GOR-Zyklus 06 - Die Piratenstadt von Go
Schon allein diese Tatsache führte dazu, daß viele Goreaner – besonders Menschen, die mit der Waffe nicht vertraut waren – verächtlich darüber dachten. Die gor e anischen Krieger, im wesentlichen aus den Städten stammend, sind Krieger von Geburt an, aus ihrer Kaste heraus; zudem gehört ihr Stand zu den Hohen Kasten, wozu die Bauern, die in ihren kleinen Dörfern isoliert leben, nicht zählen. Von den Stadtmenschen wird der Bauer bestenfalls für ein unwissendes und abergläub i sches Tier gehalten, für jemand, der im Dreck wühlt, für ein schwerarbeitendes, unberechenbares Wesen, das ba u ernschlau und gefährlich ist. Doch ich wußte, daß in j e der Strohhütte der Bauern ein Heimstein zu finden ist, und der Bauer selbst bezeichnet sich stolz als der Ochse, auf dem der Heimstein lastet.
Die Bauern werden übrigens nur in Notfällen für den Dienst bei den Streitkräften der Städte herangezogen; ein weiterer Grund, warum ihre Waffe, der Langbogen, in den Städten und bei den Kriegern allgemein recht wenig bekannt ist.
Ich hielt den Langbogen für eine vorzügliche Waffe und hatte mich von Anfang an damit vertraut gemacht, sehr zur Verwunderung meiner Freunde.
Vierzig oder fünfzig Meter rechts von mir schrie ein Vogel; es hörte sich nach einer Marschgans an, einem kleinen gehörnten, schwimmfüßigen Wasservogel mit breitem Schnabel und großen Flügeln.
Der Ruf wurde aufgenommen und erwidert, aus gle i cher Entfernung, diesmal jedoch aus der entgegengeset z ten Richtung.
Es war später Nachmittag, meiner Schätzung nach die vierzehnte goreanische Stunde. Da und dort hingen I n sektenschwärme über dem Schilf, aber sie hatten mich bisher nicht sehr gestört; das Jahr ging seinem Ende zu, und die unangenehmeren Insekten dieses Planeten zogen ohnehin Gebiete vor, in denen es weite, stille Wasserfl ä chen gab.
Ich war seit Wochen unterwegs. Auf Flußbooten hatte ich mich mit der Strömung des Vosk treiben lassen, doch wo der mächtige Fluß sich zu teilen begann und in u n zählige sich ständig verändernden Kanäle verzweigte, die sich in den gewaltigen Gezeitensümpfen seines Deltas verloren, bevor sie in das Thassa, das Meer, mündeten, hatte ich die Barken verlassen und von Rencebauern an der Ostgrenze des Deltas Vorräte und dieses kleine Rie d boot erstanden.
In diesem Augenblick entdeckte ich an einer Re n cepflanze unter den Staubgefäßen und schmalen Blüte n blättern ein weißes Reptuch, das dort angebunden war.
Ich paddelte näher heran und betrachtete meinen Fund. Dann blickte ich mich um und verhielt einige Sekunden lautlos. Schließlich steuerte ich mein Boot an der Pflanze vorbei, drückte das Rence zur Seite und setzte meinen Weg fort. Irgendwo hinter mir schrie erneut eine Marschgans.
Es hatte sich niemand gefunden, der mir als Führer durch das Voskdelta dienen wollte. Die Barkenschiffer des Vosk steuern ihre breiten, flachen Kähne nicht bis in das Mündungsgebiet. Tatsächlich verändern sich die K a näle des Flusses von Jahr zu Jahr, und das ganze Delta ist oft nicht mehr als ein undurchdringlicher Sumpf, Hunderte von Quadrat-Pasangs aus überfluteter Wildnis. Oft ist es sogar für die großen flachen Barken zu seicht; außerdem müßte den Booten Meter um Meter ein Pfad durch das Schilfdickicht geschlagen werden. Der wic h tigste Grund für den Mangel an Führern – auch bei den Rencebauern des Ostens – liegt jedoch in der Tatsache, daß das Delta von Port Kar beansprucht wird, das mi t ten darin liegt, etwa hundert Pasang von seinem nor d westlichen Rand entfernt, am Ufer des flachen Ta m bergolfs, der den Beginn des schimmernden Thassa kennzeichnet.
Port Kar, eine dicht bevölkerte, schmutzige, herrsc h süchtige Stadt, wird manchmal auch der Tarn des Meeres genannt. In der goreanischen Sprache steht ihr Name für Grausamkeit und Piraterie. Die Flotten der Tarnschiffe aus Port Kar sind die Plage des Thassa, schöne Galeeren mit Dreieckssegeln, die das Thassa durchstreifen auf der Suche nach Beute, die Küstenstädte und Kauffahrer übe r fallen, ausplündern und ihre Opfer in die Sklaverei ve r kaufen. Sie machen die Meere unsicher von den Ta-Thassa-Bergen der südlichen Hemisphäre bis zu den Seen des Nordens, und sogar im Westen bis zur Terra s seninsel Cos und zum felsigen Tyros mit seinen lab y rinthhaften Varthöhlen.
Ich kannte einen Menschen in Port Kar, einen Skl a venhändler namens Samos, der ein Agent der Priesterk ö nige sein sollte.
Ich war nun
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