GOR-Zyklus 04 - Die Nomaden von Gor
Pfähle – deshalb sollten wir lieber schlafen gehen!«
»Ich bin ein Tuchuk – also betrinke ich mich.«
Wir spuckten dann um die Wette, um zu bestimmen, wer die Flasche Paga bezahlen mußte. Er gewann, indem er beim Spucken schnell den Kopf drehte und seitlich zielte. Im Vergleich zu seiner Fertigkeit fiel mein Versuch deprimierend einfallslos und geradlinig aus. Der schlaue Tuchuk hatte mich natürlich zuerst spucken lassen.
Am Morgen darauf erreichten wir die Ebene der Tausend Pfähle.
Trotz des wilden Abends schien Kamchak guter Laune zu sein, blickte sich pfeifend um und trommelte von Zeit zu Zeit einen kleinen Rhythmus auf seinem Sattel. Ich vermutete, daß Kamchak in Gedanken bei Aphris aus Turia war; offenbar rechnete er fest damit, dieses Mädchen zu gewinnen.
Ich weiß nicht, ob es auf der Ebene der Tausend Pfähle wirklich tausend Pfähle gibt – jedenfalls ist ihre Zahl sehr groß. Diese Pfähle, etwa zwei Meter hoch und vielleicht fünfzehn Zentimeter im Durchmesser, stehen sich in zwei parallelen Reihen paarweise gegenüber – der Zwischenraum zwischen den Reihen beträgt etwa fünfzehn Meter; innerhalb einer Reihe sind die Pfähle rund zehn Meter voneinander entfernt. Die beiden Pfahlreihen erstrecken sich vier Pasang weit über die Prärie. Eine dieser Reihen liegt zur Stadt hin, die andere zu den Prärien. Wie ich feststellte, waren die Pfähle kürzlich bunt angemalt worden, jeder in anderen Farben und in verschiedenen Mustern. Es war ein farbiges Bild, ein Bild der Lebensfreude. Ich mußte daran denken, daß zwischen diesen beiden Pfahlreihen in Kürze Männer kämpfen und sterben würden.
Ich bemerkte, daß Arbeiter an einigen Pfählen noch kleine Ringe anbrachten, etwa anderthalb Meter über dem Boden.
Ich hörte einige Musiker, die etwa fünfzig Meter hinter den turianischen Pfählen leichte Weisen spielten.
Zwischen den beiden Pfahlreihen war für jedes gegenüberliegende Pfahlpaar ein Kreis in das Gras gemäht, ein Kreis, der etwa zweieinhalb Meter groß war. Das Rund war mit Sand ausgelegt.
Zwischen den Männern der Wagenvölker drängten sich kühn Händler aus Turia und verkauften Kuchen, Wein und Fleisch, auch Ketten und Sklavenkragen.
Kamchak warf einen Blick auf die Sonne, die ihren Himmelsweg etwa zu einem Viertel zurückgelegt hatte. »Die Turianer kommen immer zu spät«, sagte er.
»Sie kommen aber«, sagte ich und deutete auf eine Staubwolke.
Bei den Tuchuks entdeckte ich jetzt den jungen Harold, den Hereena vom Ersten Wagen so herablassend behandelt hatte. Das Mädchen selbst war nicht zu sehen. Der junge Bursche machte auf mich einen guten Eindruck, auch wenn er keine Narbe trug. Das hatte zur Folge, daß er an den heutigen Wettkämpfen nicht teilnehmen konnte – ohne Narbe durfte er auch nicht um eine freie Frau werben, einen eigenen Wagen besitzen oder mehr als fünf Bosks und drei Kaiila sein Eigentum nennen. Die Mutnarbe hat also nicht nur eine kämpferische, sondern auch eine soziale und wirtschaftliche Bedeutung.
Lange Reihen von Tharlarions näherten sich von der Stadt. Die Morgensonne blitzte auf den Helmen der turianischen Krieger, auf ihren langen Lanzen und auf den Metallverstärkungen ihrer ovalen Schilde. Ich hörte das Dröhnen der beiden Tharlariontrommeln, die die Geschwindigkeit der Prozession bestimmten – wie das Klopfen eines Herzens. Neben den Tharlarions schritten andere Bewaffnete und sogar Bürger Turias sowie weitere Händler und Musiker, die die Spiele sehen wollten.
Turia selbst zeigte sich in vollem Flaggenschmuck; auf den Mauern drängten sich die Menschen, die die Wettkämpfe zweifellos durch die langen Gläser der Kaste der Hausbauer beobachten wollten.
Etwa zweihundert Meter vor den Pfahlreihen zog sich die Formation der turianischen Krieger in die Breite, bis sie fast der Länge der Pfahlreihen entsprach. Dann setzten sich auf ein plötzliches Signal der Trommel die mächtigen Tharlarions in Bewegung, die Lanzen senkten sich, die Reiter begannen zu brüllen, und die ganze Reihe donnerte heran.
»Verrat!« brüllte ich.
Gegen den Angriff einer Tharlarionarmee gab es keinen Schutz.
Zu meiner Verblüffung schienen sich die Krieger der Wagenvölker wenig um die gefährliche Lawine zu kümmern, die sich ihnen näherte. Einige feilschten gelassen mit den Händlern, andere unterhielten sich in aller Ruhe.
Elizabeth hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen, und ich machte Anstalten, sie auf meinen Sattel zu ziehen und die
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