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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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erkannte abgerundete rötliche Felsen zu meiner Linken, von denen zwei gen Himmel zeigten. Sie sehen aus wie Doppel-D-Körbchen, hatte Garrett gemeint. Dann bremste ich. Ich hatte es gefunden. Ein furchendurchzogener Weg führte durch eine Schlucht aufwärts in die Felsen. Copper Creek. Ich kurbelte das Fenster herunter und spähte auf den Boden.
    Reifenspuren.
    Die Ränder waren deutlich abgesetzt und das Profil ausgeprägt – die Spuren konnten also nicht sehr alt sein. Ich bog in den Weg ein. Die Räder drehten durch, der Wagen rutschte, aber Meter um Meter gewann ich an Höhe und polterte über Felsen, bis ich schließlich aus Angst um die Achsen den Wagen abstellte. Ich stieg aus. Die Hitze warf mich fast um.
    Vor mir verengte sich der Canyon zu einer Spalte. Die hoch aufragenden Seitenwände bildeten einen Korridor, einen vom Wind geformten Durchgang, der sich im ockerfarbenen Schatten weiterschlängelte. Ich näherte mich dem Zugang und kniete nieder. Im Sand konnte ich weitere Reifenspuren erkennen. Relativ kurzer Radstand und breitere Reifen – es musste sich um einen Geländewagen handeln.
    Die Spuren verliefen in beide Richtungen, doch ich konnte nicht sagen, welche die neueren Spuren waren. Aber das war auch egal, ich musste es riskieren. Ich griff mir eine Wasserflasche und den Verbandskasten aus dem Wagen und marschierte los.
    Von dem Moment an, da ich die Spalte betrat, befand ich mich im Schatten. Die kühlere Luft verschaffte mir allerdings nur eine kurze Erleichterung. Der Weg führte auf nachgiebigem Kies stetig bergauf, schon nach zehn Minuten spürte ich meine Beine nicht mehr. Mein Leben reduzierte sich auf das Wesentliche: Atem, Schweiß, Muskeln und Knochen, die rötlich-goldenen Steinwände in ihrer kargen Schönheit. Ich war erschöpft und nun schon fast zwei Kilometer vom Wagen entfernt, hatte aber immer noch nichts gefunden. Die Reifenspuren zeichneten sich bloß noch undeutlich im Sand ab. Vielleicht stammten sie ja nur von irgendwelchen Highschool-Kids, die sich hier rumgetrieben hatten.
    Die Spalte führte um eine Kurve und endete abrupt. In einer fünfzehn Meter aufragenden Felswand trafen die Seiten aufeinander. Und dort befand sich eine rostfleckige Metalltür, an der ein leuchtend gelbes Schild angebracht war: Vorsicht Strahlung. Ich drückte die Tür auf.
    Ich fand mich in einer Höhle in tiefster Dunkelheit wieder. Nachdem ich meine Taschenlampe aus dem Rucksack gekramt hatte, entdeckte ich eine weitere Tür eineinhalb Meter vor mir. Sie war massiv und dick, eine explosionssichere Tür. Ich warf mich mit meinem ganzen Gewicht dagegen. Tatsächlich gelang es mir, sie ein paar Zentimeter weit aufzudrücken. Schwaches elektrisches Licht fiel durch den Türspalt. Ich hob die Taschenlampe wie einen Schlagstock, bereit, sie auf jeden Kopf krachen zu lassen, der mir in die Quere kam, und lauschte. Von der anderen Seite kam kein Geräusch.
    Ich warf mich noch einmal gegen die Tür und drückte sie ein wenig weiter auf.
    »Jesse?«, flüsterte ich.
    Schließlich schob ich mich durch die Tür in eine Felsenkammer, die von herunterhängenden Glühbirnen nur schwach erhellt wurde. An der einen Wand stand ein Metalltisch mit einem Amateurfunkgerät. An der anderen Wand stapelten sich Lebensmittelkonserven bis an die Decke. Dahinter -
    »Ev.«
    Ich stürzte in die Ecke, aus der seine Stimme gedrungen war. Noch bevor ich die Lebensmittelstapel passiert hatte und den Campingofen und die ramponierten Stockbetten mit den fleckigen Matratzen fand, wo sich Jesse auf einen Arm hochgewuchtet hatte, strömten mir die Tränen übers Gesicht. Sein Gesichtsausdruck war der eines Kindes, das gerade seinen ersten Zaubertrick erlebt hatte.
    »Hoffentlich bist du keine Halluzination«, sagte er.
    Ich ließ mich neben ihn fallen, warf die Arme um ihn und vergrub mein Gesicht an seinem Hals. Seine Wärme, seine Stimme, sogar der salzige Schweiß auf seiner Haut waren ein einziges Wunder für mich.
    »Ich wusste doch, dass du mir nicht lange böse sein kannst.«
    Ich wischte ihm das Haar aus der Stirn. »Lass dich mal anschauen.«
    Sein mahagonifarbenes Haar hing ihm in Strähnen über die gerötete Stirn, aber in den dunklen Augen flackerte ein unbändiger Lebenswille.
    Ich legte ihm die Hand auf die Stirn. »Du glühst ja.«
    »Stimmt.« Er schluckte trocken. »Ich fühl mich auch ziemlich beschissen.«
    »Was hast du für Symptome? Husten? Erbrechen?« Gott, was waren nur die Anzeichen für Botulismus?
    Er

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