Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
im Ehebett, was Amy für den Augenblick beschwichtigt. Ich streiche ihr über die Haare. Ich nehme eine Strähne zwischen Finger und Daumen, ziehe daran, als wäre es eine Klingelschnur, und es gefällt uns beiden. Was zweifellos ein Problem ist.
Wir tun so, als wären wir verliebt, und wir tun Dinge, die wir gerne tun, wenn wir verliebt sind, und manchmal fühlt es sich tatsächlich wie Liebe an, weil wir es uns beide so perfekt vorspielen. Wir sind dabei, das Muskelgedächtnis der frühen verliebten Zeit wiederzubeleben. Wenn ich nicht daran denke, wer meine Frau ist – und ich schaffe es tatsächlich manchmal, das zu vergessen –, bin ich eigentlich gern mit ihr zusammen. Mit der Frau, die sie zu sein vorgibt. Tatsache bleibt, meine Frau ist eine Mörderin, mit der man manchmal richtig Spaß hat. Darf ich euch ein Beispiel geben? Eines Abends habe ich wie in alten Zeiten Hummer einfliegen lassen, und sie hat so getan, als wollte sie mich damit jagen, und ich habe so getan, als würde ich mich verstecken, und dann haben wir beide gleichzeitig einen Stadtneurotiker -Witz gemacht, und das war so perfekt, genauso wie es sein sollte, dass ich einen Moment den Raum verlassen musste. Mein Herz klopfte wie verrückt. Ich musste mein Mantra wiederholen: Amy hat einen Menschen getötet, und sie wird auch dich töten, wenn du nicht sehr, sehr vorsichtig bist. Meine Frau, die amüsante, wunderschöne Mörderin wird mir etwas antun, wenn ich ihr Missfallen errege. Ich bin fahrig und ängstlich in meinem eigenen Haus: Zum Beispiel stehe ich mittags in der Küche und mache ein Sandwich, lecke die Erdnussbutter vom Messer, drehe mich um, und da steht auf einmal Amy hinter mir – diese lautlosen kleinen Katzenpfötchen –, und ich fange an zu zittern. Ich, Nick Dunne, der Mann, der früher so viele Details vergessen hat, ist jetzt ein Typ, der sich Gespräche hundertmal durch den Kopf gehen lässt, um sicher zu sein, dass ich nichts Falsches gesagt habe, um mich zu vergewissern, dass ich ihre Gefühle nicht aus Versehen verletzt habe. Ich schreibe mir alles auf, was ich tagsüber an Amy beobachte, ihre Vorlieben und Abneigungen, für den Fall, dass sie mich danach fragt. Ich bin ein toller Ehemann, weil ich große Angst habe, dass sie mich sonst umbringt.
Wir haben uns nie über meine Paranoia unterhalten, denn wir tun ja so, als wären wir verliebt, und ich tue außerdem so, als hätte ich keine Angst vor ihr. Aber sie hat auch Bemerkungen gemacht wie: Weißt du, Nick, du kannst ruhig mit mir im gleichen Bett schlafen, ich meine wirklich schlafen. Das ist okay. Versprochen. Was mit Desi passiert ist, das war ein isolierter Vorfall. Mach die Augen zu und schlaf.
Aber ich weiß, dass ich nie wieder schlafen werde. Ich kann die Augen nicht schließen, wenn ich neben ihr liege. Das ist, als würde man neben einer Spinne schlafen.
Amy Elliott Dunne
Acht Wochen nach der Rückkehr
Niemand hat mich verhaftet. Die Polizei hat die Verhöre eingestellt. Ich fühle mich sicher. Und bald werde ich noch sicherer sein.
So gut fühle ich mich: Gestern kam ich zum Frühstück die Treppe runter, und das Glas mit meinem Erbrochenen stand auf der Küchentheke, leer. Nick, dieser kleine Dieb, hat mein kleines Druckmittel entsorgt. Ich habe kurz gezögert und das Glas dann weggeworfen.
Das spielt nämlich jetzt kaum noch eine Rolle.
Mein Buch-Deal ist perfekt, und ich habe offiziell die Kontrolle über unsere Geschichte. Das fühlt sich wunderbar symbolisch an. Spielt sich nicht sowieso jede Ehe so ab, ein in die Länge gezogenes Spiel von »Er hat gesagt« und »Sie hat gesagt«? Na ja, sie hat jetzt das Sagen, die Welt wird ihr zuhören, und Nick wird lächeln und zustimmen müssen. Ich werde ihn so beschreiben, wie ich ihn haben möchte: romantisch und rücksichtsvoll und aufmerksam und sehr, sehr reumütig – wegen der Kreditkarten und der Einkäufe im Holzschuppen. Wenn ich ihn nicht dazu kriege, es laut auszusprechen, dann sagt er es eben in meinem Buch. Danach kommt er mit mir auf Tour und lächelt und lächelt.
Einen Titel habe ich auch schon, ganz einfach: Amazing . Staunenswert, verblüffend. Ich glaube, das bringt meine Geschichte ganz gut auf den Punkt.
Nick Dunne
Neun Wochen nach der Rückkehr
Ich hab die Kotze gefunden. Sie hatte sie ganz hinten in der Gefriertruhe versteckt, in einem Glas, in einer Schachtel Rosenkohl. Die Schachtel war voller Eiskristalle, die lag da vermutlich seit Monaten. Ich weiß, sie hat
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