GOR-Zyklus 20 - Die Spieler von Gor
betrachtete das Spielbrett.
»Gefangennahme des Heimsteins.«
Mein Heimstein war nach Ubars-Wissender zwei gedrängt worden. Dort hatte ihn der Spieler mit Hilfe meiner eigenen Spielsteine in eine Position manövriert, in der er hilflos feststeckte. Dann war der Spieler mit seinem Hausbauer die geöffnete Linie entlanggezogen, hatte auf dem Feld Ubars-Hausbauer zwei haltgemacht und meinen Heimstein gefangen.
»Du bist zu jedem deiner Züge gezwungen worden«, sagte er. »Es gab nie eine Alternative.«
»Das stimmt.«
»Ein klar erkennbares Ubara-Opfer.«
»Klar erkennbar?«
»Natürlich.«
»Ich habe es nicht erkannt«, sagte ich. »Zumindest nicht, bis es zu spät war.«
»Das habe ich bemerkt«, meinte er. »Sonst hättest du schon vor einigen Zügen aufgegeben und dir unter Umständen ein paar peinliche Augenblicke erspart.«
»Ich war der festen Überzeugung, der Gewinner zu sein.«
»Ich glaube, du bist einem völligen Irrtum unterlegen, wer der eigentliche Angreifer war.«
»Offensichtlich.«
»Zweifellos«, stimmte er zu, was er sich meiner Meinung nach hätte sparen können.
»Bist du sicher, daß das Ubara-Opfer klar erkennbar war?«
»Aber sicher.«
»Ich halte es für großartig.«
»Leute wie du, besonders wenn sie sich als Verlierer wiederfinden, preisen die offensichtlichsten Vorgänge hinterher meistens als großartige Strategien.«
»Ich verstehe.«
»Verlier den Mut nicht«, meinte der Spieler. »Als einer derjenigen, die Kaissa nicht spielen können, spielst du sehr gut.«
»Vielen Dank.«
»Keine Ursache. Möchtest du noch eine Partie spielen?«
»Nein. Jetzt nicht.«
»Gut«, sagte er und verstaute die Spielsteine in einem großen Lederbeutel.
»Hättest du Lust auf einen Ringkampf?« fragte ich.
»Nein«, antwortete er durchaus höflich.
»Das Ubara-Opfer war in Wirklichkeit gar kein schlechter Zug, oder?«
»Nein, das war er wirklich nicht. Er war sogar ziemlich gut.«
»Das dachte ich mir.« Ich sah ihm zu, wie er die Spielsteine in dem Beutel verstaute. Er war guter Stimmung. Wie ich mir gedacht hatte, war das Ubara-Opfer alles andere als offensichtlich gewesen. Das erfüllte mich mit einer gewissen Befriedigung.
Dieser Augenblick schien gut geeignet zu sein, mit dem Spieler zu sprechen. Ich hatte schon seit einigen Tagen mit ihm sprechen wollen und nur auf die passende Gelegenheit gewartet, bei der ich das gewünschte Thema ganz zwanglos ansprechen konnte, ohne sein Mißtrauen oder seine Neugier zu erregen. Er zog die Riemen des Beutels zu und verknotete sie. Ja, dieser Augenblick schien wie geschaffen für ein Gespräch zu sein, ich würde es ganz unverfänglich anfangen; es wäre ganz einfach.
»Ich wünschte, ich hätte das Spiel niedergeschrieben«, machte ich den Anfang.
»Ich kann dir die Züge sagen, wenn du willst«, sagte er.
»Aus der Erinnerung?«
»Natürlich. Das ist nicht schwer.«
Ich zog ein paar Seiten Papier und einen Stift aus meiner Gürteltasche. Unter diesen Papieren, auf denen ich die Züge scheinbar notieren wollte, befanden sich die Dokumente, die ich vor so langer Zeit Lady Yanina entwendet hatte.
»Ah, ich verstehe«, sagte der Spieler.
»Was?«
»Muß ich jetzt nicht fragen: ›Was hast du da?‹ Oder kommt das erst später?«
»Ich verstehe nicht.«
»Wir haben bis jetzt ungefähr hundert Partien gespielt. Du warst noch nie daran interessiert, sie niederzuschreiben. Jetzt aber schon. Also frage ich mich nach dem Grund dafür. Jetzt ziehst du Papiere aus deiner Gürteltasche. Auf einigen dieser Seiten sind offensichtlich irgendwelche Kaissa-Spiele notiert worden. Soll ich mich nicht neugierig zeigen? Und willst mir dann nicht, eher beiläufig, ein paar Fragen stellen, die dich beschäftigen?«
»Vielleicht«, sagte ich zögernd.
»Willst du wirklich etwas über das Spiel erfahren?«
»Ich interessiere mich tatsächlich dafür«, versicherte ich. »Aber wie du schon ausgeführt hast, ist es durchaus möglich, daß mich ein anderes Thema bewegt.«
»Es wurden folgende Züge gemacht«, sagte der Spieler und wiederholte sie, wobei er gelegentlich sogar ein paar zusätzliche, hilfreiche Kommentare gab. Bei dem Spiel waren dreiundvierzig Züge gemacht worden. Ich bedankte mich, als er fertig war.
»Keine Ursache«, sagte er. »Und was hat es nun mit den anderen Papieren auf sich?«
Ich reichte sie ihm.
Er blätterte sie durch und sah sie sich kurz an. Anscheinend waren auf ihnen Kaissa-Spiele festgehalten worden, und zwar
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