Gottes erste Diener
sie 1440 Zeile für Zeile
analysierte, erwies sie sich als Fälschung.
Valla zeigte, daß der Papst zur
angeblichen Zeit der Schenkung nicht Sylvester war, sondern Miltiades. Der Text
bezieht sich auf »Konstantinopel«, obwohl Konstantins Stadt im Osten noch ihren
ursprünglichen Namen Byzanz trug. Die Schenkung war nicht in klassischem Latein
geschrieben, sondern in einer späteren, verderbten Form. Auch werden
Erklärungen, etwa über Konstantins Regalien gegeben, die im vierten Jahrhundert
nicht nötig gewesen wären, wohl aber im achten. Auf hundert unwiderlegbare
Weisen schoß Valla das Dokument in Fetzen. Er tat das mit Bangen, denn er
wußte, daß es viele römische Kirchenfürsten nach seinem Blut gelüsten würde.
Weil
ich nicht die Toten angegriffen habe, sondern die Lebenden, nicht bloß
irgendeinen Herrscher, sondern den höchsten Herrscher, nämlich den Oberhirten,
gegen dessen Exkommunikation das Schwert keines Fürsten schützen kann..., hat
der Papst kein Recht, mich dafür zu binden, daß ich die Wahrheit verteidige....
Wenn es viele gibt, die für die Verteidigung eines irdischen Vaterlandes den
Tod in Kauf nehmen, sollte ich mich dann nicht für meine himmlische Heimat in
Gefahr begeben?
Erst 1517 wurde Vallas Buch
veröffentlicht. Es war das kritische Jahr, als Luther die Ablässe angriff. Ein
Exemplar des Buches kam Luther in die Hände, und er sah zum erstenmal, daß
vieles, was er früher vom Papsttum geglaubt hatte, auf Fälschungen wie der
Schenkung beruhte.
Zwar wurde jeder unabhängige
Gelehrte von Vallas Argumenten überzeugt, doch Rom gab nicht nach. Es
behauptete die Echtheit der Schenkung jahrhundertelang weiter.
Dies war deshalb schade, weil
die Wahrheit über sie weit unglaublicher war als das Lügengewebe, das sie
enthielt.
Die Geschichte von Konstantins
Ixpra und Heilung durch die Taufe war eine fromme Erfindung des fünften
Jahrhunderts. Die Fabel ist im Baptisterium der Lateranskirche in Rom verewigt.
Eine Inschrift erzählt, wie der Kaiser dort von Papst Sylvester getauft wurde.
Dies sind die Tatsachen:
Konstantin war Soldat in einer Zeit, als Blutvergießen für die Kirche
unannehmbar war. Vielleicht verzögerte er seine Taufe deshalb so lange, bis er
auf dem Sterbebett lag und keine Kraft mehr hatte, eine Sünde zu begehen oder
noch jemanden zu töten. Nicht lange zuvor war seine Mutter im Alter von über
achtzig Jahren gestorben. Erst dann wurde der Kaiser in die Liste der
Katechumenen eingetragen, nicht im Hauptquartier der Kirche, sondern im fernen
Helenopolis im Osten. Er wurde zur Villa Achyronia bei Nikomedia gebracht. Dort
wurde er nicht von einem Papst getauft, nicht einmal von einem katholischen
Bischof oder Priester, sondern von einem häretischen Arianerbischof namens
Eusebios. Er starb am letzten Tag der Pfingstwoche im Jahr 337. Dies wirft ein
zweifelhaftes Licht auf viele der wichtigsten Ereignisse in der Frühgeschichte
der Kirche.
Als Konstantin Bischöfe seine
»geliebten Brüder« und sich selbst »Bischof der Bischöfe« nannte (was die
Päpste später übernahmen), war er kein Christ, nicht einmal Katechumene. Doch
niemand erreichte auch nur annähernd seine Statur und Autorität. Selbst der
Bischof von Rom — der erst Jahrhunderte später »der Papst« genannt wurde
—, war vergleichsweise bedeutungslos. In rechtlicher Hinsicht war er ein Vasall
des Kaisers; in geistlicher Hinsicht war er, verglichen mit Konstantin, ein
zweitklassiger Bischof, der deshalb einen Ehrentitel über die meisten anderen
Bischöfe trug, weil er den Apostolischen Stuhl innehatte, wo Petrus und Paulus
gewirkt hatten und begraben lagen. Wie Burckhardt in Das Zeitalter
Konstantins betont, war der kaiserliche Titel »ökumenischer Bischof« keine
bloße Redensart: »Tatsächlich hatte die Kirche keinen anderen Mittelpunkt.«
Nicht der Papst, sondern er, wie Karl der Große später, war das Oberhaupt der
Kirche, ihre Quelle der Einheit; ihm mußte der Bischof von Rom zu Füßen fallen
und Treue geloben. Alle Bischöfe waren sich einig, daß er »das inspirierte
Orakel, der Apostel kirchlicher Weisheit« sei. Bis zu seinem Lebensende baute
Konstantin in Palästina und anderswo herrliche Kirchen, aber ebenso herrliche
heidnische Tempel in Konstantinopel. Dies wurde eindeutig als Teil der ersten
Lösung der »römischen Frage« verstanden. Der Kaiser war eine heilige Person,
Pontifex maximus — ein weiterer Titel, den der Papst später annahm. Daraus
folgte,
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