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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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schüttelte den Kopf. »Sie haben mich nicht vergiftet. Ich hab sie davon überzeugt, dass ich Kapitalanlagen habe, die nächste Woche fällig werden. Sie denken, wenn sie mich am Leben erhalten, dann werde ich mein Vermögen auf sie übertragen. Ich hab ihnen irgendwelchen Mist über sich ständig ändernde Passwörter und Stimmerkennungs-Software erzählt. Sie haben es geglaubt, aber ich weiß nicht, wie lange das noch funktioniert.«
    »Da hast du ja ganz schön schnell reagiert, Kleiner.«
    »Jetzt bin ich allerdings nicht mehr so schnell.« Er quälte sich in eine halb aufrechte Position. »Mein Bein ist gebrochen.«
    Er zog sein Hosenbein hoch. Eine Zeitschrift und ein paar Stoffstreifen bildeten eine primitive Schiene, doch sein linkes Schienbein war purpurrot angelaufen und geschwollen. Vorsichtig streckte ich die Hand danach aus. Selbst ohne es zu berühren, spürte ich die Hitze, die davon ausging.
    »Die haben einen Knochenbruch mit einer Ausgabe des Life -Magazins geschient?«
    »Nein, das war ich. Sie wissen nichts davon, und ich hab es ihnen auch nicht gesagt. Ich will nicht, dass sie denken, ich sei noch behinderter als sowieso schon.« Er versuchte mich zu beruhigen. »Mach dir keine Sorgen, es tut nicht weh.«
    Aber ich machte mir Sorgen. Furchtbare Sorgen über Blutgerinnsel, Blutvergiftung, Wundbrand. Ich überprüfte seinen Puls. Für mich als medizinischen Laien fühlte er sich hoch an. Ich reichte ihm die Wasserflasche und zwei Aspirin aus dem Verbandskasten.
    Er trank. »Gott, ist das gut.«
    »Ich werd dich hier rausholen.«
    Ich schaute mich um. Trotz seines augenscheinlichen Alters war der Atombunker gut in Schuss. Es gab Lebensmittel, Elektrizität, ein Funkgerät und sogar ein paar Brettspiele: Monopoly, Scrabble, Halma. Die Rote Gefahr als Familienunterhaltung hatte eigentlich die Kubakrise nicht lange überdauert, doch hier hatte ich ein konserviertes Stück Furcht aus der Zeit des Kalten Krieges vor mir. Doch da irgendjemand offenbar immer noch mit einem Lithium-Sonnenuntergang rechnete, musste derjenige doch hier irgendwas gelagert haben, das ich als Unterlage benutzen konnte, um Jesse abzutransportieren. Ich begann hektisch herumzustöbern.
    »Wie haben sie dich erwischt?«, fragte ich.
    »Shiloh und diese Keulenschwingerinnen haben mich geschnappt. Demütigender geht es wirklich kaum noch. Von ein paar beschissenen Majoretten gekidnappt – da kann ich mir ja gleich die Kugel geben.«
    Dass er Witze darüber machte, konnte die traurige Wahrheit nicht verbergen. »Aber du hast bestimmt auch ganz schön ausgeteilt?«
    »Ich habe Shiloh mit meiner Lenkradkralle am Auge erwischt. Sie wird ganz schöne Schmerzen haben. Aber dann haben mir die Majoretten eine Ladung Tränengas verpasst, und eine hat sich die Kralle geschnappt. Mann, die konnte mit dem Ding umgehen wie Jackie Chan persönlich. Ich glaube, ihr hab ich das gebrochene Bein zu verdanken.«
    Ich konnte nichts finden, das groß und leicht genug war, um es als transportable Unterlage für Jesse zu verwenden. Ich kam zu ihm zurück und schob ihm ein speckiges Kissen unter sein Schienbein.
    »Aber ich hab mich gerächt.« Er deutete auf die Zeitschrift, die um sein Bein gewickelt war. »Juli 1969, die Ausgabe mit der Mondlandung. Ich habe mein Bein mit einem echten Sammlerstück geschient.«
    Ich musste tatsächlich lachen.
    Sein Gesicht wurde wieder ernst. »Ich muss dir was zeigen. Ich habe Jesus gefunden.«
    Ich hörte auf zu lachen. »Mein Gott, du hast eine Gehirnerschütterung.«
    »Doch, er kämpft mit Elvis. Der König der Könige gegen den King.«
    Noch einmal fühlte ich seine Stirn. »Du bist im Fieberwahn.«
    Er schob meine Hand zur Seite und deutete auf die Tür. »Schließ die Tür, schau’s dir an.«
    Argwöhnisch ging ich zur Tür und drückte sie mit aller Kraft zu. Auf der Rückseite der Tür befand sich ein Gemälde. In schreienden Farben und grobem Pinselstrich präsentierten sich heiße Flitzer, Mondraketen, Christus im Clinch mit Presley, und über allem thronte glorreich Raquel Welch in ihrem Fellkostüm aus Eine Million Jahre vor unserer Zeit.
    Das Bild hatte mit einer alten Tradition der Air Force aus der schlechten alten Zeit zu tun. Damals war es üblich gewesen, die Klappen der Silos mit den Interkontinentalraketen in der amerikanischen Prärie von innen zu bemalen – Untergrundkunst im wahrsten Sinne des Wortes. Bei näherem Hinsehen erkannte ich, dass ein Stück Seil vom Türschloss herunterhing. Und

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