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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Zweideutigkeit vorgezeichnet
war, als ein von Karl dem Großen eingesetzter Papst ihn zum Kaiser krönte.
Welcher von ihnen war der Größere? Für den Augenblick war es ohne Zweifel Karl
der Große. Aber in den kommenden Jahren hatte Leo dem Papsttum durch diesen coup
de théâtre eine Chance gesichert, den Kampf um die Vorherrschaft zu
gewinnen.
    So sah die alte Peterskirche
den Anfang des Heiligen Römischen Reiches, das, wie jedes Schulkind weiß, weder
heilig, noch römisch, noch ein Reich war. Es sollte tausend Jahre überdauern,
bis Napoleon 1806 einen Habsburger Monarchen stürzte und es auflöste.
Inzwischen waren fünfzehnhundert Jahre vergangen, in denen das Papsttum sich
nicht damit begnügt hatte, auf Gottes Macht allein zu trauen, sondern sich auf
bewaffnete Fürsten verlassen hatte, um es vor den Pforten der Hölle zu
schützen.
    Doch die heftigsten Angriffe
der Hölle gegen die Kirche kamen nicht von außen; sie kamen von innen — in der
Tat, vom Papsttum selbst.

3. Kapitel

Päpstliche Pornokratie
     
     
     
     
     
     
     
    Fünfzehn Meilen vor Rom, hoch
im Albanergebirge, lebte einmal im zehnten Jahrhundert
die berühmte Familie Conti, die Grafen Alberich von Tusculum. Diese
Kriegsherren gewannen völlige Kontrolle über die Papstwahlen. Sieben Päpste
kamen aus dieser einen Familie, drei hintereinander, und fast ausnahmslos
trugen sie dazu bei, Roma deplorabilis zu formen, »ein Rom der Schande«.
    Die Geschichte widerlegt den
volkstümlichen Mythos, die Borgias seien die einzigen schwarzen Schafe des
Papsttums gewesen. Nicht lange nach Karl dem Großen, über eineinhalb
Jahrhunderte lang, waren alle Päpste finstere Gestalten. Sie waren weniger
Jünger Christi als Jünger Belials, des Fürsten der Finsternis. Sehr viele waren
sittenlos, Mörder, Ehebrecher, Kriegsgewinnler, Tyrannen, Simonisten, bereit,
alles zu verkaufen, was heilig war. Fast allen ging es mehr um Geld und
Intrigen als um Religion.
    Durch unablässige politische
Manöver und ihre Besessenheit von weltlichen Dingen, durch Machtmißbrauch und
unglaubliche Bosheit korrumpierten die Päpste, die das Zentrum der Einheit sein
sollten, die gesamte Christenheit. Es war nicht die Häresie, sondern das
Papsttum, das in der Kirche schließlich zum Bruch führte.
    Es gibt ein Mysterium in
alledem: wie die westliche Kirche trotz der Päpste so lange zusammenhielt.
     
    Zunächst ist es hilfreich,
irgendeine beliebige Liste von Päpsten etwa ab dem Jahr 880 zu analysieren. In
den folgenden eineinhalb Jahrhunderten gab es fünfunddreißig Päpste, die
durchschnittlich je vier Jahre regierten. In der früheren Periode hatte es die
gleiche Art Fluktuation gegeben; dies erklärt sich durch die Tatsache, daß
Päpste gewählt wurden, weil sie alt und krank waren. Doch im neunten und
zehnten Jahrhundert waren etliche Päpste Anfang Zwanzig, einige sogar Teenager.
Manche hielten sich drei Wochen, einen Monat oder drei Monate. Sechs von ihnen
wurden entthront, eine Anzahl ermordet. Es ist tatsächlich nicht möglich, mit
Sicherheit festzustellen, wie viele Päpste und Gegenpäpste (Scheinpäpste) es in
dieser Zeit gegeben hat, denn es gab noch immer keinen festgelegten Wahlmodus
und jede Menge Prätendenten.
    Wenn ein Papst plötzlich
verschwand — hatte man ihm dann die Kehle durchgeschnitten oder ihn in den
Tiber geworfen? War er im Gefängnis erwürgt worden? Schlief er sich in einem
Bordell aus? Hatte man ihm Ohren und Nase abgeschnitten wie 930 Stephan VIII.,
der verständlicherweise nie wieder sein Gesicht in der Öffentlichkeit zeigte?
Oder war er geflohen wie 964 Benedikt V., der, nachdem er ein junges Mädchen
entehrt hatte, unverzüglich mit dem gesamten Schatz von St. Peter nach
Konstantinopel abreiste und erst wieder auftauchte, als das Geld aufgebraucht
war, um weiteren Schaden in Rom anzurichten? Der fromme Kirchenhistoriker
Gerbert nannte Benedikt »das böseste aller Ungeheuer der Gottlosigkeit«, doch
sein Urteil war verfrüht. Dieser Oberhirte wurde schließlich von einem
eifersüchtigen Ehemann getötet. Seine Leiche, die hundert Dolchwunden hatte,
wurde durch die Straßen geschleift und dann in eine Jauchegrube geworfen.
    Ohne Frage stellen diese Päpste
die schändlichste Gruppe von Machthabern in der Geschichte dar, seien sie
kirchlich oder weltlich. Sie waren, offen gesagt, Barbaren. Das alte Rom hatte
nichts aufzuweisen, das ihnen an Verkommenheit gleichkam.
    Ein Papst, Stephan VI., war
vollkommen verrückt. Er grub einen

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