GOR-Zyklus 17 - Die Wilden von Gor
Vielleicht überwachten die Priesterkönige Städte wie Fort Haskins und Kailiauk durch ihre Agenten.
Ich mußte auch an den rothäutigen Jüngling mit dem unschönen Namen Urt zurückdenken, einen angeblich zu den Staubfüßen gehörigen Sklaven, der die Soldaten begleitet hatte. Was hatten seine Artgenossen wohl mit ihm angestellt? Meine Gedanken galten natürlich auch der hochmütigen, verschleierten Lady Mira aus Venna. Inzwischen trug sie bestimmt keinen verhüllenden Schleier mehr.
Mir fiel natürlich auf, daß bei dem Angriff mehrere Stämme zusammengearbeitet hatten, die sich nicht immer wohlgesonnen waren. Die ›Erinnerung‹, wie sie genannt wird, und der gemeinsame Haß auf den Weißen hatten die blutigen Stammesfehden in den Hintergrund treten lassen.
»Eine schreckliche Sache«, sagte Grunt starr.
Ich nickte. »Glaubst du, es hat Überlebende gegeben?«
»Bei solchen Überfällen lassen unsere Freunde von den Ebenen selten einen Gegner am Leben. Vielleicht haben sie bei Kindern eine Ausnahme gemacht, die dann in Waniyanpi-Lagern großgezogen und entsprechend erzogen werden sollten. Wer weiß?«
»Und ein roter Sklave bei den Weißen?«
»Mann oder Frau?«
»Mann.«
»Ich würde seine Chancen nicht sehr hoch einschätzen«, meinte Grunt.
Ich schwieg.
»Nach Osten zu ziehen, dürfte nun zu gefährlich sein«, fuhr er fort. »In den jungen Männern wird der Blutrausch erst langsam abklingen.«
»Wir gehörten doch gar nicht zu den angegriffenen Gruppen!«
»Man kann nur hoffen, daß die Wilden fähig sind, diesen Unterschied zu erkennen.«
»Wir haben keine Gesetze gebrochen.«
»Wir sind Weiße«, gab Grunt zu bedenken.
»Ich muß aber nach Osten«, sagte ich. Es war unbedingt erforderlich, das Schicksal jener Kurii zu ermitteln, die die Söldner begleitet hatten. »Es heißt in der Grenzzone, du seist eine Ausnahme, du wärst von allen am tiefsten in das Ödland eingedrungen und kenntest die Wilden so gut, wie sie ein Weißer nur kennen kann.«
»Mag sein«, sagte Grunt.
»Aus diesem Grund habe ich Kontakt mit dir gesucht«, sagte ich.
Er musterte mich stumm.
»Ich verwahre da etwas bei meinen Tauschwaren, das ich dir zeigen möchte«, sagte ich. »Vermutlich handelt es sich um etwas, das du schon einmal gesehen hast. Vielleicht kennst du aber Ähnliches und weißt etwas über seine Herkunft.«
»Ich schaue es mir gern an«, sagte er.
Kurze Zeit später kehrte ich ans Feuer zurück und breitete im Licht der Flammen die Haut aus, die Samos und ich aus dem zerstörten Tarngehege vor den Toren Port Kars retten konnten.
»Eine Bilderhaut«, sagte Grunt.
»Kannst du sie lesen?« fragte ich.
»Ja.«
»Du liest sie aber nicht«, sagte ich. Mir fiel auf, daß er die Spirale der Erzählung weder mit den Augen noch mit dem Finger nachvollzog.
»Ich habe sie längst gelesen. Woher hast du sie?«
»Aus Port Kar.«
»Interessant.«
»Warum?«
»Das liegt so weit von hier«, sagte er. »Im Delta des Vosk.«
»Diese Haut ist also durch deine Hände gegangen.«
»Letzten Herbst erwarb ich sie von Staubfüßen. Sie hatten sie von Kaiila-Kriegern eingetauscht.«
»Weißt du, von welcher Horde Kaiila?«
»Nein.«
»An wen hast du die Haut verkauft?« fragte ich.
»An Ram Seibar in Kailiauk«, antwortete er.
»Es paßt alles zusammen.«
»Du bist kein Händler. Was willst du wirklich im Ödland?«
Ich deutete auf die Abbildung der beiden Federn zu Anfang der Erzählung. »Der Maler scheint Zwei Federn geheißen zu haben«, sagte ich und gab damit Kogs Interpretation wieder.
Grunt zuckte die Achseln. »Es muß nicht unbedingt so sein«, sagte er. »Die beiden Federn könnten ein Talisman oder ein Glückszeichen sein. Vielleicht kennzeichnen sie einen bestimmten Ort. Vielleicht besagen sie auch nur, daß der Maler der Haut zwei Coups sammeln konnte.«
»Ich verstehe.« Diese Deutung war mir alles andere als willkommen. Plötzlich erschien mir die selbstgestellte Aufgabe unlösbar – und das Ödland undurchdringlicher denn je.
»Zeichensprache ist leichter zu deuten als eine Bilderhaut. Die Bildsprache ist zuweilen vieldeutiger, persönlicher.«
»Handelst du oft mit Bildhäuten?« fragte ich.
»Nein«, antwortete Grunt. »Solche Ware ist sehr ungewöhnlich.«
»Ram Seibar hat einen guten Preis bezahlt?«
»Zwei Gold-Tarn.«
»Dann schien er also großes Interesse an dem Fell zu haben?«
»Ja, denn er muckte wegen des Preises nicht auf.«
Ich nickte. Für solches Geld bekam
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