Pin-up-Fotos von dir schießen, wenn du willst«, scherzte der Kriminaltechniker, der gemeinsam mit zwei, ebenfalls in die für Spurensicherungsmaßnahmen vorgeschriebenen Plastikanzüge gehüllten Kollegen die Treppe heraufgestiegen kam.
»Zieht euch das hier mal in aller Ruhe rein!«, bemerkte der Leiter des K1 mit einem für ihn doch eher ungewöhnlichen Ausflug in die aktuelle Jugendsprache.
»Wahnsinn!«, kam es aus drei Mündern gleichzeitig und war alles, was den Männern zu diesem Anblick einfiel.
Wie gebannt starrten sie regungslos auf das mit gelben Schaumresten übersäte goldfarbene Wasser. Zahlreiche Massage- und Luftsprudeldüsen sorgten zum einen dafür, dass das Badewasser permanent umgewälzt wurde – und zum anderen, dass eine Unzahl darin herumschwimmender Goldtaler immerfort durcheinander gewirbelt wurden.
»Das sind doch diese ekligen Dinger, die innen mit so einem unglaublich zähen Karamell gefüllt sind, und die man nie weich bekommt, egal wie lange man sie im Mund hat«, bemerkte einer der Spurensicherer.
»Ja, genau die sind das«, murmelte Tannenberg zustimmend vor sich hin, während Mertel schon damit begonnen hatte, dieses beeindruckende Ambiente fotografisch für die Nachwelt festzuhalten.
Erst jetzt registrierte er die etwa einen halben Meter links von dem Oberkörper des Toten auf dem Fliesenboden in einem Edelstahlkühler befindliche Champagnerflasche und den recht unauffällig zwischen mehreren, mit edlen Badeessenzen gefüllten Behältnissen stehenden Champagnerkelch, mit dem sehr treffend die gegenwärtige Situation beschreibenden Slogan › Midas-Power-Investments – Der Weg in Ihre goldene Zukunft!‹
»Kann
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