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Gott geweiht

Gott geweiht

Titel: Gott geweiht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.E. Lawrence
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das seine Schwester getragen hatte, als sie zum letzten Mal vor ihrem Verschwinden gesehen wurde. Dieses Detail war nie publik gemacht worden – nur die Polizei wusste von dem roten Kleid.
    Und jetzt offenbar noch jemand anderes.

KAPITEL 20

    Später an jenem Nachmittag saß Lee im weich gepolsterten braunen Ledersessel neben dem Fenster, die Füße auf der Fensterbank und eine Tasse starken Kaffee auf dem runden Rosenholztischchen neben ihm. Er klappte die gelbe Mappe in seinem Schoß auf. Das rote Registeretikett trug die schlichte Aufschrift: Kelleher, Marie , gefolgt vom Aktenzeichen. Diese junge Frau, die einst ein ganzes Leben vor sich gehabt hatte, war nun auf eine Mappe, ein paar grausige Fotos und ein Aktenzeichen reduziert. Ein anständiges Mädchen, eine gläubige Katholikin und fromme Kirchgängerin, ohne einen Feind auf der Welt. Seine Schwester hatte ebenfalls keine Feinde gehabt, und doch würde eines Tages jemand mit einer Akte wie dieser auf seinem Schoß dasitzen, und auf dem Etikett stünde dann Campbell, Laura … falls ihre Leiche je gefunden wurde.
    Was ist mit dem roten Kleid?
    Lee rieb sich die Stirn. Es ließ sich nicht zurückverfolgen, wer die Nachricht geschickt hatte – man konnte in jedem Eckladen in New York Prepaid-Handys kaufen, einen einzigen Anruf damit machen und das Handy dann in den East River werfen. Lee war noch unentschlossen, ob er Chuck anrufen und ihm von der Nachricht erzählen sollte.
    Er zwang sich, seine Aufmerksamkeit wieder auf die Akte vor sich zu richten, und überflog die spärlichen forensischen Befunde: kein Sperma, keine Fingerabdrücke und keine Blutspuren – abgesehen von denen des Opfers. Er studierte die Tatortfotos, und ihm stach ins Auge, wie ordentlich alles war. Nichts war verstellt oder verrückt, die Blumenvase stand noch genau dort, wo der Pfarrer sie vor dem Leichenfund gesehen hatte, der Bibelständer war an seinem angestammten Platz – nur wenig war verändert, abgesehen von Maries schauriger Leiche auf dem Altar. Das Fehlen von Abwehrverletzungen bedeutete, dass sie wahrscheinlich überrumpelt worden war – ein Überraschungsangriff. Der Täter musste sie nicht zwangsläufig gut gekannt haben, aber sie fühlte sich wohl zumindest nicht bedroht von ihm – bis es zu spät war.
    Das Telefon klingelte und riss ihn aus seiner Versenkung. Er meldete sich beim zweiten Klingeln.
    »Hallo?«
    »Hey, Chef.«
    »Hallo, Eddie.«
    »Ich glaube, ich hab da was für dich.«
    »Wirklich? Was?«
    »Ich kann jetzt nicht reden, aber es könnte ein Treffer sein. Diesel und Rhino haben ein bisschen herumgeschnüffelt.«
    »Okay, hör zu – gib mir deine Nummer, und ich rufe dich zurück.«
    »Geht nicht, Chef. Ich muss dich anrufen.«
    »Okay.«
    »Wann würde es dir passen?«
    In ebendiesem Moment klopfte ein zweiter Anrufer bei Lee an.
    »Hör zu, ich muss auflegen – ruf mich morgen an, ja?«
    »Geht klar.«
    Lee drückte eine Taste und meldete sich auf der anderen Leitung.
    »Hallo?«
    »Lee, Chuck hier.« Etwas an Mortons Tonfall schnürte Lee den Magen zusammen. Bevor er noch weitersprach, wusste Lee bereits, was kommen würde. »Wir haben ein neues Opfer – gleiches Tatmuster. Er hat wieder zugeschlagen, Lee.«
    »Wo?«
    »Brooklyn. Das Opfer heißt Annie O’Donnell. Sie haben sie in einer Kirche gefunden.«
    »Scheiße. Bist du jetzt dort?«
    »Ich bin auf dem Weg dorthin. Die Kirche ist in Park Slope, 225 Sixth Avenue.«
    »Okay, ich geh sofort los – wir sehen uns dann dort.«
    Lee trank einen Schluck von seinem kalt werdenden Kaffee, dann warf er sich in seinen Mantel, griff sich seine Wohnungsschlüssel und steckte sie in die Tasche.
    Er trat hinaus in die ausklingende Februardämmerung und lief einen halben Block, um an der Kreuzung nach einem Taxi Ausschau zu halten.
    Als er vom Bürgersteig auf die Straße trat, um eines heranzuwinken, hörte er den Knall einer Fehlzündung. Es war kein ungewöhnliches Geräusch auf der Third Avenue, doch im nächsten Augenblick zischte etwas direkt an seinem Kopf vorbei und schlug mit einem blechernen Scheppern im Laternenmast neben ihm ein. Er drehte sich zur Laterne um, doch in dem Moment hielt ein Taxi vor ihm.
    Lee betrachtete den Laternenmast – was immer dort eingeschlagen war, hatte sich tief ins Metall gegraben. Er machte einen Schritt darauf zu, doch der Taxifahrer hupte ungeduldig.
    »Hey, Mister – wollen Sie nun einsteigen oder nicht?«
    Lee schaute die Third Avenue hinunter. Es hatte

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