Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
und das ist nicht viel. Aber mehr, als mir lieb ist.
Ich habe sogar Vorbereitungen für den Fall getroffen, dass meine Ozarks-Freunde Jeff und Greta auftauchen und anfangen, hier nach Ruhm und Bargeld herumzuschnüffeln. Der Polizei habe ich schon erzählt, dass Desi nicht direkt zu seinem Haus gefahren ist, sondern mich mehrere Tage mit verbundenen Augen, geknebelt und unter Drogen, festgehalten hat – ich glaube jedenfalls, dass es mehrere Tage waren –, und zwar in einem Zimmer, vielleicht einem Motelzimmer? Oder vielleicht einer Wohnung? Ich weiß es nicht mit Sicherheit, es ist alles so verschwommen. Ich hatte solche Angst, und immer die Schlaftabletten. Wenn Jeff und Greta ihre fiesen Gesichter zeigen und die Polizei irgendwie davon überzeugen, ein Technikerteam runter zum Hide-A-Way zu schicken, und wenn die einen Fingerabdruck oder ein Haar von mir finden, dann löst das einfach einen Teil des vorhandenen Puzzles. Der Rest ist gelogen.
Also ist Nick eigentlich das einzige Problem, und bald werde ich ihn wieder auf meine Seite ziehen. Ich war schlau, ich habe keine weiteren Indizien hinterlassen. Dem gereizten Ton in Boneys Stimme entnehme ich, dass sie von nun an in ständiger Verbitterung weiterleben wird, und je mehr sie sich ärgert, desto mehr Leute werden sie ausblenden. Sie hat bereits den rechthaberischen, augenrollenden Ton einer Spinnerin, die an Verschwörungstheorien glaubt. Sie könnte sich genauso gut den Kopf in Alufolie wickeln.
Ja, die Ermittlungen kommen allmählich zum Stillstand. Bei Amazing Amy ist genau das Gegenteil der Fall. Der Verlag meiner Eltern hat kleinlaut angefragt, ob sie vielleicht ein weiteres Amazing Amy -Buch schreiben können, und sie haben sich für ein hübsches Sümmchen dazu bereiterklärt. Heute früh haben sie Carthage verlassen. Sie sagen, für Nick und mich ist es wichtig, ein bisschen Zeit für uns allein zu haben, damit unsere Wunden heilen können, aber ich kenne die Wahrheit. Sie wollen sich an die Arbeit machen. Sie erzählen mir, dass sie versuchen, »den richtigen Ton zu treffen«. Einen Ton, der sagt: Unsere Tochter ist entführt und mehrfach vergewaltigt worden, von einem Monster, dem sie den Hals aufschlitzen musste … aber wir haben es auf gar keinen Fall auf das Geld abgesehen.
Mir ist der Wiederaufbau ihres jämmerlichen Imperiums vollkommen egal, denn ich bekomme selbst jeden Tag Anrufe, ob ich nicht meine Geschichte erzählen will. Meine Geschichte, meine, meine, meine. Ich brauche mir nur das beste Angebot auszusuchen und anfangen zu schreiben. Nur muss ich Nick erst auf die gleiche Wellenlänge bringen, damit wir übereinstimmen, wie diese Geschichte endet. Gut nämlich.
Ich weiß, Nick liebt mich noch nicht, aber bald wird er es tun. Ich vertraue darauf. Durch Schein zum Sein, sagt man das nicht so? Momentan verhält er sich wie der alte Nick, und ich verhalte mich wie die alte Amy. Damals, als wir glücklich waren. Als wir uns noch nicht so gut kannten wie jetzt. Gestern stand ich auf der Terrasse und habe mir den Sonnenaufgang über dem Fluss angesehen, ein seltsam kühler Augustmorgen, und als ich mich umdrehte, sah ich, dass Nick mich durchs Küchenfenster beobachtete, und er hielt eine Tasse Kaffee hoch, mit der Frage: Willst du auch eine? Ich nickte, und kurz darauf stand er neben mir, die Luft duftete nach Gras, und wir tranken zusammen unseren Kaffee und schauten aufs Wasser, und es fühlte sich normal und gut an.
Aber er will noch nicht mit mir schlafen. Er übernachtet hinter verschlossener Tür im unteren Gästezimmer. Doch eines Tages werde ich ihn mürbe gemacht haben, ihm wird die Energie für den nächtlichen Kampf ausgehen, und er wird zu mir ins Bett kommen. Mitten in der Nacht werde ich mich zu ihm wenden und mich an ihn drücken. Ich werde mich an ihn schmiegen wie eine Kletterpflanze, bis ich in jeden Teil von ihm eingedrungen bin und er mir gehört.
Nick Dunne
Dreißig Tage nach der Rückkehr
Amy glaubt, sie hat die Kontrolle, aber sie irrt sich gewaltig. Oder: Sie wird schon bald merken, dass sie sich gewaltig irrt.
Boney, Go und ich arbeiten zusammen. Die Cops, das FBI, niemand zeigt noch Interesse an dem Fall. Aber gestern hat Boney angerufen, aus heiterem Himmel. Sie hat sich nicht zu erkennen gegeben, als ich abgenommen habe, sondern gleich losgelegt, als wären wir alte Freunde: Kann ich Sie auf einen Kaffee einladen? Ich nahm Go mit, und wir trafen uns alle im Pancake House. Boney saß bereits am Tisch
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