GOR-Zyklus 06 - Die Piratenstadt von Go
Wehrturm steigen.«
Wir zogen uns warm an und folgten Samos über den gepflasterten Hof, um das Hauptgebäude herum und in den nun geöffneten Turm.
Von seiner Spitze aus waren Tabs Männer von der Venna und der Tela zu erkennen, die hier und dort W a che standen. Das große Tor, das zur Stadt führte, war geschlossen. Nacheinander kletterten die Rencebauern über die Mauer und stiegen in ihre kleinen Boote, die wir nicht sehen konnten. Ho-Hak folgte als letzter, und wir winkten ihm zum Abschied zu.
Der endlose Sumpf glitzerte im Licht der drei Monde.
Telima wandte sich an Samos. »Dann war es also vo r gesehen, daß ich aus deinem Haus floh?«
»Ja«, erwiderte Samos, »und du solltest auch den go l denen Armreif nehmen, so daß Ho-Hak und seine Mä n ner dich im Sumpf erkennen würden.«
»Sie fanden mich nach wenigen Stunden.«
»Sie warteten auf dich«, sagte Samos.
»Ich verstehe das nicht.«
»Ich kaufte dich, als du noch ein Mädchen warst«, sagte Samos. »Und ich hatte von Anfang an diesen Plan.«
»Du hast mich wie deine Tochter großgezogen«, sagte sie. »Aber als ich siebzehn wurde …«
»Ja – da wurdest du grausam behandelt und dann dur f test du fliehen.«
»Aber warum?«
»Samos«, schaltete ich mich ein, »hast du die Nac h richt geschickt, die ich vor einigen Monaten im Rat der Kapitäne erhielt?«
»Ja.«
»Aber damals hast du das abgestritten«, sagte ich.
»Die Folterkammer schien mir nicht der rechte Ort zu sein, über die Belange der Priesterkönige zu sprechen.«
»Priesterkönige?« fragte Telima atemlos.
Ich lächelte. »Nein, da hast du wohl recht. Aber als die Nachricht übergeben wurde, warst du doch gar nicht in der Stadt.«
»Das stimmt«, sagte Samos. »Ich hoffte dadurch eine Verbindung zwischen mir und dem Zettel abstreiten zu können, falls es erforderlich werden sollte.«
»Du hast nie den Versuch gemacht, dich mit mir in Verbindung zu setzen«, sagte ich.
»Du warst nicht bereit dazu«, sagte Samos. »Auße r dem brauchte dich Port Kar.«
»Du dienst also den Priesterkönigen.«
»Ja.«
»Und deswegen bist du in meine Festung gekommen – um einen Mann zu schützen, der ihnen früher auch g e dient hat, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Samos, »aber auch, weil du viel für me i ne Stadt, für Port Kar, getan hast. Nur deiner Initiative ist es zu verdanken, daß sie jetzt einen Heimstein b e sitzt.«
»Bedeutet dir das soviel?« fragte ich. Samos war ein Larl von einem Mann, das rief ich mir ins Gedächtnis. Er war grausam, ein Raubtier mit tödlichen Jagdinstinkten.
»Natürlich«, sagte er.
Wir starrten in die Ferne. Zahlreiche kleine Boote ve r schwanden im Rence der Sümpfe.
Samos wandte sich wieder an mich. »Du mußt in den Dienst der Priesterkönige zurückkehren.«
»Das kann ich nicht«, sagte ich und senkte den Kopf. »Ich wäre ihnen ein unwürdiger Diener.«
»Alle Männer und Frauen, jeder von uns, hat irgendwo in seinem Innern verabscheuungswürdige Elemente, gra u same und feige Züge, keiner ist gefeit gegen bösartige, gierige und egoistische Anwandlungen, Dinge, die wir vor anderen und in erster Linie vor uns selbst verbergen.«
Telima und ich sahen ihn an.
Nicht ohne Zärtlichkeit legte der Sklavenhändler eine Hand auf Telimas Schulter, die andere auf meine.
»Der Mensch ist ein Chaos aus Grausamkeit und Edelmut, aus Haß und Liebe, aus Ablehnung und Zune i gung, aus Neid und Bewunderung. Das ist eine alte Wahrheit, die nur von wenigen wirklich begriffen wird.«
Ich starrte auf den glitzernden Sumpf hinüber. »Es war also kein Zufall, daß ich in der Marsch abgefangen wu r de«, sagte ich.
»Nein«, lächelte Samos.
»Dient auch Ho-Hak den Priesterkönigen?«
»Wissentlich nicht«, sagte Samos. »Aber vor vielen Jahren versteckte ich ihn auf seiner Flucht in meinem Hause und verhalf ihm später zur Freiheit. Er hat mir seither öfter geholfen.«
»Was hast du ihm gesagt?«
»Daß ich wüßte, ein Mann aus Port Kar würde in Kü r ze die Sümpfe durchqueren.«
»Sonst nichts?«
»Nur, daß Telima als Köder benutzt werden sollte, um dich zu fangen.« Er warf dem Mädchen einen Blick zu.
»Die Rencebauern hassen die Bürger dieser Stadt. Sie hätten mich töten können.«
»Das war ein Risiko, das ich eingehen mußte.«
»Du bist sehr freigiebig mit dem Leben anderer.«
»Hier geht es um ganze Welten, Kapitän.«
Ich nickte.
»Hat Priesterkönig Misk von dem Plan gewußt?«
»Nein«, erwiderte Samos, »er hätte ihn
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