Goldstück: Roman (German Edition)
Kiki strahlt mich an. »In dem Moment weißt du: Ha! Das ist meine Chance, das ist meine Lieferung!«
Ich starre Kiki ungläubig an. »Ich als Begleitung einer Jugendgruppe? Nie im Leben, da bleibe ich lieber hier, als für ein paar verzogene Gören den Aufpasser zu spielen!«
»Mensch, Maike!«, fährt Kiki mich an. »Das war doch nur ein Beispiel! Ich wollte dir damit bloß erklären, wie das Prinzip funktioniert. Es geht darum, dass du auf deinen Bauch, auf deine Intuition hören musst. Genau der Moment, in dem dir dein Bauch funkt, dass du zuschlagen solltest, ist der richtige Moment, um zu handeln.«
»Verstehe«, versuche ich, Kiki wieder versöhnlicher zu stimmen, weil sie sich mit mir hoffnungslosem Fall so viel Mühe
gibt. »Wenn meine Intuition mir also sagt, dass das Universum gerade an meine Tür klopft, um meinen Wunsch zu erfüllen, ist es an der Zeit, zuzuschlagen.«
»Exakt.« Kiki seufzt, ich scheine eine recht anstrengende Coaching-Klientin zu sein.
Trotzdem muss ich noch einmal skeptisch nachfragen: »Und das funktioniert wirklich?«
Kiki strahlt. »Wie gesagt: Sieh mich an! Mir geht’s gut, ich bin glücklich mit meinem Job und habe einen tollen Freund – ist das nicht Beweis genug?«
»Also, ich weiß ja nicht …«
»Maike.« Jetzt beugt sie sich zu mir und legt ihre Hand auf meine. »Probier es doch einfach mal aus. Du hast nichts zu verlieren – und am Ende wirst du dann vielleicht sogar überrascht.«
»Das stimmt«, gebe ich ihr recht, »ich hab echt nichts zu verlieren.« Nachdenklich betrachte ich das Büchlein in meinem Schoß. »Womit fange ich denn mal an?«
»Das musst du entscheiden.«
»Hm, vielleicht tatsächlich mit meiner Jobsituation?« Dann fällt mir mein Gespräch mit Roger ein. »Da könnte ich glatt mal sofort testen, ob die Sache mit dem Wünschen klappt.«
»Nämlich?«, fragt Kiki neugierig nach.
»Ich habe heute mit Roger darüber gesprochen, dass ich mit sieben Euro fünfzig die Stunde nicht mehr einverstanden bin. Da hat er gesagt, dass er darüber nachdenken wird.«
»Prima!«, freut sich Kiki. »Dann kannst du den weiteren Verhandlungen ja noch einen kleinen Schubs in die richtige Richtung geben!«
»Gut.« Ich stehe auf.
»Wo willst du denn so schnell hin?«
»Na«, ich grinse sie an, »jetzt hast du mich so angeheizt, da will ich es auch so schnell wie möglich ausprobieren. Ich gehe
in mein Zimmer, schreibe brav meinen Wunsch auf und visualisiere ihn dann.«
Als ich am nächsten Morgen unter der Dusche stehe, bin ich ziemlich gut drauf. Zwar kann ich mir immer noch nicht so recht vorstellen, dass es tatsächlich so leicht sein sollte, sein Leben zu gestalten, indem man sich die Dinge nur wünscht. Aber trotzdem: Allein beim Aufschreiben und dem anschließenden Vorstellen – oder Visualisieren, wie Kiki sagt – hat sich meine Laune merklich gebessert. Zwei Dinge habe ich für den Anfang notiert:
1.
Mit 7,50 Euro die Stunde bin ich nicht einverstanden, für so wenig arbeite ich in Zukunft nicht mehr.
2.
Gunnar ruft an und will mich sehen. Er möchte nach Venedig, aber nicht ohne mich.
Ich finde, das klingt schon mal ganz gut. Außerdem sind das zwei Punkte, die man ganz eindeutig überprüfen kann, ein »Ich bin glücklich mit meinem Job« erschien mir zu schwammig, ein simpler Anruf von Gunnar nicht eindeutig genug. Aber wenn er mit mir nach Venedig fliegt – na, ich würde sagen, dann sind wir doch wohl wieder zusammen! Ja, das habe ich mir wirklich schlau überlegt. Immerhin bin ich ein skeptischer Mensch und brauche handfeste Beweise. Während ich mir pfeifend die Haare shampooniere, fällt mir plötzlich der Song auf, der aus dem Duschradio dudelt. Ich drehe ihn lauter:
The only way is up, baby,
For you and me now!
Fröhlich singe ich den alten Song von Yazz mit und merke, wie meine Stimmung dabei tatsächlich noch viel, viel besser wird,
da hat Kiki absolut recht gehabt, die Sache mit der guten Laune ist wirklich gar nicht so schwierig. Gleichzeitig denke ich mir dabei: Genau, der einzige Weg ist der nach oben. Wenn das mal nicht ein Zeichen ist! Fraglich ist zwar noch, wer dabei »you« sein wird. Aber das ist eine Kleinigkeit. Außerdem – Gunnar steht ja schon in meinem Wunschbuch!
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5. Kapitel
A ls ich eine Stunde später – heute pünktlich wie die Maurer – ins Sonnenstudio geschneit komme, sitzt Roger bereits an seinem Tisch, begrüßt mich mit wichtiger Miene und kommt zur Sache, ehe ich
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