Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall
gleich wieder. Schließlich wird bei Tannenbergs immer um 12 Uhr zu Mittag gegessen – und zwar um Punkt zwölf! Und bis dahin kann man ja wohl noch ein wenig ruhen, schließlich ist heute Sonntag – und die Dienstbesprechung findet ja erst in drei Stunden statt.
Aber an solch einem verhexten Tag, an dem die finsteren Mächte des Schicksals nichts anderes im Sinn zu haben schienen, als eine arme wehrlose Kreatur mit ihren blutrünstigen Kampfhunden über ein mit heimtückischen Tretminen gespicktes Gelände zu treiben, konnte man von seinen Peinigern anscheinend keinerlei Rücksichtnahme erwarten.
Plötzlich läutete das Telefon.
»Wolfi, das Mittagessen ist gleich fertig. Kommst du runter?«, fragte Mutter Tannenberg freundlich.
»Ja … klar …«, stotterte er verschlafen. »Sag mal, was ist denn das für’n Krach bei euch da unten? Was ist denn das für ein blöder Köter?«
»Wolfi, das ist kein blöder Köter, das ist die arme Susi. Und die ist eben sehr traurig und aufgeregt, weil ihr Frauchen sie nicht mit ins Altersheim nehmen durfte«, schluchzte Margot Tannenberg ergriffen.
Das war nun doch wirklich zu viel des Guten! Erst dieses schreckliche Kläffen – und jetzt weinte Mutter auch noch! Und alles nur wegen dieses nervigen Mistviehs!
Tannenberg war total außer sich.
Obwohl er als unverbesserlicher, chronischer Morgenmuffel direkt nach dem Wachwerden normalerweise nur zu langsamen Bewegungen fähig war, sprang er an diesem Sonntagmittag geradezu in seinen verwaschenen alten Jogginganzug. Ohne sich auch nur der geringsten Körperpflegemaßnahme zu unterziehen, begab er sich anschließend ins Treppenhaus, wo er von einer stark übergewichtigen Dackelhündin knurrend empfangen wurde.
»Mutter, sperr sofort diese elende Bestie weg! Sonst setz ich nie mehr auch nur einen Fuß in eure Wohnung«, drohte er ungehalten.
»Ach Gott, ist der Herr Hauptkommissar mal wieder schlecht gelaunt. Und das am Sonntag«, rief sein Vater aus dem Inneren der Parterrewohnung. Als Tannenberg nicht sofort auf seine Provokation reagierte, ergänzte er: »Warum ist mein Herr Sohn denn so empfindlich? Hat er etwa mal wieder einen schwierigen Mordfall zu lösen? Vielleicht einen mit einer verkohlten Leiche?«
»Woher weiß unser Sherlock Holmes aus der Beethovenstraße denn das nun schon wieder?«, gab Tannenberg verblüfft zurück, während seine Mutter den sabbernden und zitternden Hund auf den Arm nahm und ihn die wenigen Treppenstufen hinunter in den Innenhof trug.
»Ja, wenn man so wie ich immer nett zu den Leuten ist, dann erfährt man eben von ihnen auch einiges … Zum Beispiel von Paul Wagner … Sein Sohn ist nämlich bei der Feuerwehr … Und der hat …«
»Ach so, jetzt versteh ich«, unterbrach Tannenberg und wandte sich seiner Mutter zu, die gerade die Küche betrat. »Kann dieses kleine, fette Mistvieh denn nicht laufen?«
»Doch, Wolfi, aber Susi darf keine Treppen gehen. Wegen der Dackellähmung, hat die Erna Faber gesagt. Es ist so traurig, dass die arme Frau ins Altersheim muss. Nur weil keines ihrer Kinder sie haben will.« Margot Tannenberg blickte ihrem Sohn fest in die Augen. »Gell, Wolfi, du steckst uns später mal nicht ins Altersheim?«
»Nein, bestimmt nicht«, antwortete er und nahm seine Mutter, deren faltenumkränzte Augen sich mit glasiger Flüssigkeit gefüllt hatten, tröstend in den Arm. Da Tannenberg dieses Thema mit all seinen ungeklärten Fragezeichen nur allzu gerne verdrängte, startete er sogleich ein Ablenkungsmanöver. »Was gibt’s denn heute eigentlich Feines zu essen?«
Kaum hatte dieser Satz seine Lippen verlassen, stand er schon erwartungsvoll vor dem Gasherd und lupfte den Deckel des größten der drei Edelstahltöpfe. »Pfui Teufel! Gefüllte Paprikaschoten. Warum Mutter? Du weißt doch ganz genau, wie sehr ich dieses Zeug hasse! Wenn ich die Dinger sehe, muss ich immer daran denken, wie widerlich es quietscht, wenn man drauf beißt. Dann läuft’s mir sofort eiskalt den Rücken runter.«
Tannenberg schüttelte sich wie ein nasser Eisbär.
»Tut mir wirklich Leid, Wolfi. Aber du hast doch gesagt, dass du heute mit deiner Freundin essen gehen willst. Und weil dein Vater so gerne gefüllte Paprika isst, hab ich ihm versprochen, heute welche zu machen.«
»Mir kann man ja schließlich auch mal was Gutes tun – nicht nur immer dem Herrn Sohn!«, warf Jacob Tannenberg von der Seite spitz ein.
Seine Frau überging kommentarlos die vorwurfsvolle Bemerkung.
»Du
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