Gott geweiht
noch mindestens eine Woche im Bett bleiben.«
»Dr. Patel ist von Beruf Pessimist. Hast du nicht versucht, den Oberstaatsanwalt umzustimmen, hast du ihm nicht gesagt, dass wir dem Kerl auf der Spur sind?«
»Natürlich habe ich das, aber du kennst ja den Bürgermeister.«
»Ja, aber trotzdem –«
»Die Sache ist die, wir haben einfach nicht mehr so viele Leute zur Verfügung wie früher …«
»Das weiß ich alles, Chuck. Seit dem elften September ist die Personaldecke dünn. Aber Himmelherrgott noch eins – jetzt langt’s. Ich verschwinde hier auf der Stelle.«
Lee machte Anstalten aufzustehen, doch Chuck behielt seine Hand auf der Schulter seines Freundes.
»Komm schon, Lee, sei nicht so.«
»Wie soll ich nicht sein, Chuck? Wie ? Du erzählst mir, dass der Bürgermeister uns den Fall wegnehmen will – was soll ich denn da deiner Meinung nach tun? Brav im Bett bleiben und meine Medizin schlucken? Nichts da!«
Lee schob Chucks Hand beiseite und kämpfte sich aus dem Bett, wobei er mit aller Kraft zu verbergen suchte, dass ihm von der plötzlichen Bewegung schwindelig wurde. Er holte seine Kleidung aus der Kommode neben dem Bett und stopfte sie in den Ledersack, den Kathy ihm mitgebracht hatte.
Chuck schlug sich mit der flachen Hand auf den Schenkel. »Ich wusste es – ich wusste, dass dir das zu nahegeht!«
Lee wirbelte zu Chuck herum. »Willst du wissen, wie nahe? Willst du das wissen? Er ist letzte Nacht bei mir gewesen!«
»Wie meinst du das?«
»Er war hier – hat auf dem Stuhl dort gesessen!«
»Wovon redest du? Hattest du irgendeinen Fiebertraum oder so was?«
»Nein, ich war völlig klar. Er hat sich irgendwie eingeschlichen.«
»Was? Wie?«
»Ich weiß nicht, wie! Er ist wahrscheinlich einfach hereinspaziert.« In Lees Kopf hämmerte es, und er musste sich aufs Bett setzen.
»Hör mal, meinst du nicht, dass es bei diesem Fall in erster Linie um die Opfer gehen sollte – darum, ihren Mörder aufzuhalten?«
»Natürlich! Deshalb bin ich ja so wütend – denkst du denn, ich wäre stolz auf meine Reaktion? Ich weiß, dass es selbstsüchtig ist, aber das hier ist unser Fall. Wenn das FBI dazukommt, nehmen sie ihn uns weg. Und es wird so aussehen, als ob wir versagt hätten, egal, wie es ausgeht – das weißt du ebenso gut wie ich! Es wird sich in einen Revierkampf verwandeln, und selbst wenn nicht, die lassen sich einfach nicht aufhalten. Wenn wir in diesem Fall eine Spur finden, werden sie die Lorbeeren dafür einheimsen – ob sie wollen oder nicht.«
»Herrgott noch mal, Lee, du bist in Quantico ausgebildet worden.«
»Und wenn ich ein selbstloserer Mensch wäre, würde ich sagen: Klar doch, hol sie dazu – je mehr, desto besser. Die haben da absolute Spitzenleute – denkst du denn, das wüsste ich nicht alles? Aber es wird sich trotzdem wie eine Niederlage anfühlen.«
»Ich weiß. Der springende Punkt ist aber leider nun mal, dass du wirklich noch nicht über den Berg bist.«
»Ach, fang doch nicht schon wieder damit an, verflucht noch mal!«
»Würdest du bitte mal einen Gang runterschalten und dir überlegen, was du da machst?«
»Nein, das werde ich nicht, denn offenkundig kommen wir ja jetzt schon zu langsam voran!« Lee zog sich sein Hemd mit solch wütenden Bewegungen an, dass der Ärmel einriss. »Scheiße!«, entfuhr es ihm. Er griff sich einen Schuh und schleuderte ihn mit aller Kraft quer durchs Zimmer.
In diesem Moment bemerkte er seine Mutter und Kylie in der Tür des Krankenzimmers. Kylies Augen waren tellergroß vor Erstaunen, und seine Mutter sah aus, als hätte sie ein Insekt verschluckt.
»Nun«, sagte Fiona Campbell kühl, »wie es aussieht, hat hier jemand einen kleinen Wutanfall.«
»Onkel Lee, das ist ein böses Wort«, tadelte Kylie.
»Ja, so ist es, Kylie«, erwiderte er, »ein sehr böses Wort.«
Butts kam mit zwei Bechern Kaffee und einer riesigen Quarktasche zurück.
»Ich dachte mir, Sie haben vielleicht Hunger, deshalb habe ich –« Er verstummte, als er die angespannte Stimmung bemerkte. »Was ist los? Ist was passiert, während ich weg war?«
KAPITEL 57
Ein halbes Dutzend Entschuldigungen später willigte Fiona ein, mit Kylie einkaufen zu gehen, während Lee und Chuck mit Detective Butts aufs Revier fuhren.
Als sie dort ankamen, erwarteten Nelson und Florette sie bereits. Nelson sah nicht gerade fröhlich aus.
»Das FBI ?«, donnerte er. »Das verdammte FBI ? Warum zum Teufel wollen Sie die dazuziehen?«
» Ich will das doch gar
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