Gottes Zorn (German Edition)
Polizistin …
Die Bratwurst hatte ihr immerhin geschmeckt.
Aber für ein richtiges Abendessen bedurfte es etwas mehr Finesse. Johanna hatte es sehr geschätzt, wenn er frische Krabben und Weißwein kaufte. Das fiel also schon mal weg. Vielleicht die feurige Hacksoße des Grönländers Jespersen mit rotem Chili? Oder doch eher ein blutiges Steak mit Salat und einem kräftigen Rotwein? Früher, als Joel nicht nur die Zeit, sondern auch das nötige Geld gehabt hatte, hatte er Gefallen daran gefunden, ein Abendessen zusammenzustellen. Aber das war lange her.
Als er bezahlt und seine Waren in eine Plastiktüte gepackt hatte, blieb er am Blumenstand stehen.
Welche Blumen sollte er ihr kaufen?
Er ließ seinen Blick über die importierten Schnittblumen und Topfpflanzen schweifen und hielt bei einem Eimer mit roten Rosen inne.
Wie banal, hätte Johanna gesagt.
Selbstverständlich würde er einen großen Strauß blutrote Rosen kaufen.
«Hej, Joel.»
Siw Wollgren stand in ihrem Leopardenpelzmantel mit einem Bund Tulpen in der einen und einer Geranie in der anderen Hand da, als könnte sie sich nicht entscheiden. Sie zwinkerte ihm mit ihren schweren blau geschminkten Augenlidern freundlich zu.
«Was meinen Sie, rechts oder links?»
Sie hielt die eine Hand neben die andere.
«Ach, nehmen Sie doch beide!», meinte Joel lachend.
Sie gaben sich etwas unsicher die Hand. Er stellte fest, dass ihr ein Fingernagel abgebrochen war.
«Wie geht es Ihnen?», fragte sie. «Ich meine, mit all dem, was Sie um die Ohren haben.»
«Na ja, bald wird die Beerdigung sein. Heute Morgen habe ich beim Rechtsanwalt Mårtens Testament gelesen. Sie werden darin erwähnt.»
Sie stellte die Blumen an ihren Platz zurück und klimperte erwartungsvoll mit den Wimpern. Das Neonlicht war schonungslos zu ihr.
«Ein Bild», sagte Joel.
«Aha.»
Man konnte hören, dass es ihr schwerfiel, ihre Enttäuschung zu verbergen. Die Botschafterin der Güte und Freude Siw Wollgren, die Mårten Lindgren und seine Kunst in ihrer Kolumne mit einem solchen Engagement verteidigt hatte.
«Er hat nicht zufällig das Akkordeon erwähnt, oder? Ich glaube, wir haben letztens schon davon gesprochen. Ein Walter. Rot mit schwarzem Balg und weißen Tasten.»
«Doch, genau», antwortete Joel. «Sie hatten recht. Er möchte, dass Sie es bekommen. Das Problem ist nur, dass ich keine Ahnung habe, wo es ist.»
«Mårten hat also in seinem Testament geschrieben, dass ich es bekommen soll?», fragte sie beflissen.
Joel nickte. «Aber was hilft es?»
«Ich wusste es!», rief sie mit einem Strahlen in den Augen aus.
Vielleicht eine letzte Bestätigung.
Eine Wiedergutmachung.
Plötzlich wirkte sie peinlich berührt. «Übrigens habe ich Sie neulich angelogen», sagte sie.
«Angelogen?»
«Erinnern Sie sich daran, dass ich Ihnen gegenüber sagte, Mårten das letzte Mal vor anderthalb Jahren am vierten Juli, dem Nationalfeiertag der Amerikaner getroffen zu haben? Als er mit mir Schluss gemacht hat. Doch das stimmte nicht. Denn ich habe ihn danach noch einmal gesehen.»
«Aber warum …?»
«Äh, es war mir etwas peinlich. Und ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich zu stolz war und mich geweigert habe, ihm zuzuhören. Ich habe ihm schließlich angesehen, dass er Todesangst hatte.» Sie ergriff Joels Arm und senkte die Stimme zu einem Flüstern. «Ich bin ihm auf dem Parkplatz vor Bo Ohlssons begegnet. Es muss ungefähr vor drei Wochen gewesen sein. Sobald er mich erblickte, ergriff er meinen Arm, genau, wie ich Sie jetzt halte, und zischte mir ins Ohr: ‹Es ist zu Ende! Man kann keinem mehr trauen!› Genau das sagte er. Sein Blick war gehetzt. Aber ich, ich dumme Kuh, hab mich losgerissen und bin weggelaufen.» Sie schniefte und wischte sich mit den Fingern etwas Mascara weg, die an ihrer Nase heruntergelaufen war. «Das werde ich mir nie verzeihen. Ich hätte bleiben und ihm zuhören müssen.»
Joel legte vorsichtig eine Hand auf die ihre. Wie sie so dastand, sah sie untröstlich aus. Aus einem plötzlichen Impuls heraus fragte er sie: «Hat Mårten Ihnen eigentlich jemals Blumen gekauft?»
«Oh ja. Ziemlich oft sogar.»
«Monique und Molière, so nannten Sie sich doch, nicht wahr?»
«Ja, Sie erinnern sich also daran …»
Sie schnäuzte sich in ein zerknittertes Taschentuch und lächelte wehmütig.
Joel räusperte sich verlegen. Aus irgendeinem Grund war es ihm unangenehm zu fragen, aber zugleich konnte er es nicht sein lassen.
«Darf ich fragen,
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