Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
mit sich selbst einen Witz gemacht: Nick isst ungern Gemüse, Nick putzt nie den Kühlschrank, also wird Nick auch nicht dran denken, hier zu suchen.
Aber Nick hat es getan.
Wie sich herausstellt, weiß Nick, wie man den Kühlschrank saubermacht, und Nick weiß sogar, wie man etwas auftaut: Ich hab das Erbrochene in den Abfluss gekippt und das Glas auf der Theke stehen lassen, damit sie Bescheid weiß.
Sie hat es in den Müll geworfen. Ohne ein Wort.
Irgendetwas stimmt nicht. Ich weiß nicht, was es ist, aber irgendetwas stimmt ganz und gar nicht.
Mein Leben begann sich wie ein Epilog anzufühlen. Tanner übernahm einen neuen Fall: Ein Sänger aus Nashville hatte entdeckt, dass seine Frau ihn betrog, und am nächsten Tag fand man ihre Leiche im Müllcontainer eines Hardee’s Restaurants in der Nähe ihres Hauses, neben sich einen Hammer mit seinen Fingerabdrücken. Tanner benutzte mich als Verteidigungsstrategie. Ich weiß, es sieht schlimm aus, aber für Nick Dunne hat es auch schlimm ausgesehen, und man weiß ja, wie es ausging. Ich konnte fast spüren, wie er mir durch die Kameralinse zuzwinkerte. Gelegentlich schickte er mir eine SMS: Alles okay? Oder: Irgendwas Neues?
Nein, nichts.
Boney, Go und ich trafen uns weiter heimlich im Pancake House, wo wir den schmutzigen Sand von Amys Geschichte siebten und versuchten, etwas Brauchbares zu finden. Wir durchsuchten das Tagebuch, eine aufwendige Jagd nach Anachronismen, die sich aber mit Pingeligkeiten erschöpfte, wie beispielsweise »Sie macht hier eine Bemerkung über Darfur, war das 2010 wirklich in den Nachrichten?« (Ja, wir fanden einen Clip von 2006, in dem George Clooney darüber sprach.) Oder mein eigenes Meisterstück: »Amy macht in dem Eintrag von Juli 2008 einen Witz über den Mord an einem Landstreicher, aber ich habe das Gefühl, dass diese Art Witze erst 2009 in Mode kamen.« Worauf Boney erwiderte: »Reichen Sie den Sirup rüber, Sie Witzbold.«
Immer mehr Leute sprangen ab, machten weiter mit ihrem Leben. Boney blieb. Go ebenfalls.
Dann passierte etwas. Mein Vater starb, endlich. Nachts im Schlaf. Eine Frau fütterte ihm seine letzte Mahlzeit, eine Frau brachte ihn zu seiner letzten Ruhe ins Bett, eine Frau machte sauber, als er gestorben war. Und eine Frau rief mich an, um mir die Nachricht zu übermitteln.
»Er war ein guter Mensch«, sagte sie, Stumpfsinn mit einem obligatorischen Hauch von Mitgefühl.
»Nein, das war er nicht«, erwiderte ich, und sie lachte, wie sie bestimmt seit einem Monat nicht mehr gelacht hatte.
Ich dachte, ich würde mich besser fühlen, jetzt, wo dieser Mann von der Erde verschwunden war, aber stattdessen spürte ich, wie sich eine massive, furchteinflößende Leere in meiner Brust ausbreitete. Mein Leben lang hatte ich mich immer mit meinem Vater verglichen, und jetzt war er nicht mehr da, und es gab nur noch Amy, gegen die ich antreten konnte. Nach der kleinen, staubigen, einsamen Begräbnisfeier ging ich nicht mit Go weg, sondern machte mich mit Amy auf den Weg nach Hause, und ich hielt sie fest umklammert. Richtig – ich ging mit meiner Frau nach Hause.
Ich muss weg aus diesem Haus, dachte ich. Ich muss mit Amy Schluss machen, ein für alle Mal. Uns niederbrennen, so dass ich nie mehr zurück kann.
Wer wäre ich ohne dich?
Ich musste es herausfinden. Ich musste meine eigene Geschichte erzählen. Es war so klar.
Am nächsten Morgen, während Amy in ihrem Arbeitszimmer auf ihrer Tastatur herumklapperte und der Welt ihre Amazing -Geschichte erzählte, nahm ich meinen Laptop mit nach unten und starrte auf den glänzend weißen Bildschirm.
Ich begann die erste Seite meines eigenen Buchs.
Ich bin ein Mann, der seine Frau betrogen hat, ein Mann ohne Rückgrat, ein Mann, der sich vor Frauen fürchtet, und ich bin der Held dieser Geschichte. Denn die Person, die ich betrogen habe – meine Frau, Amy Elliott Dunne –, ist eine Soziopathin und eine Mörderin.
Ja, so etwas würde ich auch lesen.
Amy Elliott Dunne
Zehn Wochen nach der Rückkehr
Nick spielt mir immer noch etwas vor. Wir tun beide so, als wären wir glücklich und sorglos und verliebt. Aber spät in der Nacht höre ich, wie er am Computer sitzt und auf die Tasten haut. Er schreibt. Er schreibt seine Sicht der Geschichte auf, das weiß ich. Ich weiß es, ich erkenne es am fiebrigen Strömen der Worte, am Klicken und Klacken der Tasten, wie eine Million Insekten. Wenn er schläft, versuche ich mich einzuhacken (obwohl er inzwischen so
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