GOR-Zyklus 13 - Die Erforscher von Gor
Lichtung, auf der wir die hübschen Talunas bewachten.
Wir waren erst ein kurzes Stück durch den Dschungel gezogen, als der Anführer der Kleinwüchsigen stilleheischend die Hand hob. Daraufhin hörte ich ein Geräusch, das ich schon einmal wahrgenommen hatte – ein Seufzen wie von einem schwachen Wind, der sich zwischen Blättern bewegt. Am Ufer der Lagune hatte ich diese Wahrnehmung gemacht, ohne sie zu verstehen.
Wir rückten weiter vor, und das Geräusch wurde deutlicher. Es war nun unverwechselbar als Rascheln oder Knistern auszumachen. Allerdings bewegte sich die Luft nicht.
»Die Wanderer«, sagte der Anführer der kleinen Menschen und streckte den Arm aus.
Meine Nackenhaare begannen sich zu sträuben.
Ich erkannte, daß das Geräusch von unzähligen Millionen winziger Füße ausging, die über das herabgefallene Laub und die sonstigen Ablagerungen des Dschungelbodens schritten. In dieses Rascheln mischte sich vermutlich auch das beinahe unhörbare Knacken winziger Beingelenke und das Aneinanderreiben winziger schwarzer Exoskelette – Laute, die nur in der ungeheuren Anhäufung von Lebewesen Bedeutung gewannen.
»Geh nicht zu dicht heran«, sagte der Anführer.
Die Kolonne der Wanderer war etwa einen Meter breit. Wie lang sie war, wußte ich nicht. Die Erscheinung erstreckte sich zu beiden Seiten durch den Dschungel, und zwar weiter, als ich von hier zu schauen vermochte. Solche Wandererkolonnen können viele Pasang lang sein. Die Anzahl der Einzelwesen, die eine solche Formation bilden, läßt sich schwer ermitteln. Vorsichtig geschätzt mögen es Dutzende von Millionen sein. Die Formation erweitert sich nur dann, wenn etwas Freßbares gefunden wird, dann kann sich eine Ausdehnung bis zu fünfhundert Fuß ergeben. Niemand möge versuchen, eine solche Flut zu durchwaten. Die Strömung der dahineilenden Fresser läßt kaum mehr als Knochen zurück.
»Suchen wir die Spitze der Kolonne«, sagte der kleine Mann.
Wir marschierten mehrere Stunden lang parallel zu den Geschöpfen durch den Dschungel. Einmal überquerten wir einen Bach. Die Wanderer, die aus sich selbst lebendige Brücken bildeten und übereinanderkletterten, hatten mit diesem Hindernis keine Probleme. Als schwarz-raschelnde Masse zogen sie über umgestürzte Bäume und um Felsen und Palmen herum. Sie schienen nicht zu ermüden, sie wirkten unerschöpflich. Flankierende Wachen begleiteten die Kolonne. So bewegte sich die Masse wie eine gut gelenkte, endlose, flüsternde schwarze Schlange durch den grünen Regenwald.
»Marschieren diese Wesen auch bei Nacht?« fragte ich.
»Oft«, antwortete der kleine Mann. »Man muß sich vorsehen, wo man schläft.«
Inzwischen hatten wir die Spitzengruppe der Kolonne überholt und waren etwa vierhundert Meter vorausgeeilt.
»Es wird gleich regnen«, sagte ich. »Lassen sie sich dadurch aufhalten?«
»Ein Weilchen schon«, erwiderte er. »Sie laufen auseinander und suchen Unterschlupf unter Blättern und Ästen, unter den Überresten des Waldes. Wenn die Anführer aber rufen, kehren sie in die Formation zurück und marschieren weiter.«
Kaum hatte er zu Ende gesprochen, da öffnete sich auch schon der Himmel und ließ aus düsteren, dahinwirbelnden Wolken den dunkelsilbernen tropischen Regen auf uns herniederprasseln, während Blitze durch den Himmel zuckten und Äste sich heftig im Wind bewegten.
»Gehen sie auf Jagd?« rief ich dem kleinen Mann zu.
»Eigentlich nicht«, antwortete er. »Sie suchen sich lediglich ihr Futter.«
»Läßt sich die Kolonne lenken?« wollte ich wissen.
»Ja«, sagte er grinsend und rieb sich die Nasenwurzel. Anschließend legte er sich mit seinen Begleitern schlafen. Ich blickte zum Himmel auf, in den Regen. Selten hatte es mich so gefreut, einem solchen Unwetter ausgesetzt zu sein.
Im Innern der Palisade des Mamba-Volkes herrschte lebhaftes Treiben.
Die Kolonne der Wanderer wird weniger gelenkt als angelockt.
Heute, am frühen Morgen, hatten die kleinen Menschen mit Netzen und Speeren einen Tarsk getötet.
»Schau«, hatte der Anführer der kleinen Männer zu mir gesagt, »dort siehst du Kundschafter.«
Er hatte ein Stück des getöteten Tarsk auf den Waldboden geworfen. Ich hatte verfolgt, wie fünfzehn oder zwanzig Ameisen, die der Hauptarmee zweihundert Meter voraus waren, auf das Fleisch stießen. Sie hatten die Antennen gehoben und wirkten angespannt, aufgeregt. Sie waren etwa zwei Zoll lang. Wenn sie zubeißen, ist das äußerst schmerzhaft, aber
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