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Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Titel: Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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hätte. Er öffnete seinen riesigen Schnabel und stieß ein sehr tiefes Krächzen aus, das die Bretter der Ringerbühne vibrieren ließ.
    Dressierte Seilschlangen hatten sich mit einem Ende ihres Körpers um den Rumpf des Greifen geschlungen, während sie mit dem anderen eine Schlinge bildeten, mit der sie die Gondel hielten. Nun aber zogen sie sich zischelnd zurück und gaben die Gondel frei.
    Der Greif landete unmittelbar neben der Gondel. Ein, zwei kräftige Flügelschläge ließen noch einmal Wind aufkommen, dann faltete das majestätische Tier seine Schwingen auf dem Rücken zusammen, sodass sie eng am Körper lagen.
    »Um den Zahlenmagier und seine Ringer tut es mir nicht leid«, raunte Thondaril seinem Gefährten zu. »Solche Kämpfe sind in der Regel abgesprochen, und wenn diesem kürbisköpfigen Kerl nun die Ernte seines Betrugs verhagelt wird, zeugt dies von der Gerechtigkeit des Verborgenen Gottes.«
     
    Die Herberge, in der Thondaril die Nacht zu verbringen gedachte, lag in einer schmalen Seitengasse. Das Haus hatte drei Stockwerke und war in der für Segantia typischen Fachwerkbauweise errichtet. Der Wirt hieß Artoch und war ein kleiner, dicklicher Mann in mittleren Jahren, in dessen Gesicht stets ein freundliches Lächeln stand.
    »Meister Thondaril! Es freut mich, Euch wiederzusehen!«, begrüßte er den Gast. »Diesmal reist Ihr nicht allein?«
    »Nein. Aber du wirst Gorian sicher genauso gut bewirten wie mich.«
    »Ihr könnt die Kammer unterm Dach haben. Soll ich Euch die Dienste eines Barbiers vermitteln? Für Euren Begleiter scheint mir das noch ein wenig übertrieben, aber …«
    »Nein danke«, lehnte Thondaril ab. »Dafür habe ich im Moment keine Zeit.«
    »Ihr wart in Thisilien?«
    »Allerdings.«
    »Man hört schlimme Dinge von dort. Glaubt Ihr, dass die Frostkrieger bis Segantia vordringen?«
    Thondaril schüttelte den Kopf. »Irgendwann werden Morygors Horden ganz Ost-Erdenrund erobern, aber nicht dieses Jahr. Allerdings bin ich nur ein Meister des Schwertes und der Magie, die Prüfungen eines Sehers habe ich nie abgelegt.«
    »Das Unglück kündigt sich überall und mit aller Macht an«, sagte Artoch, und das freundliche Lächeln verschwand für einige Augenblicke und wich einer sehr ernsten Miene. »Das Wetter ist schlecht, die Getreidepreise, die man im segantinischen Hafen verlangt, sind bereits so hoch wie nie zuvor. Wir haben Tausende von Flüchtlingen in der Stadt, und Schiffspassagen flussaufwärts, um über die Berge nach Nomrigge und die anderen Herzogtümer im Süden zu gelangen, sind schon fast unerschwinglich. Viele rechnen damit, dass Thisilien erobert wird und sich die Pestilenz des Frostreichs dann von dort aus weiter ausbreitet.«
    »Diese Leute sind schlecht informiert«, behauptete Thondaril. »Die Invasion Thisiliens ist nur ein kurzes Intermezzo. Die wahre Gefahr wird von ganz woanders kommen.«
    »Dem Verborgenen Gott sei Dank, dass Ihr Ordensmeister das Reich gegen diese Bedrohung schützt. Aber bei allem Optimismus, dem man mir nachsagt, ich brauche nur zur Sonne emporzublicken, dann sehe ich den Schatten, der sie immer mehr verdüstert, und dann droht selbst mir alle Hoffnung abhandenzukommen, dass es noch eine Zukunft gibt.«
    Das Dachzimmer war recht geräumig, und es gab insgesamt drei Betten dort. Gorian bekam das unterm Fenster, während Thondaril die beiden anderen in Beschlag nahm; auf dem einen legte er seine Waffen und sein Gepäck ab, das andere nutzte er für sich selbst.
    Artochs Stallbursche kümmerte sich um das Streitross, und dass Thondaril ihm das Tier anvertraute, zeigte, dass er offenbar gute Erfahrungen mit dem Wirt gemacht hatte.
    Er und Gorian nahmen im Schankraum eine ausgiebige Mahlzeit ein. Artoch hatte sich nicht lumpen lassen und einen deftigen Schmorbraten aufgetischt. »Bevor der Schattenbringer die ewige Kälte bringt, sollt Ihr wenigstens gut gegessen haben und nicht hungrig in die bereits verlorene Schlacht ziehen müssen«, sagte er mit Galgenhumor.
    »Ich habe auf dem großen Stadtplatz einen Greifenreiter landen sehen«, äußerte Thondaril.
    »O ja, die ganze Stadt spricht davon. Es ist der Greif von Centros Bal dem Nordfahrer.«
    »Centros Bal!«, stieß Gorian hervor. »Ich habe von ihm gehört. Er fliegt regelmäßig von Gryphenklau bis zu den Mittlinger Inseln!«
    »Ich glaube nicht, dass er jemals einen Zwischenhalt in Twixlum eingelegt hat«, konnte sich Thondaril eine sarkastische Bemerkung nicht verkneifen. Dann fragte

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