Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall
Renditen, die sie mit ihrem Geld bei uns einstreichen könnten.«
Wie ein Chamäleon seine Farbe, so wechselte der Vertriebscoach schlagartig seinen Gesichtsausdruck: Unbändige Energie und Dynamik verdrängten die gespielte Lethargie.
»Und das wollen wir doch ändern, Herr Geiger, nicht wahr?«, schrie er in den Raum hinein, während seine rechte Faust auf die Schreibtischplatte niederfuhr.
»Selbstverständlich, Herr Weinhold!«
»Gut. Sie haben ja in Ihrem Heimatdorf vor allem im Sportverein und in Ihrer Nachbarschaft die neuen Klienten gewonnen. Das war schon mal strategisch sehr klug, wirklich sehr klug!«
»Danke.«
Geiger strahlte über das ganze Gesicht.
»Und nun wollen wir neue Absatzmärkte für die attraktiven MPI -Finanzprodukte erschließen. Sie wissen, was ich meine, Herr Geiger?«
»Natürlich: meine Kollegen. Wir haben ja am Telefon schon darüber geredet.«
»Genau! Denn wie kann man wohl am besten die Leute, die sich über unsere Investment-Möglichkeiten informieren, von der Seriosität unserer Firma überzeugen?«
Weinhold blickte sein Gegenüber fragend an und als dieser nicht umgehend reagierte, schob er nach: »Natürlich in dem wir unsere potentiellen Klienten über die Zusammensetzung unserer Investorengemeinschaft aufklären. Da haben wir ja nichts zu verbergen; da können wir sogar sehr stolz darauf sein.«
Zufrieden lehnte er sich für einen Augenblick in seinem Ledersessel zurück, um dann aber gleich wieder nach vorne zu schnellen und Geiger mit seinem stechenden Blick aus nur kurzer Entfernung zu fixieren.
»Denn nicht umsonst wendet sich MPI mit seiner Vermögensberatung besonders an die Mitglieder von Berufsständen, die in der Bevölkerung hinsichtlich Seriosität ein besonders hohes Ansehen genießen, wie z.B. Ärzte, Apotheker, Lehrer, Finanzbeamte – und eben Polizisten.«
»Genau!«, stimmte der Kriminalbeamte zu. »Die Leute sagen sich nämlich: Wo Polizisten ihr Geld hinbringen, kann ich meins auch ohne Bedenken hinbringen. Denn wenn mit dieser Firma was nicht in Ordnung wär, hätten die das bei der Polizei doch schon längst mitgekriegt. Die wären ja nicht so blöd und würden die Firma, bei der sie ihr mühsam verdientes Geld anlegen, nicht vorher überprüfen.«
»So ist es, Herr Geiger. Aber Sie wissen ja selbst, welche infamen Gerüchte die neidische Konkurrenz schon über uns verbreitet hat. Und genau davor können wir uns am besten schützen, wenn wir besonders seriöse Klienten betreuen.«
»Das ist ganz wichtig.«
»Und wie erschließt man am besten neue Klientengruppen?«
Wieder wartete Carlo Weinhold nicht die Reaktion seines Mitarbeiters ab.
»Das haben schon die alten Rodenbacher Bauern gewusst. Mein Vater hat nämlich immer gesagt: Junge, merk dir das für dein Leben – mit Speck fängt man Mäuse!«, ergänzte er schnell.
»Ja, die Bauern sind ganz schön schlau!«
»Und wie diese bewährte Strategie bei Ihren Kollegen aussehen könnte, haben wir ja schon am Telefon besprochen.«
»Genau: Die Mäuse sind die Polizisten und der Speck ist der Porsche, den ich mir jetzt kaufen gehe.«
»Herr Geiger, Respekt! Sie lernen wirklich sehr schnell und Sie bringen die Dinge immer genau auf den Punkt. Dann mal los. Auf zu neuen Taten! Übrigens gibt es im Leben durchaus unangenehmere Verpflichtungen, als sich einen Porsche kaufen zu müssen. Oder stimmt das etwa nicht, Herr Geiger?«
»Doch, natürlich stimmt das!«
»Der Chef hat Sie übrigens schon im Porsche-Center avisiert. Die werden Ihnen dort ein paar supertolle Autos präsentieren, von denen Sie sich eins aussuchen können. Zu nahezu unglaublichen Sonderkonditionen natürlich. Das versteht sich ja wohl von selbst. Das Unternehmen ist ja schließlich auch ein sehr guter Kunde von uns!«
»Die auch?«
»Klar! Also los, kaufen Sie sich jetzt endlich Ihren Porsche!«
»Mit Vergnügen«, übte sich Kriminalhauptmeister Geiger in weltmännischer Rhetorik.
Wenig später stand er wieder draußen vor dem MPI -Gebäude – nun allerdings um 64.000 Euro reicher. Wie im Märchen, wenn einem eine liebe Fee gerade einen Wunsch erfüllt hat, dachte er kopfschüttelnd, während er sich zu Fuß zur Sparkassenfiliale in der Merkurstraße aufmachte. Denn eines war ihm sonnenklar: Er wollte nicht mit einem Stück Papier sein Traumauto kaufen, sondern er wollte es cash bezahlen.
Der junge Sparkassenangestellte staunte nicht schlecht, als er mit Geigers Wunsch nach Barauszahlung des hohen Betrages
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