GOR-Zyklus 04 - Die Nomaden von Gor
den Schlüssel vergessen.«
»Dann schickt nach jemandem aus der Kaste der Metallarbeiter!« rief Saphrar.
Überall wurden Schreie laut: »Tötet die Tuchuksleens!« – »Foltert sie!« – »In das Öl der Tharlarions mit ihnen!« – »Aufspießen!« – »Fesseln und ins Feuer!« Aber Kamchak ließ sich davon nicht beeindrucken. Niemand wagte es, sich ihm zu nähern, denn in seiner Hand schimmerte die Quiva. Er wäre kein Tuchuk gewesen, wenn er damit nicht hätte umgehen können.
»Tötet ihn!« kreischte Aphris. »Tötet ihn!«
»Leg deinen Schleier wieder vor«, sagte Saphrar eindringlich. »Schämst du dich denn nicht?«
In ihren Augen stand Wut. Er, ein Tuchuk, hatte ihr Gesicht gesehen!
Obwohl ich es nie zugegeben hätte, freute mich Kamchaks Kühnheit, denn sie hatte ein Gesicht, um das es sich zu kämpfen lohnte – herrliche Züge, jetzt allerdings wutverzerrt, schöner als die hübschesten Sklavenmädchen, die uns bedient oder mit ihren Tänzen erfreut hatten.
»Ihr vergeßt natürlich«, sagte Kamchak, »daß ich Abgesandter der Wagenvölker bin und in euren Mauern Schutz genieße.«
»Spießt ihn auf!« brüllten die Turianer.
»Es ist ein Witz!« rief Saphrar. »Ein Tuchuk-Witz!«
»Tötet ihn!« rief Aphris außer sich.
»Süße Aphris«, sagte Saphrar leise. »Du mußt dich beruhigen. Bald kommt einer von den Metallarbeitern und befreit dich von diesem … Du solltest dich jetzt zurückziehen.«
»Nein!« rief Aphris. »Erst muß dieser Tuchuk sterben!«
»Das ist nicht möglich, meine Liebe«, sagte Saphrar.
»Du bist herausgefordert!« sagte Kamras und spuckte vor Kamchak aus.
Einen Augenblick sah ich Kamchaks Augen aufblitzen und dachte schon, er würde die Herausforderung des Ersten Schwertkämpfers der Stadt auf der Stelle annehmen. Aber dann zuckte er nur die Achseln und grinste. »Warum sollte ich kämpfen?« fragte er.
Das hörte sich gar nicht nach meinem Kamchak an.
»Du bist ein Feigling!« brüllte Kamras.
Ich fragte mich, ob Kamras die Bedeutung dieses Wortes kannte, mit dem er den Träger einer Tuchuk-Mutnarbe bedachte.
Aber zu meiner Verblüffung lächelte Kamchak nur. »Warum sollte ich kämpfen? Was ist damit zu gewinnen?«
»Aphris aus Turia!« rief das Mädchen.
Rufe des Entsetzens und des Protests liefen um den Tisch.
»Ja!« rief Aphris. »Wenn du, Erster Kämpfer Turias, gegen Kamchak kämpfst, biete ich mich als Preis im Liebeskrieg!«
Kamchak schaute sie an. »Ich kämpfe«, sagte er.
Stille breitete sich aus.
Ich sah, wie Saphrar, der ein wenig im Hintergrund stand, die Augen schloß und langsam nickte. »Schlauer Tuchuk«, sagte er leise. Ja, sagte ich mir, schlauer Tuchuk. Kamchak hatte es geschafft, daß sie Aphris aus Turia aus verletztem Stolz für den Liebeskrieg zur Verfügung stellte. Das war etwas, das er nicht mit der goldenen Kugel von Saphrar dem Kaufmann zu kaufen brauche – so etwas vermochte er offensichtlich selbst zu arrangieren, mit der Schlauheit eines Tuchuks. Ich nahm natürlich an, daß Saphrar, der immerhin als Vormund dieses Mädchens galt, so etwas nicht zulassen würde.
»Nein, meine Liebe«, sagte Saphrar zu dem Mädchen, »du darfst keine Rache für diese schreckliche Beleidigung erhoffen – du darfst nicht an die Spiele denken – du mußt diesen unangenehmen Abend vergessen – du darfst nicht an die Geschichten denken, die über dich im Umlauf sein werden – über die Tat des Tuchuks und sein Entkommen.«
»Nie!« sagte Aphris. »Ich melde mich zum Liebeskrieg, das sage ich dir!«
»Nein«, sagte Saphrar, »das kann ich nicht zulassen – es ist besser, wenn die Leute über Aphris lachen. In einigen Jahren vergessen sie die Sache.«
»Ich verlange, daß ich mich melden darf!« rief das Mädchen.
»Aber in wenigen Tagen wirst du volljährig und erhältst die Verfügungsgewalt über dein Vermögen – dann kannst du tun, was du willst.«
»Aber das ist erst nach den Spielen!« rief das Mädchen.
»Ja«, sagte Saphrar, als müßte er nachdenken. »Das stimmt.«
»Ich verteidige sie!« sagte Kamras. »Ich verliere bestimmt nicht.«
»Es stimmt, daß du noch nie verloren hast.«
»Gib deine Erlaubnis!« riefen mehrere Stimmen durcheinander.
»Wenn du es nicht gestattest«, flehte Aphris, »ist meine Ehre auf ewig befleckt.«
Mir fiel plötzlich ein, daß nach den goreanischen Zivilgesetzen alle Besitztümer einer Person, die der Sklaverei verfällt, automatisch dem nächsten männlichen Verwandten übertragen
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